Seit 2002 gibt es nichts Neues mehr zu Beethovens verschollenem Oboenkonzert, von dem nur noch Stückelwerk existiert. Das originale Manuskript zu Mozarts Oboenkonzert fehlt ebenfalls – komplett. Auch Abschriften oder einzelne Teile davon sind nicht bekannt, von Mozarts Werk besteht immerhin eine Kopie in Salzburg. Ein Zufall, dass beide Originale fehlen? Nein. Ob man mit meinen neuen Spuren diesem alten Rätsel der Musikwissenschaft nun auf die Spur kommen kann?
2017 wurde in Salzburg ein Hinweis auf das Mozartsche Werk entdeckt – dort wurde es zumindest gespielt, aus dem Originalmanuskript. Ab da verlief sich die Spur wieder. Bis jetzt. Im Spätsommer 2019 fand ich erste weitere Hinweise durch meine langjährige Beschäftigung mit historischen Augsburger Tageszeitungen, von denen ich bislang neun zwischen 1746 und 1885 auf Musik- und andere interessante Meldungen untersucht habe.
Geheimnis in der unteren Altstadt?
Dadurch weiß ich, wo sich beide Original-Manuskripte zeitgleich befunden haben. Nicht bei Diabelli oder Artaria in Wien, sondern – genau – in Augsburg. Und sie standen dort in Zusammenhang mit dem Wirken des bislang völlig unbekannten Oboisten und Flötisten des historischen Augsburger Stadttheaters – Konrad Reichardt –, der auf diese Werke ein Auge hatte oder – wenn er schlau genug war (und das war er) – sich Abschriften davon angefertigt haben könnte! Und wer beide Werke nach Augsburg brachte, wo sie gespielt wurden und wie sie beim Publikum ankamen. Konrad Reichardt war nämlich der Schüler einer ganz, ganz großen musikalischen Wiener Ikone der Zeit: Ernest Krähmer. „Beethovens & Mozarts verschollenes Oboenkonzert – Spur in Augsburg“ weiterlesen
Leopold Kompert (1822–1886) – Wiener Schriftsteller, der seinerzeit besonders für seine Geschichten aus dem Ghetto gefeiert wurde, ist heute so gut wie nicht mehr im Gespräch oder nur noch Kennern und Kennerinnen der Literatur- bzw. jüdischen Geschichte geläufig. Er hatte es geschafft, sich als Sohn eines Wollhändlers nach ganz oben zu arbeiten, so zum Beispiel als Erzieher der Kinder von Graf Andrássy oder als Feuilletonredakteur und Herausgeber des Österreichischen Lloyd, verfasste u. a. auch jüdische Horrorgeschichten wie Nicht sterben können und war Mitgründer des Wiener Stadttheaters, das bis 1960/61 in der Leopoldstadt bestand.[1] 1857 heiratete er die Sozialarbeiterin, Feministin und Vereinsfunktionärin Marie geb. Löwy/Levy verwitwete Pollak (1821–1892), die am 2. Juni 1866 in Wien u. a. den so bedeutenden Frauenerwerbsverein gegründet hatte, der durch weitere Agitation Tausenden von Mädchen und jungen Frauen Bildungs- und Erwerbsmöglichkeiten verschaffte. Dieses Datum ist hier von Interesse, denn ihre ledige Tochter Ida, um die es hier eigentlich geht, hatte sich als 18Jährige knappe zweieinhalb Monate zuvor ums Leben gebracht: War Ida selbst Betroffene für diese schwierigen Umstände? War dies (mit) ein Grund für Ida, aus dem Leben zu scheiden? Und damit ggf. der letzte das Fass zum Überlaufen bringende Tropfen für ihre Mutter, sich aktiv auch für andere junge Frauen einzusetzen?
Fehlende Kompert-Pollak-Kinder
Marie brachte aus ihrer vorangehenden Ehe mit Ludwig Samuel Pollak (1804–1848) in ihre neue Ehe mit Leopold Kompert zwei (lebende) Töchter mit: Emma (später verh. Kunwald) und Ida Pollak.[2] Die Töchter spielten in der Außenwirkung bzw. in den Wikipedia- und anderen Lexikon-Artikeln von Leopold Kompert und Marie Pollak bis jetzt noch keine Rolle. Niemand scheint sich bislang mit deren Schicksal auseinandergesetzt zu haben – bis heute Vormittag. Beim Durchlesen einer Augsburger Zeitung aus dem Jahr 1866 blieb ich an einem Bericht eines Suizids hängen, der extrem drastisch geschildert worden war. Damals herrschte in den Zeitungen zwar mehr oder weniger noch Zensur; keine Scheu aber hatte man vor detaillierten Schilderungen von Unfällen, Morden oder Hinrichtungen bis hin zum letzten Zucken oder selbst der Beschaffenheit von Wundrändern. Daher an dieser Stelle schonmal eine Vorwarnung vor dem, was gleich noch kommt.
