Juliano Donato, der einbeinige Tänzer (1837/38–1865)

Wahrscheinlich haben Sie ebensowenig wie ich bislang von Juliano Donato (1837/38–1865), dem Ersten Tänzer des königlich-spanischen Theaters Madrid,[1] gehört, über den ich gerade zufällig beim Durchlesen einer Augsburger Zeitung gestoßen bin – er hatte nämlich nur ein Bein, was als die eigentliche Sensation galt. ‚Freakshows‘ waren nicht nur in dieser Zeit beliebte Unterhaltungsmittel: Für viele behinderte Menschen war das Sich-Zeigen in der Öffentlichkeit in Menagerien oft die einzige Einnahmequelle, um überhaupt eigenes Geld verdienen zu können und unabhängig von Almosen zu werden – zum Preis des Angeglotzt- und Ausgestelltwerdens in Zirkussen und reisenden Jahrmarktsbühnen wie die ‚größten‘ Schweizerinnen.

Juliano Donato © photovintagefrance
Juliano Donato © photovintagefrance

Fotografien von Juliano Donato finden sich einige im Netz, Angaben zu seinem Leben und Wirken aber so gut wie keine. Daher dieser Blogartikel mit den auf die Schnelle gefundenen Informationen aus zeitgenössischen Zeitungen, um ihn künftig besser zu finden.

Kein Freak: Juliano Donato

Juliano Donato hatte es mit seiner Behinderung im Vergleich zu anderen ‚Freaks‘ auf die ganz großen Bühnen der damaligen Welt geschafft: Im Dezember 1864 tanzte Donato in Hamburg. In Berlin verdiente er an der Kroll-Oper pro Abend die große Summe von 160 Talern, in Prag 1125 Gulden pro Vorstellung[2] – unglaublich viel Geld in dieser Zeit. Der ehemalige Torero hatte sein rechtes Bein durch den Angriff eines Stiers verloren.[3]

In der Augsburger Postzeitung fand sich diese zauberhafte Beschreibung von einem seiner Auftritte in Wien:

„Am Theater in der Josephstadt in Wien ist dieser Tage das erste Auftreten des einfüßigen spanischen Tänzers Donato erfolgt. Wiener Blätter sagen darüber: Mit sehr gemischten Gefühlen erwartete offenbar das Publicum das Auftreten des einfüßigen Tänzers; die Unterhaltung vor Beginn des Theaters und in den Zwischenacten legte Zeugniß davon ab. Niemand aber war von der Furcht frei, es werde mehr das Mitleid mit einem Unglücklichen wachgerufen, als ein ästhetischer Genuß geboten werden. Das Eintreten des einfüßigen Künstlers konnte diese Ansicht nur bestärken. Der Vorhang erhebt sich, es erscheint ein Einfüßiger im Balletcostüme, auf eine Krücke gestützt, auf der Bühne, hinkt bis an die Rampe und legt die Krücke dann auf die Seite; nun aber scheint plötzlich in der Persönlichkeit selbst eine Umwandlung vorzugehen. In raschen Sprüngen unter dem Klange der Castagnetten, tritt vor dem Publicum ein Tänzer in Stellungen, Bewegungen und kreiselförmigen Schwenkungen auf, die an jedem Balletkünstler Aufsehen, Verwunderung und Beifall finden müßten. Man vergißt, daß Alles, was vorgeführt wird, nur auf Einem Bein getanzt wird; man sieht einen vollendeten Künstler vor sich; aber doch weiß man, ohne eben daran erinnert zu werden, daß er mit physischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, die unüberwindlich scheinen. Die Pirouetten namentlich schlägt Herr Donato mit einer unerhörten Ausdauer und Schnelligkeit, man zählte 57 Umdrehungen seines Körpers in einer halben Minute.“[4]

