“So entsteht eine Legende!” – Digitalisierung des mfm-Bestands

Fanny Hensel, gezeichnet von Wilhelm Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Fanny Hensel, gezeichnet von Wilhelm Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Anfang letzten Jahres hatte ich die Ehre, wieder einen Beitrag für das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF) zu verfassen. Im Jahr davor war durch Mary Ellen Kitchens – im Vorstand des Archivs Frau und Musik in Frankfurt/Main – angestoßen worden, die Programmhefte des seit 1988 agierenden Vereins musica femina münchen (mfm) zu digitalisieren, der etliche Erst- und Uraufführungen für sich verbuchen kann einschließlich der UA von Fanny Hensels Klavierquartett As-Dur 1989.

Bedeutende Komponistinnen-Sammlung

Seit wenigen Jahren befindet sich die Sammlung von mfm bzw. das Komponistinnen-Archiv München (KAM) im Archiv Frau und Musik, wo es für Forschungszwecke und Auswertungen eingesehen werden kann.

Die liebevoll von Hand und handschriftlich gestalteten Programmhefte zeugen von einer unglaublichen Spiel- und Aufführungsfreude, diese zu lange negierten Leistungen von Komponistinnen wieder sicht- und hörbar zu machen. Auslöser dazu war ein Frauenmusikfest 1987 in München, das vor allem der Rockmusik galt. Ein Testkonzert im Gasteig, ob sich auch klassische Werke von Frauen lohnen, sprengte mit rund 400 verkauften Tickets begeistert den zuvor argwöhnisch beäugten Rahmen.

“So entsteht eine Legende!”

Für seine weitere Pionierinnen-Arbeit wurde mfm mit dem Anita-Augspurg-Preis für das Jahr 1998 ausgezeichnet. Ein Logbuch – ein Konzerttagebuch – ist das Highlight der mfm-Sammlung: Darin hielt die erste mfm-Generation ihre Gedanken zu Aufführungen, zu Konzertbesprechungen, zu Kritik, zum Celibidache-Skandal und einigen weiteren Ereignissen einschließlich dem vom ersten mfm-Konzert beflügelten Ausspruch “So entsteht eine Legende!” fest.

Lesen Sie hier den neuen DDF-Blogbeitrag zur Programmgeschichte von mfm einschließlich einiger vorgestellter digitalisierter Exponate, um mehr über dieses bedeutende Wirken dieses kleinen Vereins in München zu lesen, der sehr dazu beiträgt, dass – gemäß den Marketing-Slogans Münchens – die Stadt leuchtet und bunt bleibt.

Weitere von mir verfasste und im DDF erschienene Blogbeiträge:

♣ Susanne Wosnitzka: “So entsteht eine Legende!“ – Digitalisierung der Programmbestände von musica femina münchen, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv 2024.
♣ Anne-Marie Bernhard/Susanne Wosnitzka: Akteurinnen: Elke Mascha Blankenburg, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv 2021.
♣ Anne-Maire Bernhard/Martina Bick/Susanne Wosnitzka: Packend wie ein Ringkanon: Das Netzwerk Frau, Musik und Gender, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv 2020.
♣ Anne-Marie Bernhard/Martina Bick/Susanne Wosnitzka: “Shout, shout, up with your song!” Formen der Vernetzung von Frauen in der Musikkultur, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv 2020.
♣ Anne-Marie Bernhard/Julian Fischer/Elisabeth Treydte/Susanne Wosnitzka: VivaVoce: Vom Vereinsrundbrief zur Fachzeitschrift, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv 2019.
♣ Martina Bick/Susanne Wosnitzka: Und sie spielten, sangen, komponierten und dirigierten doch: DIe lange verschwiegenen Frauen in der Musik!, in: Digitales Deutsches Frauenarchiv 2019.

WAB, G, BWV, L, B, HWV, D, HWV & HLV – HEGDL!

WAB, G, BWV, L, B, HMV, D, HWV und HLV – HEGDL*! Neusprech, Sprachunfälle oder Geheimcodes? Letzteres! Falls Ihnen diese Buchstaben-Abfolgen schon mal irgendwo aufgefallen sind, Sie sich aber keinen Reim drauf machen konnten. Es sind Abkürzungen von Werkverzeichnissen in der Musik!