Diesen Suizid betraf eine der Töchter Marie Komperts, nämlich Ida. Allzu viel konnte ich über Letztere nicht herausbekommen, nur, dass sie im Oktober 1862 als Privatiere – jemand, der oder die durch Grundbesitz oder Geldhaben nicht arbeiten musste – ein Konkurs-Verfahren am Hals hatte[3] und einer Elise Forstinger noch im Jahr 1866 wofür auch immer 170 Gulden schuldete – damals eine Menge Geld.[4]
Ein Suizid und seine Folgen
Nun könnte man denken, dass das eventuell das Motiv ihres Suizids war, aber schauen wir noch weiter, denn ihr Stiefvater war nicht gerade arm, war er doch mit seiner Familie erst in den mondänen Neubau am Kolowratring Nr. 8 (seit 1928 Schubertring Nr. 8) gezogen.[5] Ida Pollak taucht erst wieder durch ihren Suizid in den Wiener Zeitungen auf, der damals die Stadt schockte und Tagesgespräch war.
Zu Suiziden dieser Zeit muss man wissen: Menschen, die sich selbst ums Leben brachten, waren im Tode geächtet. Weil sie das höchste Geschenk Gottes – das Leben – abgelehnt bzw. zurückgewiesen hatten, hatten sie eigentlich kein Recht in geweihter Erde ordentlich auf einem Friedhof begraben zu werden. Selbstmörder verscharrte man daher noch lange in irgendeinem Winkel fernab ‚anständiger‘ Leichen oder irgendwo jenseits der Friedhofsmauern. In einigen Fällen, die aus Augsburger Zeitungen wieder ans Tageslicht gekommen sind, sorgte aber Zivilcourage und Menschlichkeit dafür, dass auch solche armen Leute doch noch anständig unter die Erde kamen, auch wenn Pfarrer oder Priester ihnen das Bimmeln des Sterbeglöckchens verwehrten oder gar den Klöppel der Glocke zuvor abnahmen. Daher brachte jeder Suizid auch Schande über eine Familie, die dadurch beäugt wurde, als habe sie ihre Mitglieder nicht zu ordentlichen Gläubigen erzogen, für die Suizid selbstverständlich tabu war. Sehr ähnlich verhielt bzw. verhält es sich zum gleichen Thema im Judentum, weil nur G’tt ein Leben (durch natürlichen Tod, Krankheit oder Unfall) beenden kann: „Um Götzendienst zu vermeiden, um Inzest zu vermeiden und um die Ermordung eines anderen zu vermeiden, darf man sich töten lassen oder sich selbst das Leben nehmen.“[6]
Die Handvoll zu Ida Pollak vorhandenen Meldungen erzählen, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes 18 Jahre alt und „eine liebliche Blume im Saronsthale“ war, die „unter dem Sonnenblick mütterlicher Liebe und Sorgfalt emporgewachsen, genährt vom Thaue geistiger Bildung und Lehre, begünstigt von einem freundlichen Geschicke, von der Natur mit den reichsten Gaben geschmückt“ gewesen sei. Ida Pollak habe „in Dr. Kompert, dem zartbesaiteten Dichter, der dem Menschenherzen so innig lauscht, den Erzieher und Pfleger des Geistes, den Vater ihrer Seele, der wohl den leiblichen Vater an Zärtlichkeit überbietet“ gehabt.[7]
Nichtsdestotrotz begab sich „Fräulein Pollak um die Mittagsstunde [des 24. März 1866] aus ihrem im dritten Stock in der Kompert’schen Wohnung gelegenen Zimmer in den vierten Stock zu Frau Winter. Sie fragte das Stubenmädchen nach Frau Winter, welche alsbald erschien und sich nach dem Begehren des Fräuleins erkundigte. Mit der größten Ruhe erwiderte die Gefragte: „Das oberhalb meines Zimmers befindliche Fenster Ihrer Wohnung macht stets einen so störenden Lärm; ich wollte Sie daher um Erlaubniß bitten, nach der Ursache dieses Lärms zu forschen.“ In der zuvorkommendsten Weise führte Frau Winter Fräulein Ida zu dem fraglichen Fenster. Die junge Dame ging anfangs mit langsamen Schritten gegen das Fenster zu, beschleunigte dann plötzlich ihren Gang, riß das Fenster weit auf, schwang sich auf die Brüstung und mit dem Rufe: „So ist’s recht!