Hard Facts – Ehe in England

"Wenn die Freude im Haus stirbt"; Gemälde von Pietro Saltini, 19. Jh., © Wikimedia.Commons (allgemeinfrei)
“Wenn die Freude im Haus stirbt”; Gemälde von Pietro Saltini, 19. Jh., © Wikimedia.Commons (allgemeinfrei)

Eine scherzhaft-kritische Umfrage über die Ehe in England im Jahr 1767 ergab Folgendes:

“Gegenwärtiger Zustand der Ehen.
Frauen, die ihre Männer verlassen haben, um ihren Geliebten zu folgen: 1362.
Männer, die sich wegbegeben haben, um ihren Geliebten zu folgen: 2361.
Freywillig getrennte Paare: 4120.
Paare, die unter einem Dache in offenbarem Kriege leben: 191.023.
Paare, die sich von ganzem Herzen hassen, aber ihren Haß vor der Welt unter einer angenommenen Freundlichkeit verbergen: 162.320.
Paare, die in einer sichtbaren Gleichgültigkeit mit einander leben: 510.132.
Paare, welche die Welt für glüklich vermählt hält, die aber im Herzen über ihr Glük nicht so einig sind: 1102.
Paare, welche in Vergleich mit andern unglükseligern, glüklich sind: 135.
Wahrhaft glükliche Eheleute: 9 Paar.”*

Ehe in England

So ganz scherzhaft dürfte dies alles nicht gewesen sein, wennman bedenkt, dass die Ehe- und Scheidungsgesetze in England erst um 1865 reformiert wurden. Davor waren Ehescheidungen unendlich teuer und für die arme Bevölkerung nicht machbar. Man fand dazu eine “einfache” Lösung, indem Frauen als Vieh deklariert und sie dann auf dem Markt verkauft wurden. Sie wurden angebunden oder mit einem Strick um den Hals in die Versteigerung gegeben. Für manche Eheleute war diese Möglichkeit historischen Berichten zufolge manchmal für beide Seiten eine wahre Erlösung – manchmal wurde die erfolgreiche Scheidung/Versteigerung auch von allen Parteien ausgiebig im Wirtshaus gefeiert. Für die meisten Frauen dürfte dieses Procedere aber unendlich demütigend gewesen sein, die vom Mensch zum Artikel degradiert wurden (was sie zu jener Zeit bereits sowieso schon waren, weil die “Menschenrechte”, die es damals bereits gab, von Männern für Männer gemacht waren).
Solche O-Töne habe ich aus historischen Zeitungen festgehalten – eine wahre Fundgrube an Schrecknissen und Merkwürdigkeiten, ein Panoptikum des menschlichen Lebens. Auch zu diesem Thema habe ich einen Vortrag parat: Eine etwas andere Damenwahl, erstmals vorgetragen in München in Naomi Susan Issacs’ MultiVersum im Februar 2016.

* Augsburgischer Intelligenz=Zettel vom 8. Januar 1767. Stadtarchiv Augsburg.