Alte Augsburger Zeitungen in der Zeitung | Interview

Augsburger Zeitungen in der Zeitung? Vor ein paar Wochen besuchte ich das Konzert der Augsburger Pianistin Stephanie Knauer im Schaezlerpalais. Sie glänzte mit einem Strauß an historischen Komponistinnen wie Maria Teresa d’Agnesi Pinottini (1720–1795), Helene Riese (1795–1869), Cecilia Maria Barthélemon (ca. 1768 – nach 1827), Juliane Reichardt (1752–1783), Josepha (Josephine) Barbara von Auernhammer (1758–1820) sowie der Uraufführung eines Werks von Dorothea Hofmann in ihrer Hommage an die Blaugestrumpften. Darin spielte sie auf dem Neupert-Nachbau des historischen Flügels von Johann Andreas Stein, der original im Mozart-Haus steht. Auch ein Werk Ignaz von Beeckes (1733–1803) war dabei, der Johann Andreas Steins Tochter Nannette Klavierunterricht gab – wovon Wolfgang Amadé Mozart überhaupt nicht begeistert war, weil Beecke wohl kein guter Lehrer war.

Fruchtbare Kooperation

Das Interesse an Augsburger Geschichte und Komponistinnen verbindet mich uns Stephanie also – daher schlug Stephanie vor, zu mir und meinen Funden in historischen Augsburger Zeitungen ein Interview zu machen. Darin erzählte ich zu einer von mir aufgefundenen heißen Spur zu Beethovens und Mozart verschollenen Oboen-Konzerten, die aber hier in Augsburg aus Originalmanuskript von Ernst Krähmer im Stadttheater aufgeführt wurden. Oder wie Clara Schumann zu ihren Konzerten in Augsburg kam, wo sie möglicherweise übernachtete (und wo definitiv nicht), wer ihre Konzerte organisiert und wessen Flügel sie spielte. Ebenso mit Unbekanntem zu Franz Liszt, der nicht nur als Kind in der Lechstadt konzertierte. Also ganz aufregende Sachen, die aufhorchen ließen!

Stephanie Knauer: "Hier spielte die Musik im 18. und 19. Jahrhundert", in: Augsburger Allgemeine, Mittwoch 14. September 2022, Nr. 212, S. 29.
Stephanie Knauer: “Hier spielte die Musik im 18. und 19. Jahrhundert”, in: Augsburger Allgemeine, Mittwoch 14. September 2022, Nr. 212, S. 29.

Und so erschien dieser Artikel in Großformat auf halber Seite gestern am 14. September 2022 in der Augsburger Allgemeinen, zu dem bereits ein Echo vorliegt und zu neuen Ideen für Konzerte und Vorträge in Augsburg zu völlig unbekannter musikalisch-gesellschaftlich-sozialer Geschichte führen kann. Bleiben Sie also dran!

Diesen Artikel gibt es auch online als AZ-Plus-Artikel.

Tantiemen für Caroline van Beethoven

Ludwig van Beethoven und das liebe Geld. Zeitlebens musste er dafür kämpfen, für seine Kompositionen anständig bezahlt zu werden. Tantiemen, die pro Aufführung/Druck einen Anteil gewährten, gab es damals noch nicht. Und doch bekam Beethoven Tantiemen. DIE Beethoven! Eine Frau? Ja!

Nämlich Caroline van Beethoven (1808–1891), die Frau seines Neffen Karl (1806–1858). Zwar ist bekannt, dass man für die sehr verarmte Frau in Wien Spenden durch Benefizkonzerte sammelte, wohl aber noch nicht, dass sie von München aus sogar Tantiemen erhielt für jede Aufführung von Ludwig van Beethovens Fidelio im Münchner Hoftheater: Fünf Prozent der Einnahmen auf die Dauer von zwei Jahren. „Tantiemen für Caroline van Beethoven“ weiterlesen

Beethovens & Mozarts verschollenes Oboenkonzert – Spur in Augsburg

Oboenkonzert von Beethoven UND Mozart – heiße Spur in Augsburg © Collage mit Bildern der wikimedia.commons (gemeinfrei)
Oboenkonzert von Beethoven UND Mozart – heiße Spur in Augsburg © Collage mit Bildern der wikimedia.commons (gemeinfrei)

Seit 2002 gibt es nichts Neues mehr zu Beethovens verschollenem Oboenkonzert, von dem nur noch Stückelwerk existiert. Das originale Manuskript zu Mozarts Oboenkonzert fehlt ebenfalls – komplett. Auch Abschriften oder einzelne Teile davon sind nicht bekannt, von Mozarts Werk besteht immerhin eine Kopie in Salzburg. Ein Zufall, dass beide Originale fehlen? Nein. Ob man mit meinen neuen Spuren diesem alten Rätsel der Musikwissenschaft nun auf die Spur kommen kann?