Bemantelte Tänze

Verschiedenen Zeitungen nach hatte er als Programm diverse spanische Tänze wie einen Manteltanz, Bolero oder auf den Postillon von Lonjumeau (?) „mit einer an’s Unglaubliche grenzenden Gelenkigkeit und – was noch merkwürdiger ist – Zierlichkeit. Es ist fast wunderbar, wie sich dieser junge Mann diese Fähigkeit hat aneignen können.“[5]

Und weiter dasselbe Blatt: „Was Herr Donato eigentlich leistet, läßt sich schwer beschreiben, es muß gesehen werden. Herr Donato, ein junger Mann mit einem intelligenten, hübschen Gesichte und einer zierlichen Gestalt, erscheint auf der Bühne mit einer Krücke, wirft diese weg und beginnt nun auf einem Fuße zu tanzen – aber er tanzt nicht nur, er führt auch die schwersten Pas, Pirouetten und Sprünge aus, und dreht sich mit Blitzesschnelle dreißig, vierzig Mal um sich selbst, ohne zu wanken, er unternimmt die gewagtesten Positionen und alles das mit Grazie und einer Ausdauer, die geradezu unbegreiflich ist. Was die besten Tänzer mit beiden Beinen leisten, leistet Herr Donato mit einem. Sein Manteltanz, während dessen er den Marsch, die Exercitien, die Vertheidigung eines angegriffenen Kriegers meisterhaft ausführt, gehört zu den sehenswerthesten Leistungen. Herr Donato wird mit Beifall überschüttet und wiederholt gerufen; sein Tanz ruft allgemeines Staunen hervor.“[6]

Juliano Donato © Theatermuseum Wien (gemeinfrei).
Juliano Donato © Theatermuseum Wien (gemeinfrei).

Nicht alle Kritiken überschlugen sich wie die aus Wien. In Breslau war man von seiner Kunst allerdings weniger angetan:

„Die Sensation des Ballettjahres aber war das sechsmalige Auftreten des einbeinigen spanischen Tänzers Juliano Donato, der zwar als ein modernes Wunder bezeichnet wurde, dessen erstaunliche Leistungen jedoch feinfühlige Gemüter weder als schön noch als erheiternd bezeichneten. Bei seinem Auftreten war das Haus jedoch stets bis an die Decke voll und sein Quartier in der Goldenen Gans ständig von Neugierigen belagert, die begierig waren, ihn in seinem auffallenden Kostüm zu sehen.“[7]

Trittbrettfahrer und Kulinarisches

So große Sensation erzeugt oft Trittbrettfahrer. So warnte Donatos Agent Franz Kratz vor einem ‚falschen Donato‘, einem Tänzer (?) namens A. Conradini, der sich den Namen Donato II. gegeben hatte und in Wiener Wirtshäusern „hupfte“. Conradini, dem das Bein in seiner Kindheit bis zur Kniescheibe abgenommen worden war, ließ sich seinen Überrest aus Donato-Enthusiasmus heraus so weit verkürzen, dass dieser so kurz wie der von Donato war.[8] Ein I. Baum-Donato produzierte sich zeitgleich in München mit 52 Auftritten alleine dort, darüber hinaus in Wien, Linz, Danzig, Stettin, Zürich, St. Gallen, Genf, Brüssel und Hamburg.[9] Noch im Jahr 1868 soll in Stamford/Lincolnshire in England ein Donato aufgetreten sein, dessen Echtheit in diesem kurzen Blogartikel mit Originalzeitungsartikel aus Stamford auch richtigerweise hinterfragt wird.

So mancher Kritiker wollte im echten Juliano Donato aber doch lieber den Behinderten statt den Künstler vor sich sehen:

„Seine Leistungen also lassen den mangelnden rechten Fuß nicht im Geringsten vermissen, aber der Stumpf erinnert uns nur zu beredt daran, daß wir einen Krüppel vor uns haben, und läßt so eine rechte Freude nicht aufkommen, denn das Mitleid mischt sich mit der Bewunderung.“[10] Auch die Gastronomie sprang auf den Vermarktungszug auf: So bot das berühmte Café Sperl, in dem gerne und oft auch Johann Strauss Sohn verkehrte, „ein Haxel à la Juliano Donato“.[11]