WAB = Werkverzeichnis Anton Bruckner, G = Luigi Boccherini, L = Claude Debussy, B = Frédéric Chopin, HWV = Georg Friedrich Händel, D = Franz Schubert, HWV = Fanny Hensel Werkverzeichnis, HLV = Fanny Hensel Liedverzeichnis.

Köchel-Verzeichnis Deckblatt © wikimedia.commons CC BY-SA Mateus2019
Köchel-Verzeichnis Deckblatt © wikimedia.commons CC BY-SA Mateus2019

Wir kaufen ein D

What? Warum soll D für Franz Schubert stehen? Da ist doch gar kein D in seinem Namen drinne?! Manche Werkverzeichnisse wie bei BWV sind auf den Komponisten gemünzt, damit es sofort klar ist, um was es geht. Es war eine immens nerdige Aufgabe, solch Werkverzeichnisse überhaupt zusammenzutragen. Das kam im Zuge des sogenannten Geniekults auf, der kurz nach Mozarts Tod einsetzte und ein neues Feld in der Musikwissenschaft ansetzte, auch mit dem Ehrgeiz verbunden, herauszubekommen, was das erste und was das letzte Werk eines Komponisten war.

Ich schreibe hier zunächst im Maskulinum, weil das alles einst nur auf die Werke von Männern ausgerichtet war, weil man in diesen frühen Zeiten noch glaubte, dass nur Männer zu solchen Geniestreichen fähig gewesen wären. Für die Werke von Frauen hat man sich deshalb nicht interessiert. Frauen waren für diese Art Forschung aber immens wichtig: Ohne sie wäre nämlich das Zusammenhalten der Werke oft gar nicht möglich gewesen. So hat zum Beispiel Clara Schumann auch die Werke ihres Mannes Robert zusammengehalten und herausgegeben. Ohne ihre Arbeit und Aufführungen würden wir die meisten seiner Werke gar nicht kennen.

Frauen in der ersten Reihe

Constanze Mozart hat die Werke ihres Mannes zunächst zusammengehalten und erst um 1800 aus Geldmangel verkauft – an den Musikverleger André, der damit 1841 ein Werkverzeichnis mit dem Vorhandenen erstellte. Ludwig von Köchel hat sich aber noch akribischer damit befasst und 1862 ein neues Verzeichnis erstellt, das fortan seinen Namen trug als Ehre für diese immens wichtige Arbeit. Im Lauf der Forschung kamen dann durch weitere Auffindungen Einschübe hinzu:

So gibt es ein KV 206 (Marsch in D-Dur), KV 207 (Violinkonzert) und ein KV 206a (Cellokonzert). Bei Letzterem fand man heraus, dass es nach dem bereits bestehenden KV 206 und vor dem bereits bestehenden KV 207 entstanden ist. Daher dann diese Ausweichlösung mit dem ‘a’. Es gibt diverse Restaurants mit Musikbezug, die ihre Speisekarte ‘Köchelverzeichnis’ nennen. Da freut man sich dann immer beim Essen.

Ein vollständiges BWV zu erstellen war nur möglich, weil in Berlin ein Johann Sebastian Bach’scher Superfan saß, nämlich Anna Amalia von Preußen, Schwester des ‘Alten Fritz’ und selbst Komponistin. Sie sammelte alles, was sie zu Johann Sebastian Bach in die Finger bekommen konnte und wies in Berliner Dialekt Widmungen von Werken moderner Komponisten wie Christoph Willibald Gluck als ‘neumodischen Scheiß’ zurück.