2017 wurde in Salzburg ein Hinweis auf das Mozartsche Werk entdeckt – dort wurde es zumindest gespielt, aus dem Originalmanuskript. Ab da verlief sich die Spur wieder. Bis jetzt. Im Spätsommer 2019 fand ich erste weitere Hinweise durch meine langjährige Beschäftigung mit historischen Augsburger Tageszeitungen, von denen ich bislang neun zwischen 1746 und 1885 auf Musik- und andere interessante Meldungen untersucht habe.

Geheimnis in der unteren Altstadt?

Dadurch weiß ich, wo sich beide Original-Manuskripte zeitgleich befunden haben. Nicht bei Diabelli oder Artaria in Wien, sondern – genau – in Augsburg. Und sie standen dort in Zusammenhang mit dem Wirken des bislang völlig unbekannten Oboisten und Flötisten des historischen Augsburger Stadttheaters – Konrad Reichardt –, der auf diese Werke ein Auge hatte oder – wenn er schlau genug war (und das war er) – sich Abschriften davon angefertigt haben könnte! Und wer beide Werke nach Augsburg brachte, wo sie gespielt wurden und wie sie beim Publikum ankamen. Konrad Reichardt war nämlich der Schüler einer ganz, ganz großen musikalischen Wiener Ikone der Zeit: Ernest Krähmer. „Beethovens & Mozarts verschollenes Oboenkonzert – Spur in Augsburg“ weiterlesen

Caroline von Staudt – Augsburger Claviervirtuosin mit seltener Bravour

Wie entdeckt man eine unbekannte, verschollen gegangene Pianistin des 19. Jahrhunderts – Caroline von Staudt? Indem man nicht gezielt danach sucht. Sie kennen das: Man stöbert vielleicht jahrelang nach der großen Liebe in irgendwelchen Paar-Foren und Handy-Apps und zeigt sich da von seiner geschlecktesten Seite, findet dann seine große Liebe aber an der Supermarktkasse im Jogginganzug.

So ähnlich finde ich meine ‚Liebschaften‘: Meist im gemütlichen Outfit am Schreibtisch und im Scrollen durch historische Zeitungen. So auch in diesem Fall. In diesem Fall fanden sich aber zusätzlich klavierspielende und komponierende (!) Nachfahrinnen, die bislang nichts von ihrer musikalischen Vorfahrin wussten. Also alles wahnsinnig aufregend und für die heutige Familie von Staudt spektakulär! Und so kam es dazu: „Caroline von Staudt – Augsburger Claviervirtuosin mit seltener Bravour“ weiterlesen

Nannette Streicher: Star des Moselmusikfestivals 2021 | Podcastvideo

Nannette Streicher. Tuschezeichnung von Ludwig Krones, 1836. © Wikimedia.Commons (gemeinfrei)
Nannette Streicher. Tuschezeichnung von Ludwig Krones, 1836. © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Nannette Streicher (1769–1833) – die bedeutendste Klavierbauerin aller Zeiten. Und Sängerin war sie auch noch und Pianistin und Komponistin und Übersetzerin und – da kann man schon mal ins Schwärmen kommen – was wäre Beethoven ohne sie gewesen und wie konnte die Stadt Augsburg ihren 250. Geburtstag nur so schändlich vergessen! Hach! Jetzt aber ist sie wieder voll da!

Im Frühling 2021 wurde ich vom Moselmusikfestival Trier angeschrieben, das ein Programm zu Nannette Streicher plane, weil in der Nähe – in Traben-Trarbach – ein originaler und zudem wunderschöner Konzertflügel von Nannette Streicher steht, der es wert ist, gehört zu werden. Und durch etwas Recherche sind Intendant Tobias Scharfenberger und Ideengeberin/Koordinatorin/Sängerin Charlotte Jarosch von Schweder dann schnell auf mich gekommen; wir fanden schnell heraus, dass wir in dieser Hinsicht ganz gut zusammenpassen, da ich bereits zu Nannette Streicher geforscht und publiziert habe, und so reiste ich Ende Juni zu Dreharbeiten nach Trier. „Nannette Streicher: Star des Moselmusikfestivals 2021 | Podcastvideo“ weiterlesen

Beethoven und ich – Die Erinnerung der Langsamkeit

Jetzt. Ich tippe konzentriert interessante historische Zeitungsmeldungen ab. Um meine geräuschfreie Ruhe zu haben, habe ich zuvor meine Hörgeräte herausgenommen und meine Kopfhörer aufgesetzt. Meistens höre ich neben dieser Recherche- und Forschungsarbeit eine Geschichtsdokumentation, ein Hörspiel oder – seltener – Musik.

