Als in Ulm einmal ein Elefant in der Donau badete

Nabadender Elefant in der Donau in Ulm © Susanne Wosnitzka
Nabadender Elefant in der Donau in Ulm © Susanne Wosnitzka

Im Juli des Jahres 1839 gastierte einst eine Schausteller- und Zirkustruppe in Ulm, unter deren Attraktionen sich auch ein Elefant befand. Solche durch die Lande rollenden Sensationen waren immer beliebt – und leider oft auch die einzige Möglichkeit für Menschen, die „anders“ beschaffen waren, eigenständig Geld zu verdienen: Kleinwüchsige oder die “dickste Frau der Welt”, KünstlerInnen ohne Arme oder Beine, die auf Musikinstrumenten spielten – alles war dort als ‘Freakshow’ zu sehen, alles strömte in die Vorstellungen und ergötzte sich auch an der Exotik “wilder” Tiere, die oft unter grauenhaften Umständen aus der Natur gerissen, über die Meere transportiert und in engen und kleinen Käfigen gehalten und begafft wurden.

Nabadender Elefant

Im jenem Sommer von 1839 war es wohl auch so heiß wie bei uns gerade jetzt.

Wegen der nächtlichen großen Hitze kam ein Elefantenwärter auf die Idee, den Elefanten, für den er verantwortlich war, zum Abkühlen und Baden in die Donau zu führen. Im kühlen und fließenden Wasser gefiel es diesem großen Geschöpf anscheinend so gut, dass es die Zurufe seines Führers ignorierte und den Fluss nabadete (hinunterbadete) und an den Ufern auch spazieren ging. Das richtig offizielle Nabada findet in Ulm seit 1927 statt. Jedenfalls hatte der Elefant erst nachts um drei vom Baden genug und kam wieder ans Ufer, um seinen Wärtern, die vermutlich mit den Nerven am Ende waren, ganz gemächlich und zufrieden wieder in die Stadt zu folgen.

Ob die UlmerInnen in jener Nacht davon etwas mitbekommen hatten und Maulaffen feilhielten, ist mir derzeit nicht bekannt. Vielleicht findet sich ja in Ulm jemand, der nach dieser Geschichte auch in den Ulmer Zeitungen suchen kann – solche Aufsehen erregenden Ereignisse und Anekdoten standen meist an auffälliger Stelle in den lokalen Blättern und waren oft wochenlang Tagesgespräch.

Törööö!

Jedenfalls bereichert diese Anekdote nicht nur die Ulmer Stadtgeschichte, sondern wäre auch eine gute Idee für ein neues Kinderbuch als Ergänzung zu den Kinderbüchern rund um weitere Ulmer Persönlichkeiten wie zum Beispiel den Ulmer Spatz oder die Münster-Fledermaus Lilli Langohr.

Diese bislang in Ulm heute völlig unbekannte Anekdote entdeckte ich in einer Augsburger Tageszeitung, von denen ich drei für meine Dissertation auf Kultur- und andere hochinteressante Nachrichten der Jahre 1750 bis 1850 durchforstete. Einst wollten die Ulmer ihr Fischerstechen auch in einem der mit Wasser gefüllten Stadtgräben in Augsburg abhalten, um richtig Geld damit zu verdienen, aber in Augsburg war man wohl ziemlich „schwäbisch“ – das Ganze wurde wegen mangelndem Publikum wieder abgesagt, dem die Eintrittspreise zu teuer waren. Noch etliche andere solcher Geschichten aus Ulm, aus Augsburg und aus aller Welt kamen dadurch wieder ans Tageslicht, die noch auf ihre Veröffentlichung warten…

Quellenbad

Hier die Originalquelle zur Elefantengeschichte im originalen Wortlaut:

Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nr. 197. Mittwoch, 17. Juli 1839, S. 4: “Ulm, den 13. Juli. In letzter Nacht 12 Uhr wurde ein seit einigen Tagen zur Schau hier ausgestellter Elephant von seinem Führer zum Baden in die Donau begleitet. Auf die große Hitze in den letzten Tagen behagte es diesem Thier dermaßen im Wasser, daß es, statt nach Verfluß einer angemessenen Zeit, wie es seine Führer wünschten, herauszugehen, eine Strecke weit die Donau hinab theils schwamm, theils ging. Die Führer, in der größten Besorgniß, das Thier mitten in der Nacht zu verlieren, wandten lange vergeblich alle Mühe an, ihn durch ihre gewohnten Worte und Signale herauszulocken; einer derselben schwamm ihm nach. Endlich schien der Elephant genug gebadet zu haben und gegen 3 Uhr diesen Morgen kam er von selbst aus dem Wasser und folgte in aller Ruhe seinen Eigenthümern zur Stadt zurück.”

Bild: Collage © Susanne Wosnitzka unter Verwendung eines Scans eines Gemäldes von Johannes Hans (Ansicht auf Ulm, um 1810) © Stadtarchiv Ulm mit freundlich erteilter Genehmigung zur Verwendung sowie eines zeitgenössischen Elefantenabbilds (gemeinfrei)