Nr. 1 ≠ Nr. 1

Nicht immer muss ein Opus 1 auch die allererste Komposition sein, denn in alter Zeit war es üblich, dass mit Opus 1 das allererste gedruckte Werk gemeint war. Beethoven hat seine handgeschriebenen Sachen nach Druck nicht mehr beachtet. Für ihn war das dann Makulatur und Altpapier ohne Wert. Fans haben sich dann daraus bedient, und vielleicht wurde erst dadurch ermöglicht, dass sein verschollenes Oboenkonzert gegen widriges Wissen auf Reisen gehen konnte und unter anderem in Augsburg gespielt wurde, was ich vor 2 Jahren auf teils verbotenen Wegen herausfinden konnte. Der Schlüssel, um das Original oder Abschriften wiederzufinden?

Von Fanny Hensel geb. Mendelssohn Bartholdy haben sich rund 450 Kompositionen erhalten, die über viele Jahrzehnte niemanden interessiert haben. Eva Rieger fand sie Anfang der 1980er Jahre in der Mendelssohn-Sammlung in Berlin achtlos auf einem Stuhl aufgeschichtet, ohne jeglichen Schutz. Barbara Heller, Elke Mascha Blankenburg – Mitgründerinnen des Archivs Frau und Musik – haben sich dann daran gemacht, auch ihr Werk zu untersuchen, einzuordnen, zu drucken und wiederaufzuführen. Eine unglaubliche Pionierinnen-Arbeit!

Erst im Jahr 2000 konnte Renate Hellwig-Unruh durch diese Vorarbeit das erste Fanny-Hensel-Verzeichnis herausgeben. Kurze Zeit später hat man eines zu Clara Schumann zusammengetragen; es hat allerdings bis heute keinen ‘richtigen’ Namen oder keine Abkürzung CSWV würde ich hier vorschlagen. In diesem Portal findet sich Clara als junges Mädchen ganz rechts im Headerbild.

Nachhaltigkeit benötigt

Sie sehen: Zu Komponistinnen gibt es erst seit rund 50 Jahren fundierte Forschung; es gibt also jede Menge aufzuholen. In Tübingen wurden beim diesjährigen Komponistinnen-Festival (29. September bis 8. Oktober 2023) mehrere Lieder Josephine Langs aus der Zeit um 1850 ur(!)aufgeführt. Sie hat noch gar kein fixes Werkverzeichnis. Arbeit ohne Ende, die sich lohnt. Arbeit, die diese Arbeit von verstorbenen Frauen ehrt. Weil es nicht einfach Werke von Frauen sind, sondern weil sie es wesentlich schwerer hatten, ihre Werke überhaupt zu schreiben und zu veröffentlichen. Und: Weil es genauso GUTE MUSIK ist!

P.S.: Eine Liste mit Werkverzeichnissen (unvollständig) finden Sie hier. Dort können Sie herausfinden, wofür das D bei Franz Schubert steht.

* HEGDL hingegen ist eine Abkürzung aus der Jugendsprache und bedeutet Hab Euch Ganz Doll Lieb

Lange Nacht der Komponistinnen | Potsdam

Samstag 24. September 2022 | 18:00 Uhr | Nikolaisaal Potsdam
In dieses Projekt des Nikolaisaals mit den Musikfestspielen Sanssoucis bin ich zwar nicht auf der Bühne involviert, war aber bei Beratungen mit dabei und bin deshalb vor Ort in Potsdam!

Man schreibt dazu: “Wir kennen viel zu wenige Komponistinnen! Im Nikolaisaal erhalten nun faszinierende Werke von Frauen wieder die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Die »Lange Nacht der Komponistinnen« widmet sich drei exemplarischen Lebenswegen in Wort und Musik, präsentiert von Gayle Tufts. Erleben Sie Kammermusik, die Sie garantiert noch nie gehört haben und lassen Sie die Nacht ausklingen in der »Ragtime-Lounge«, in der ausschließlich Ragtime-Stücke von Komponistinnen erklingen. Das ist ein Konzerterlebnis mit der neuen Hörerfahrung in XXL!”

Mit Werken von Fanny Hensel, Josephine Lang, Amy Beach, Grażyna Bacewicz und May Aufderheide.

Das MEGA-Konzert knüpft auch an die Entstehung des Komponistinnen-Dokufilms an, denn im Konzert spielt u. a. auch die Pianistin Kyra Steckeweh, die mich 2016 einlud, in ihrem mittlerweile international mehrfach preisgekrönten Dokufilm mitzuwirken, worauf dann 2017 Dreharbeiten in Rom in der Villa Massimo und im Archiv Frau und Musik in Frankfurt/Main erfolgten.