Musik ist für mich meist dann furchtbar ablenkend, wenn ich über Musik nachdenke. Das ist dann in etwa so störend, wie Besteckschieben über Porzellan, obwohl Musikhören und Musikdenken an und für sich schön sind. Eigentlich wollte ich heute nur Samuel Barbers Agnus dei nebenbei haben, das auf die vielen zauberhaften, aber teils auch schrecklichen Meldungen historischer Zeiten im stetigen Wechsel so gut passt. Und das je nach Stimmung im Dauer-Repeat. Heute sollte es also Dauer-Repeat sein.

Aber heute ist daran etwas anders. Statt Dauer-Repeat läuft aus Versehen ein Mix mit aufeinanderfolgenden YouTube-Musikvideos. Deshalb folgt auf dieses Agnus dei der zweite Satz aus Beethovens Klavierkonzert Nr. 5, und zwar mit dem London Festival Orchestra und Sylvia Čápová-Vizváry am Flügel.

Weil ich gerade höchst konzentriert am Abtippen bin, lasse ich diese Musik trotzdem weiterlaufen. Und denke nach dem Orchesterintro nach der ersten Abwärtsbewegung der darauf einsetzenden Klaviertöne genervt: „Uff, schlaf halt ein beim Spielen“. Eine der langsamsten Interpretationen dieses Werks, die ich je gehört habe. „Beethoven und ich – Die Erinnerung der Langsamkeit“ weiterlesen

+++abgesagt+++ Frauenmusikgeschichte: Ein Überblick | Vortrag in Stuttgart

+++abgesagt+++
Frauenmusikgeschichte: Ein Überblick | Vortrag

Freitag, 25. September 2020 | SARAH Frauenzentrum, Johannesstr. 13, 70176 Stuttgart, 20:00 Uhr, Eintritt 8 € (erm. 6 €)

Komponistinnen – eine „seltene Spezies“? Jeder kennt Haydn, Mozart, Beethoven – es braucht nur den Nachnamen, um zu wissen, woran man ist. Aber wer kennt Mayer, Boulanger, Strozzi? Wir sind umgeben von Kunst, Kultur und Musik, aber wessen Kultur erleben wir eigentlich, wenn wir bewusst oder unbewusst davon umhüllt werden? Was davon nehmen wir wahr? Welchen Anteil hat die Frauenmusikgeschichte an der gesamten Kulturgeschichte? Welchen besonders die Komponistinnen? Und warum bekommt man davon so wenig mit?

Dieser Vortrag soll die Lust auf Unbekanntes wecken, auf unbekanntes Schönes, Hochwertigstes, Gleichberechtigtes auch im Sinne von Gleichwertigkeit – als höchst Wissenswertes, gerade auch, wenn es um Wissensvermittlung im Unterricht geht. Wenn es darum geht, dass auch Kinder tolle weibliche Vorbilder haben können.

Gehen Sie mit auf eine Zeitreise vom 8. Jahrhundert bis heute: Was trug dazu bei, dass die Leistungen von Frauen so unsichtbar gemacht wurden? Wo und wann lagen die Schwerpunkte hin zu einer Wendung im Musik- und Gleichberechtigungsbewusstsein? Was ist noch zu tun auf diesem Weg? Was haben die concerti delle donne mit den Spice Girls zu tun?

Alle weiteren Infos zu dieser Veranstaltung, zu Barrierefreiheit und Corona-Regeln finden Sie direkt auf der Website des SARAH

Grenzgänge – Wege zum historischen Stadttheater Augsburg

Wertachbrucker Tor © Susanne Wosnitzka
Wertachbrucker Tor © Susanne Wosnitzka

Auf der Trennlinie zwischen Stadt und Vorstadt lässt sich manches entdecken, das einem entlang der Hauptstraßen in die Stadt verborgen bleibt. In meiner Dissertation über die Musikgeschichte der Goldenen Traube spielt auch das historische alte Stadttheater am Lauterlech eine bedeutende Rolle, zu dem ich heute mit euch spazieren will.

Stadttheater und Goldene Traube

In der Goldenen Traube übernachteten die meisten Künstler:innen, die Auftritte im Stadttheater oder in der Goldenen Traube hatten: Letztere bot gleich drei Konzertsäle: Einen kleinen Saal, einen runden – den Rotunda-Saal – und den großen Apollo-Saal, in den bei Festlichkeiten über 1.000 Personen passten, während im Theater „nur“ Platz für rund 900 Personen war. Leider gibt es bis heute keine umfassende moderne Publikation zur Augsburger Theatergeschichte. Diese stückelt sich bislang aus Einzeldarstellungen und historischem Material. Eine hochinformative Quelle zu Anekdoten, Aufführungen, Besetzungen und der Theaterleitung sind Augsburger Tageszeitungen wie zum Beispiel das Intelligenz-Blatt und das Tagblatt, die ich für meine Recherchen der Jahre 1746 bis 1852 auf Musik- und Kulturnachrichten durchforstet habe. In Ersterem wird ersichtlich, welche Künstler:innen wo übernachtet hatten und wann sie angekommen sind; in den anderen Zeitungen gibt es Konzert- und Theaterankündigungen sowie Rezensionen und Rückschauen sowie vielfach Berichte, an denen man ablesen kann, wie sich die Augsburger Theater- und Orchesterlandschaft über Jahrzehnte geformt hat zu dem, was sie heute ist. Dazu später mehr. „Grenzgänge – Wege zum historischen Stadttheater Augsburg“ weiterlesen