“ stürzte sie sich in den Hofraum hinab. Die zu Tode erschreckte Nachbarin sank ohnmächtig zusammen. Die entsetzliche That war mit einer solchen Hast vollbracht worden, daß sie geschehen war, bevor noch Frau Winter eine Ahnung von dem Vorhaben der unglücklichen Selbstmörderin hatte. Frau Winter gewann bald die nöthige Fassung und schickte ihr Mädchen in die Wohnung des Herrn Kompert hinab, um die Angehörigen der Unglücklichen von dem Geschehenen in Kenntniß zu setzen. Das im Comptoir des Herrn Skene beschäftigte Personal hatte den Sturz der Unglücklichen bemerkt und war in den Hofraum hinausgestürzt. Dort lag bereits der zeschmetterte Körper der jungen Selbstmörderin inmitten einer großen Blutlache, mit dem Gesichte auf dem Pflaster. Der Schädel war zertrümmert. Der linke Arm zerspittert. Ein leises Röcheln hob ihre Brust. Man trug die Sterbende an den Brunnen und begoß sie mit frischem Wasser. In demselben Moment trat Dr. Kompert in den Hofraum. Er kam von auswärts, wußte noch nichts von dem Vorgefallenen, und neugierig gemacht durch die große Anzahl der im Hofe befindlichen Personen war er hinzugetreten. Auch als er die blutige Masse bemerkt hatte, ahnte er nicht, daß es seine Tochter war, welche die vielen Leute so beschäftigte, daß sie den Neuhinzugetretenen nicht bemerkten. Plötzlich fällt sein Auge auf den Shawl des unglücklichen Mädchens. Mit einem Schrei des Entsetzens stürzt er über den unkenntlichen Ueberresten seines Kindes zusammen.“[8]
Was für ein Horror! Wie es Idas leiblicher Mutter Marie und ihren Schwestern dabei ging, erfahren wir aus den Zeitungen nicht. Eine anschließende Obduktion im k. k. allgemeinen Krankenhaus ergab – und das ist für die weitere Bestattung bzw. das Ansehen der Leiche entscheidend – eine „Erweichung der Hirnhäute, daher ihre That als Folge einer Geistesstörung anzusehen ist.“[9] Also ein Suizid in Unzurechnungsfähigkeit und möglicherweise ohne vorher vorhandenes direktes oder lange geplantes und vorbereitetes Motiv. Allerdings schien Ida Pollak einige Tage vor ihrem Tod „sehr melancholisch und reizbar“ gewesen zu sein – andere Motive waren auch der Linzer Tages-Post nicht bekannt.[10]
Der Neuzeit nach erhielt Ida Pollak eine rührende und ergreifende Einsegnung von Dr. Adolf Jellinek (1820/21–1893), einem liberalen Rabbiner und Prediger des Leopoldstädter Tempels in Wien.[11] Wo genau Ida Pollak bestattet wurde, konnte ich (noch) nicht herausfinden, aber wahrscheinlich wie ihre Eltern im jüdisch-israelitischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs. Am Grabstein von Leopold und Marie Kompert finden sich aber keine Hinweise auf die Töchter Maries oder ggf. weiterer (gemeinsamer) Kinder. Dazu müsste in den weiteren Akten der Zentralfriedhofsverwaltung angefragt werden. Ich werde die Wikipedia-Artikel zu Leopold und Marie Kompert noch um die Namen der Töchter ergänzen, damit die Familie auch hier sichtbar wieder zusammen ist.
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Heute erscheint bei Berlin Classics diese grandiose Produktion der Pianistin Ragna Schirmer – die Sie bestimmt schon als Clara-Schumann-Expertin kennen – mit der wohl zum ersten Mal korrekt (!) eingespielten Fantasie G-Dur der blinden Wiener Komponistin Maria Theresia Paradis (1759–1824) auf dem einzigen (!) erhaltenen Böhm-Hammerflügel mit Orgelregister (1821). Korrekt deshalb, weil sich in einer moderneren Print-Version dieses Werks musikalische Fehler befinden. Beim Einstudieren der Noten bemerkte Ragna Schirmer diesen Umstand und hat mich daraufhin wenige Tage vor der CD-Aufnahme, die u. a. in Augsburg im Kleinen Goldenen Saal mit der Hofkapelle München unter Leitung von Rüdiger Lotter stattfand – kontaktiert. Auf die Schnelle konnte ich ihr aus dem Repertoire des Archivs Frau und Musik eine Kopie der Originalhandschrift (die sich in der ÖNB in Wien befindet) besorgen, die dann für die Einspielung auch verwendet werden konnte.