Zum Programm der Veranstaltung gehts hier lang.

Die Präsenz der Unterrepräsentierten | Gastblog Ludwigsburger Schlossfestspiele

Seit wenigen Tagen ist mein Gastblog-Beitrag Die Präsenz der Unterrepräsentierten. Über Komponistinnen für die Ludwigsburger Schlossfestspiele online, den Sie hier über diesen Link dort abrufen können. Für die Zukunft sichere ich ihn aber auch hier zum Nachlesen:

Screenshot @ Ludwigsburger Schlossfestspiele
Screenshot @ Ludwigsburger Schlossfestspiele

»In vielen Branchen sind Frauen auch heute noch unterrepräsentiert. Für die Musik gilt diese Tatsache eigentlich nicht. Denn zu keiner Zeit in der Geschichte fehlte es an Musikschöpfungen oder kulturellem Handeln des weiblichen Geschlechts. Trotzdem gibt es eine ganze Welt an unterschlagener Musikgeschichte, die sich in der dürftigen Bekanntheit von Virtuosinnen widerspiegelt. Dabei kommt man auf der Suche nach großartigen Komponistinnen z. B. an Emilie Mayer nicht vorbei. Doch wie kommt es, dass eine zu Lebzeiten so arrivierte Musikerin schon kurz nach ihrem Tod in Vergessenheit geraten ist, viele ihrer männlichen Kollegen aber nicht? Und wie ist es möglich, dass ihre Werke innerhalb kürzester Zeit aus dem Konzertbetrieb verschwanden und erst im 21. Jahrhundert wiederauftauchen? Von diesen Fragen bewegt, positioniert das ensemble reflektor Mayer genau da, wo sie hingehört: in eine Reihe mit ihren großartigen Kollegen.« 

So der Teaser zum eclipse-Programm des ensemble reflektor, das am 1. Juli auch im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele gegeben wurde. Emilie Mayer (1812–1833) passt in diesem Programm hervorragend zu Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) und Henry Purcell (~1659–1695). Und der Großartigkeit ihrer Werke nach in viele, viele andere Programme. Es passt auch deshalb zum großen Felix Mendelssohn Bartholdy, weil dieser eine durch die feministische Musikwissenschaft mittlerweile sehr gut erforschte Schwester – Fanny (1805–1847) – hatte, die ihn durch ihr Genie, ihr technisches Niveau und ihre Brillanz auf seiner Reise durch England und Schottland zu Tränen rührte: In dem Erkennen, dass es wohl doch die reinste Verschwendung und ein Fehler war, ihre Werke der Öffentlichkeit vorzuenthalten. „Die Präsenz der Unterrepräsentierten | Gastblog Ludwigsburger Schlossfestspiele“ weiterlesen

Fanny Hensels 175. Todestag | Interview

Fanny Hensel, gezeichnet von Wilhelm Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Fanny Hensel, gezeichnet von Wilhelm Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Zum heutigen Todestag der Komponistin Fanny Hensel wurde ich vor ein paar Tagen vom Bayerischen Rundfunk interviewt. Dabei herausgekommen ist ein schön verfasster Beitrag von Svenja Wisser als kurzes Portrait, hier zum Nachlesen.

Das Interview wurde heute morgen in der BR-Sendung Piazza ausgestrahlt, die man hier nachhören kann. Mit Ende des Interviews wünschte ich mir Fanny Hensels zauberschönes Gondellied (bei Uhrzeit 09:38), das sie aus ihren Eindrücken in Venedig zu Papier brachte.

In dieser Sendung wurden 23 Musikwerke gesendet. Hätte ich mir das Gondellied nicht gewünscht, wäre kein einziges Werk einer Frau im Programm der Sendung gewesen. 22:1 – das geht heutzutage dank mittlerweile vorhandenem Wissen zu Komponistinnen und vorhandenen eingespielten Werken von Frauen doch besser.