Nannette Streicher – die Frau, die zweimal feiern könnte, aber…

Nannette Streicher. Tuschezeichnung von Ludwig Krones 1836 © Wikimedia.Commons (gemeinfrei)
Nannette Streicher. Tuschezeichnung von Ludwig Krones 1836 © Wikimedia.Commons (gemeinfrei)

This blogtext is now available in English! Thanks to Gabriella Di Laccio and DONNE | Women in Music for the kind support!

… offenbar von niemandem gefeiert wird. Weder in ihrer Heimatstadt Augsburg noch in Wien und anderen Klassikkreisen wird Nannette Streichers diesjähriger 250. Geburtstag (2. Januar 1769) gefeiert oder wertgeschätzt, obwohl die Musikkulturwelt ohne sie und ihr Instrumentenbaugenie wesentlich ärmer geblieben wäre. Sie ist eine der sog. „vergessenen“ Frauen bzw. deren Leistungen nach ihrem Tod bagatellisiert und/oder wie beiläufig abgetan und dadurch lange von der Musikgeschichtsschreibung übergangen wurde.

Das heute eher beschaulich wirkende Augsburg war zu Nannettes Lebzeiten ein geradezu begehrter Schmelztiegel der Kulturgeschichte. Besonders die Goldene Traube in der heutigen Maximilianstraße (damals Weinmarkt) mit mehreren Konzert- und Veranstaltungssälen war Hauptumschlagsplatz bürgerlicher Musikkultur neben dem privaten Fuggerischen Konzertsaal, der ums Eck am Zeugplatz lag, und den Sälen der Zunfthäuser, in denen Veranstaltungen der bürgerlichen Collegia musica stattfanden. Daneben war Augsburg hochbedeutendes Zentrum des Presse- und Verlagswesens, auch durch die Musikverlagshäuser von Johann Jakob Lotter, Anton Böhm & Sohn und später Andreas Gitter[1]. „Nannette Streicher – die Frau, die zweimal feiern könnte, aber…“ weiterlesen

Augsburger Persönlichkeiten | Vortrag

Nannette Streicher geb. Stein (17691833, Klavierbauerin, Pianistin, Sängerin und Komponistin), Anna von Schaden (17631834, Pianistin, Komponistin), Susanna Jacobina Jungert (17411799, Sopranistin), Hortense de Beauharnais (u. a. Königin von Holland, auch Komponistin, 17831837), Eleonore Schikaneder (17511821) und Madame Voltolini (~1790) – innovative Schauspieldirektorinnen mit Open-Air-Theater. Ohne Nannette Streichers Flügel hätte Ludwig an Beethoven seine besten Werke für Klavier wohl nie geschrieben, wie er selbst einmal sagte. Mit ihrem Bruder Matthäus Andreas Stein und ihrem Mann Johann Andreas Streicher, der bester Freund Friedrich Schillers war, führte sie in Wien die Ideen und Geschäfte ihres für den Pianoforte-Bau bedeutenden Vaters Johann Andreas Stein fort, hatte in Wien einen eigenen Musiksalon, in dem sie u.a. auch Carl Maria von Weber förderte. Anna von Schaden war Berufsmusikerin am Hof von Oettingen-Wallerstein und eng mit Nannette Streicher befreundet. Susanna Jacobina Jungert war Künstlerische Leiterin der Augsburger “musicübenden und -liebenden Gesellschaft” und war verantwortlich für die Augsburger Erstaufführungen einiger berühmten Werke. Weitere Frauenbiografien zeigen einen dichten Teppich an Vernetzung und Musikleben in dieser bedeutenden Reichsstadt.

Kosten:
VB (einzelne Vorträge ca. 90 Minuten; Anreise/Übernachtung exklusive)

Ideal für Kulturzentren, Firmenfeierlichkeiten, private Feste wie Geburtstage etc. – beschenken Sie einen Freund/eine Freundin oder Ihre Kundinnen und Kunden mit einem Vortrag aus meinem Repertoire | Hausvorführungen möglich – Beamer und weitere technische Gerätschaften vorhanden