© Screenshot Susanne Wosnitzka
© Screenshot Susanne Wosnitzka

Hochzeit mit Chaos und Jubel

Am 12. oder 13. Juni 1864 heiratete er die 20jährige Schauspielerin Antonie Ros. Julius, die Mitglied des Josephstädter Theaters war, inkognito mit anschließender Party im Hotel (goldenes) Kreuz in der Mariahilferstraße mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen und unter Aufspielung des Orchesters des Theater in der Josephstadt, was fast im totalen Chaos endigte[12]:

„Im Laufe des Nachmittags stellten sich Hunderte von Menschen, zumeist Frauen und Kinder, vor der Mariahilfer Kirche auf, um den Hochzeitszug zu erwarten. Doch, man hatte sich getäuscht. Donato und seine Braut erschienen ganz inkognito in der Sakristei und verrichteten daselbst die hl. Beichte. Dann fuhren sie nach Mauerbach [ca. 20 km (!) westlich von Wien] zur Trauung. Man wußte aber, daß die Hochzeitstafel im Gasthause zum „Kreuz“ (Hotel Krenn) in Mariahilf stattfinden werde – und so wartete das Volk, bis endlich um halb 7 Uhr Abends der Hochzeitszug, aus sechs Wagen bestehend, bei dem Hotel anlangte. Im ersten Wagen fuhr das junge Ehepaar. Herr Donato trug ein prächtiges violettfarbiges spanisches Nationalkostüm, seine junge Gattin, eine hübsche freundliche Blondine, ein prächtiges, weißes Spitzenkleid und in den Haaren einen Myrthenkranz. Außerdem führten sie mit sich im Wagen einen frischen Blumenstrauß von wirklich colossalem Umfange. […] Lebhafter noch als in dem Kreise der Hochzeitsgäste ging es auf der Straße und auf dem vor dem Hotel befindlichen Platze zu, auf welchem viele Tausende von Neugierigen sich versammelten, als auf dem Balkon die Musik aufzuspielen begann. […] Da aber der Wagenverkehr auf der Mariahilferstraße durch das zahlreich herbeiströmende Volk immer mehr in Stockung gerieth und endlich ganz unterbrochen wurde, soll sich die Polizeibehörde veranlaßt gefunden haben, das Weiterspielen des Orchesters zu verbieten. Das Publikum aber nahm den Abzug der Musikanten von dem Balkone mit größtem Mißvergnügen auf, es schrie etwa eine Viertelstunde lang fortwährend nach der Musik, rief den „Einhaxl“ heraus, und als dies Alles nichts half, fing es an zu murren, schreien, pfeifen u. s. f.; eine Katzenmusik war im vollsten Anzuge. Nun riß Herr Donato schnell die Fenster des Saales auf und das nun in diesem Saale postirte Orchester fing sofort wieder an zu spielen, was von dem Straßenpublikum mit endlosem Jubel gutgeheißen wurde. Die Leute unten riefen nun Donato stürmisch heraus und als Herr Donato auf dem Balkon erschien und nach Art großer Herren sich dreimal vor dem Volk verbeugte, da wollte der Jubel kein Ende nehmen. Endlich mußte auch Frau Donato, „die Einhaxlin“, wie die Schusterbuben sagten, dem Volke sich zeigen und der Empfang, welcher der hübschen Dame zu Theil wurde, scheint Herr Donato so entzückt zu haben, daß er nicht umhin konnte, photographische Visitkarten mit seinem Porträt vom Balkon aus auf die Straße hinabzuwerfen, welcher originelle Gedanke nicht verfehlte, eine zündende Wirkung auszuüben. Die Leute rauften und balgten sich mit aller Gemüthlichkeit, um in den Besitz einer Visitkarte zu gelangen. Erst um 1 Uhr Nachts zerstreute sich das Volk, nachdem es sich überzeugte, daß das neue Ehepaar wirklich auf einem guten Fuße lebt.“[13]

Juliano Donato © Wien Museum, Inventarnummer HMW 53350 (gemeinfrei).
Juliano Donato © Wien Museum, Inventarnummer HMW 53350 (gemeinfrei).