Mehr als nur Talent | 175. Todestag Fanny Hensel – Konzert mit Lichtbildvortrag

Fanny Hensel, gezeichnet von Wilhelm Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Fanny Hensel, gezeichnet von Wilhelm Hensel © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Mehr als nur Talent – Zum 175. Todestag von Fanny Hensel
Konzert mit Lichtbildvortrag, Freitag, 13. Mai 2022 | 20:00 Uhr | Isarphilharmonie | Gasteig HP8
Zu gegebener Zeit veröffentlichen wir hier Ticketpreise und Infos zur Ticketreservierung

Mit
Ute Ziemer, Sopran | Sirka Schwartz-Uppendiek, Klavier | Susanne Wosnitzka, Lichtbildvortrag | Michael Herrschel, Lesung

„Daß ich bei so gänzlichem Mangel an Anstoß von außen dabeibleibe, deute ich mir selbst wieder als ein Zeichen von Talent.“ (Fanny Hensel)

Ein Lichtbildvortrag mit klassischer Musik zum Mitreisen gibt Einblicke in die Biografie der Komponistin Fanny Hensel Mendelssohn (1805–1847), die in ihrem kurzen Leben ein riesiges Œuvre geschaffen hat, das erst in unserer Zeit wieder entdeckt wurde und wird.

Die Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka (Archiv Frau und Musik) stellt in ihrem Vortrag Fanny Hensels Italien-Reise 1839/40 in den Mittelpunkt, die deren Kreativität enorm beflügelte und ihr erstmals persönliche Freiheit bescherte. Wegstationen auf ihrer Durchreise waren u. a. München sowie Schloss Hohenschwangau. Durch dessen fantastische Lage wurde sie wahrscheinlich zu ihrem Schwanenlied inspiriert. In Italien wurde Fanny Hensel erstmals als “wahrer Componist” bezeichnet – von niemand Geringerem als dem Komponistin Charles Gounod, der ihr Talent verehrte und der sich in dieser Zeit als Stipendiat in der Villa Medici aufhielt.

Antoinetta Brandeis. Trevi-Brunnen, um 1890 © gemeinfrei
Antoinetta Brandeis. Trevi-Brunnen, um 1890 © gemeinfrei

Susanne Wosnitzka begab sich im Jahr 2017 selbst nach Italien und auf die Spuren von Fanny Hensel in Rom und Umgebung mit Hilfe von Fanny Hensels Italienischem Tagebuch und Briefwechsel, im Spätherbst des vergangenen Jahres nach Oberitalien. Von dort brachte sie reichhaltige fotografische Eindrücke mit.

Und mfm begab sich 1988 auf die Suche nach der damals noch kaum bekannten “Schwester von” und konnte in diesem Jahr der Vereinsgründung im allerersten Konzert Fanny Hensels Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello mit überwältigendem Erfolg uraufführen. An dieses Konzert möchten wir mit dieser Femmage wieder anknüpfen.

Zu hören sind Klavierwerke und Lieder der Komponistin sowie Zitate aus ihrer Briefkorrespondenz:

Italien, op. 8 Nr. 3 (1825) Sopran und Klavier, Text: Franz Grillparzer
An Suleika (1825) Sopran und Klavier, Text: Johann Wolfgang Goethe
Notturno napolitano (1839/40?) Klavier solo
Hausgarten (1840) Sopran & Klavier, Text: Johann Wolfgang Goethe
Auszug aus: Einleitung zu lebenden Bildern (1841) Rezitation & Klavier, Text: Wilhelm Hensel
Gondellied, op. 1 Nr. 6 (1841) Sopran & Klavier, Text: Emanuel Geibel
Juni aus Das Jahr (1841) Klavier solo
Nachtwanderer, op. 7 Nr. 1 (1843) Sopran und Klavier, Text: Joseph von Eichendorff
Mélodie cis-moll op. 4/5 Nr. 2 (1846) Klavier solo

Diese Veranstaltung wird gefördert vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München

Corona und Cholera – wortgleich wiederholte Geschichte

Wiederholt sich Geschichte nur dann nicht, wenn man aus ihr gelernt hat? Geschichte wiederholt sich manchmal sehr, und manchmal sogar als ziemlich exakte Kopie, auch im Wortlaut zu Corona und Cholera, mit rund 170 Jahren an Überlegungszeit dazwischen. Das ist mir in meinen Forschungen, zu denen ich mehrere Augsburger Tageszeitungen der Jahre 1746 bis 1878 in Gänze (!) auf Musik-, Kultur- und andere hochinteressante Meldungen[1] abgraste,  in dieser Deutlichkeit so nur im folgenden historischen Bericht begegnet, den ich gestern auf Twitter analysiert habe. Da dieser Tweet dort viral ging, stelle ich die ganze Geschichte hier noch einmal etwas weiter ausgebaut zur Verfügung:

„Corona existiert nicht, es ist eine künstliche, von der Politik geschaffene Krankheit!“ – 2020 zigfach auf sog. Corona-Demos gehört. „Die Cholera existirt nicht, es ist eine künstliche, politische Krankheit!“ – O-Ton 1849. Frappierende Ähnlichkeit? Es gibt weitere!

Verschwörungstheorie von Corona und der Cholera im Wortlaut, Augsburger Tagblatt 1849
Verschwörungstheorie von Corona und der Cholera im Wortlaut, Augsburger Tagblatt 1849

Augsburger Tagblatt, No. 234. Montag 27. August 1849, S. 1209: „Paris, 22. Aug. In Rochefort ist es am 14. August zu traurigen Scenen gekommen. Die Cholera trat dort so furchtbar auf, daß sie verhältnißmäßig die große Zahl von 21 Opfern täglich forderte, und fast nur aus der untern Volksclasse.“

Ein Volk in der Gosse
Augsburg um 1835. Stahlstich von F. Höfer © Wikimedia.Commons (gemeinfrei)
Augsburg um 1835. Stahlstich von F. Höfer © Wikimedia.Commons (gemeinfrei)

Weil die „untere Volksclasse“ regelrecht in der Kloake lebte. Über Jahre wurde zum Beispiel in Augsburg darum gebeten, pestilenzialisch stinkende Kanäle zu reinigen und abzudecken (besonders betroffen: der Hunoldsgraben hinter dem Rathaus), den Kot, der auf Haufen in den Straßen gesammelt wurde, regelmäßiger wegzufahren. Die Stadt reagierte kaum darauf. Augsburg war noch einigermaßen gut dran, da das „Corona und Cholera – wortgleich wiederholte Geschichte“ weiterlesen

+Update+ “KOMPONISTINNEN” | Film-Doku

Premiere Komponistinnen im Babylon-Kino Berlin © Susanne Wosnitzka
Premiere Komponistinnen im Babylon-Kino Berlin © Susanne Wosnitzka

+++Update (Sept. 2020)+++
Komponistinnen war gleich in vier Kategorien für den OPUS-KLASSIK-PREIS 2020 nominiert und gewann in der Kategorie beste audiovisuelle Musikproduktion

+++Update (Feb. 2019)+++
“Musik steht in Claras [Clara Schumanns] ganzem Leben als  durchdringender Strom im Vordergrund, nicht Musik als faktische oder spekulative Funktionalisierung sozialen, ideologischen oder psychischer Teilbereiche. Das ist eine Stufe der Rezeption, die auch der hier in einer verkürzten Collage gezeigte Dokumentarfilm Komponistinnen (D 2018) von Tim van Beveren und Kyra Steckeweh einfordert und weitaus mehr bedeutet als die Würdigung von Komponistinnen unter politischen, emanzipatorischen oder anderen Implikationen: Deren Werke sollen mit der gleichen Selbstverständlichkeit rezipiert werden wie die Ouevres von Männern. Es geht nicht um Quoten, sondern um den Abbau des Legitimationsdrucks gegenüber dem Schaffen von Frauen generell. Dieser wird aber noch oft durch voreingenommene Wertungen verhindert.”
(nmz online, 10. Februar 2019) „+Update+ “KOMPONISTINNEN” | Film-Doku“ weiterlesen