Donato-Kult und kein Ende

Donato tanzte nicht nur im Josephstädter Theater, sondern auch im Wiener Thalia-Theater, wo er als „Seitenstück der berühmten Fanni Elßler“ angesehen wurde:

„Die letzten zehn Vorstellungen Donatos hatten dem Thaliatheater zwölf Tausend Gulden eingetragen. Seinen Nachklang soll der Donato=Enthusiasmus in einer Ehrenkrücke für den Gefeierten finden. Natürlich ließen die Lorbeeren Donato’s I. Donato II. nicht lange schlafen. Auch er machte vor seinem Publikum Glück. Es steht nur zu fürchten, daß dieser Donato=Cultus endlich zu Selbstverstümmelungen verleiten und unsere Caloris, Frapparts und Price’s der Zukunft nur mehr mit einem Beine um die Lorbeeren Terpsychorens zu ringen wagen werden.“

Mit seinem Sein als einbeiniger Tänzer brachte er auch einer kranken Tänzerin neue Hoffnung, die an starken Fußschmerzen litt, und „man erzählt sich, daß sie allen Ernstes damit umgehe, sich ein Bein amputiren zu lassen, um fortan ihre Triumphe auf ihr zweites zu beschränken, das sie zu desto höherer Vollendung ausbilden lassen möchte.“[14]

Nach seinen Wiener Shows soll Donato dann weiter über Graz mit Vorstellungen im dortigen Thalia-Theater über Brünn/Brno nach Pest gereist sein.[15] Höchste Zeit, weiterzuziehen, denn seine letzte Vorstellung im Theater an der Wien hatte das Haus nicht mehr vollgebracht.[16]

London fatal

Mit seinen Shows und seinem Talent zur Unterhaltung schien Donato nun ein gemachter Mann gewesen zu sein: Ein Ruf nach London lockte:

„Herr Russel, Direktor der Nationaloper in London, hat das bekannte „Einhaxl“ Juliano Donato auf die Zeit vom 26. Dezember 1864 bis 15. Juli 1865 für die kolossale Summe von 180,000 Francs engagirt, wofür derselbe täglich einmal tanzen muß. Die Vorstellungen beginnen im Coventgarden=Theater und werden nach Beginn der italienischen Saison in den Krystallpalast verlegt.“[17] Also der ultimative Ort!

Und dann ist etwas sehr Schönes eingetreten: Als ich gestern ein bisschen etwas zu Donato in den Social Media schrieb, antworteten ein paar begeisterte Leute, legten zum Beispiel Grundzüge für einen Wikipedia-Artikel für ihn an, schauten nun gezielter international noch nach oder trieben sogar die Info auf, dass jemand für Donato einst Musik geschrieben hat: In London widmete ihm der Komponist Louis Rènard seinen Donato Waltz (1865), die Noten zum schönen Deckblatt gibt es noch in der British Library:

Deckblatt "The Donato Waltz" © New York Public Library (gemeinfrei).
Deckblatt „The Donato Waltz“ © New York Public Library (gemeinfrei)

So sah eine Werbung dafür aus. General Tom Thumb und die anderen Leute in dieser Reklame waren Kleinwüchsige, die mit ihren Shows ebenso international tourten. Tom Thumb – der ‚Däumling‘ – trat mit seiner Truppe auch mehrfach im alten Stadttheater am Lauterlech in Augsburg auf:

"The Musical World", 24. Dezember 1864 © Screenshot Susanne Wosnitzka
„The Musical World“, 24. Dezember 1864 © Screenshot Susanne Wosnitzka

Tritt ins Unglück

Und so wurde ihm London zum Verhängnis:

„Juliano Donato, der spanische Tänzer auf einem Beine, ist am 10. Juni in Frankreich, in dem Städtchen Eyragne, gestorben. Derselbe hatte sich in London eine innere Verletzung zugezogen, sein Zustand wurde jedoch von den Aerzten nicht erkannt und er wurde in ganz falscher Behandlung nach Nizza geschickt. Auf der Reise dahin, Anfangs dieses Jahres [1865], beschloß er, einige Tage in Eyragne – woselbst die Bewohner ihm viel Ehren erwiesen haben – zu verbleiben; allein sein Zustand verschlimmerte sich von Tag zu Tag und er konnte das Städtchen nicht mehr verlassen. Am 10. Juni um 10 Uhr Abends erlag er in den Armen seiner Gattin, der Schauspielerin Julius, einer Wienerin, seinen Leiden. Das Leichenbegängniß fand am 13. Juni unter einem ungeheuren Andrange von Menschen und in großer Feierlichkeit statt.“[18] Zuvor hatte er noch während eines Aufenthalts von zwei Monaten im Heilbad Eyragues – ca. 16 km von Avignon gelegen – versucht, seine Leiden zu heilen oder zu verbessern und wollte sich nach erfolgter Heilung in Graz niederlassen und von dort in Paris touren.[19]

Jähes Ende einer großen Liebe

Seinem ausführlichen und berührenden Nachruf in der Konstitutionellen Volks-Zeitung nach hatte sich der ehemalige Kunstreiter die innere Verletzung bei einem unglücklichen Tritt durch eine schlecht verschlossene Versenkung zugezogen:

„Vor seinem Tode war er noch so glücklich, in Paris seine Mutter und seinen Bruder, von denen er seit vielen Jahren keine Nachricht hatte, wiederzusehen und sich mit ihnen zu versöhnen [weil er als Kind/Jugendlicher geflüchtet ist]. Sein Vater war bereits vor sieben Jahren gestorben. […] So bot man ihm in Newyork 4000 Dollars für eine Vorstellung und selbst von Australien bekam er Anträge. Nur aus Rücksicht für die Gesundheit seiner Gattin wollte er eine Seereise vermeiden. […] Tausenden hat er Wohlthaten gespendet, besonders liebte er es, die Hütten des Elendes zu besuchen und ihren Bewohnern selbst Nahrungsmittel und Kleidungsstücke zuzutragen. […] Darum hing er aber auch an seiner Gattin mit unbegrenzter Liebe. Sie war sein Alles, auch seine Lehrmeisterin. Von ihr lernte er erst die Elemente des Lesens und Schreibens und er freute sich wie ein Kind, als er heuer im Frühjahre den ersten Brief an seine Schwiegermutter nach Wien schrieb, worin er ihr den Fortschritt seiner Genesung und einen baldigen Besuch anzeigte“ – und ein Buch zu seinem Leben erscheinen sollte.[20]

Juliano Donato mit wahrscheinlich seiner Frau Antonie geb. Julius © Wien Museum, Inventarnummer HMW 53509 (gemeinfrei).
Juliano Donato mit wahrscheinlich seiner Frau Antonie geb. Julius © Wien Museum, Inventarnummer HMW 53509 (gemeinfrei).

Sein Tod muss verheerend gewirkt haben. Abertausende Menschen kamen zu seiner atemberaubenden Beerdigung in Eyragues aus Nah und Fern:

„Ein Zug von 2300 Fackeltragenden, darunter die Maires von Nancy, Montpellier u. s. w., folgten dem auf weißen Tüchern ruhenden Sarge und Jeder, der den Dahingeschiedenen kannte, legte nach Landessitte ein kleines Weiheopfer von Blumen oder Früchten auf sein Grab. Ein roher Marmorblock von dreizehn Centnern Schwere ist sein Denkmal; die eingelegte Metalltafel trägt die Inschrift: Hier ruht Juliano Donato, gestorben im Alter von 27 Jahren, am 19. Juni 1865. Gewidmet von seiner tieftrauernden Gattin.“[21]

Auf sein Grab wurden ein Granatapfelbaum und ein Rosenstock gepflanzt – vielleicht Sinnbilder für ihn, da aus dem Süden stammend, und für seine geliebte Frau als Rose, dort vereint.

Relikte und Fragen

Einem Brief zufolge, den Antonie Donato am 15. Juli von St. Veit bei Wien an die Redaktion der Presse schickte, um richtigzustellen, dass ihr Mann nicht doch lebend in St. Petersburg gastierte, soll er bereits am 11. Juni, also einen Tag nach seinem Tod, bestattet worden sein,[22] was vorbereitungstechnisch aber eher unwahrscheinlich gewesen sein dürfte. Auch durften Tote in dieser Zeit wegen größter Angst vor Scheintod offiziell nicht so schnell unter die Erde gebracht werden.

Friedhof Eyragues © Google Maps (Screenshot Susanne Wosnitzka).
Friedhof Eyragues © Google Maps (Screenshot Susanne Wosnitzka).

Der Friedhof des südwestlich von Avignon gelegenen Eyragues ist nicht sonderlich groß. Falls sich Donatos Grab oder Grabstein dort noch erhalten haben sollte, wäre ich für ein Foto sehr dankbar, sollte es je jemand von Ihnen dort hinschaffen.

Nichtsdestotrotz war er sicherlich ein Vorbild für behinderte Menschen oder Eltern von behinderten Kindern, dass aus diesen ‚Missgeburten‘ und ‚Krüppeln‘, die oft als ‚Strafe Gottes‘ oder bei Angeborenheit misogyn als Fehler der Mutter ausgelegt wurden, doch auch etwas werden konnte. Sollte ich noch mehr zu diesem erstaunenden Mann herausfinden können, werde ich Neues als Update hier einpflegen.

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Einzelnachweise
[1] Mährischer Correspondent, Nr. 189, 5. August 1964, S. 7.
[2] Signale für die musikalische Welt, Nr. 43, 21. Oktober 1864, S. 767.
[3] Tagespost (Graz), Nr. 107, 12. Mai 1864, S. 1.
[4] Augsburger Postzeitung, Nr. 110, 10. Mai 1864, S. 740.
[5] Gemeinde-Zeitung, Nr. 18, 5. Mai 1864, S. 283.
[6] Gemeinde-Zeitung, Nr. 35, 7. Mai 1864, S. 279.
[7] Ludwig Sittenfeld: Geschichte des Breslauer Theaters 1841–1900. Breslau (Preuß & Jünger) 1909, S. 112.
[8] Wiener Theater-Chronik, Nr. 29, 21. Juli 1864, S. 116, und Gemeinde-Zeitung, Nr. 25, 22. Juni 1865, S. 398.
[9] Aussiger Anzeiger, Nr. 31, 3. August 1865, S. 242.
[10] Wiener Theater-Chronik, Nr. 19, 12. Mai 1864, S. 75.
[11] Fremden-Blatt, Nr. 157, 8. Juni 1864, Beilage S. 2.
[12] Fremden-Blatt, Nr. 165, 16. Juni 1864, S. 5.
[13] Gemeinde-Zeitung, Nr. 46, 18. Juni 1864, S. 366.
[14] Tagespost (Graz), Nr. 104, 8. Mai 1864, Beilage S. 3.
[15] Vereinigte Laibacher Zeitung, Nr. 156, 12. Juli 1864, S. 623.
[16] Gemeinde-Zeitung, Nr. 96, 13. Dezember 1864, Beilage S. 3.
[17] Gemeinde-Zeitung, Nr. 90, 22. November 1864, Beilage S. 2.
[18] Signal für die musikalische Welt, Nr. 31, 29. Juni 1865, S. 509.
[19] Konstitutionelle Volks-Zeitung, Nr. 69, 25. Juni 1865, S. 5.
[20] Fremden-Blatt, Nr. 87, 29. März 1865, S. 7.
[21] Ost-Deutsche Post, Nr. 174, 26. Juni 1865, S. 2.
[22] Die Presse, Nr. 198, 20. Juli 1865, S. 5.