Nah am Original
Dass Ragna Schirmer ein Originalinstrument für die Aufnahmen wollte – bestens! Im CD-Booklet schreibt sie dazu: „Da sich die G-Dur-Fantasie der Paradis im Mittelteil auf ein Andante von Abbé Georg Joseph Vogler bezieht und dieser Teil separat sogar als Orgelstück herausgegeben wurrde, habe ich mich entschieden, einen Flügel von Joseph Böhm zu verwenden, der über eine eingebaute Orgel verfügt, die ich zu- und ausschalten kann, während ich spiele.“ Für die Einspielungen der anderen Werke war ein sehr feiner Nachbau eines Anton-Walter-Flügels von ca. 1781 des Greifenberger Instituts für Musikinstrumentenkunde im Einsatz, also ein Klang aus Maria Theresia Paradis‘ Lebenszeit!
Es lohnt sich also sehr, die CD zu gönnen wegen der tollen Zusatzinformationen, die es bei Streamingdiensten nicht gibt. Abbé Vogler war zudem Maria Theresia Paradis‘ großes Vorbild! Hier passt also alles zusammen, was auch zusammengehört! Hier gibts auch noch ein Interview von BR Klassik (12. Mai 2025) mit Ragna Schirmer zu weiteren Feinheiten der historischen Flügel und was Maria Theresia Paradis so besonders macht.
Spontanes Paradis
Jedenfalls lud mich Ragna Schirmer zu ihrem Augsburger Paradis-Konzert (Augsburger Allgemeine, 8. September 2024) ein, vor dem ich spontan einen kurzen Einführungsvortrag zu Maria Theresia Paradis‘ Augsburg-Bezug und zum Augsburger Konzertleben ihrer Zeit geben durfte, denn diese so wichtige Künstlerin war auf Durchreise kurz vor Silvester 1783 während ihrer Europa-Tournee in der Lechstadt, und zwar fast zeitgleich mit ihrem Lehrer Antonio Salieri, den ich dort als Übernachtungsgast in der Goldenen Traube auf Durchreise nach Paris zu einem eiligen Auftrag erstmals nachweisen kann. Maria Theresia Paradis selbst nächtigte mit ihrer Mutter im Weißen Lamm, wo noch eine Gedenktafel zu ihrem Aufenthalt und dem Beethovens – neben Goethe und Mozart – fehlt:
„Ihre das Konzert einleitende Ouvertüre zum (ansonsten verschollenen) Singspiel Der Schulkandidat ließ sofort aufhorchen. […] Wie Ragna Schirmer in der wunderbar zwischen volksliedhafter Einfachheit und dramatischer Eskalation mäandernden Fantasie das Potenzial von Maria Theresia Paradis vorführte, wurde vom Publikum zu Recht bejubelt. Mozarts für Paradis geschriebenes Klavierkonzert B-Dur KV 456, eher selten zu hören, machte zuletzt durch die überragende Tastenkunst von Ragna Schirmer und die satte Klangsinnlichkeit von Rüdiger Lotters Hofkapelle den Porträtabend perfekt. Beifallsstürme.“
Auf der CD finden sich auch das recht selten gespielte Mozart-Klavierkonzert Nr. 18 B-Dur KV 456, das er für sie geschrieben und nach Paris bzw. London hinterherschicken ließ, sowie das Konzert für Klavier und Streicher Nr. 4 G-Dur von Joseph Haydn (mit extra für Ragna Schirmer neu komponierter Kadenz von Timo Jouko Herrmann), das sie auf ihrer Reise, die sie bis nach London führte, gespielt hat. Außerdem einleitend Maria Theresia Paradis‘ Ouvertüre zu ihrem Singspiel Der Schulkanditat (1792), dem leider kein Erfolg beschieden war. Aus meiner Feder findet ihr im CD-Booklet den biographischen Teil.
Pionierin der Blindenschrift
Diese CD-Produktion steht auch und besonders im Zeichen der Braille’schen Blindenschrift, die dieses Jahr seit 200 Jahren existiert. Erfunden hat die Punkteschrift Louis Braille, der als blinder Betroffener eine heute universelle Schriftsprache damit schuf. Diese kommt aber nicht von ungefähr: Als Maria Theresia Paradis sich für einige Zeit in Paris aufhielt, wo sie auch zusammen mit Königin Marie Antoinette konzertierte, war auch Valentin Haüy im Publikum, der sich mit der Idee einer noch zu gründenden Blindenschule herumschlug, aber nicht recht wusste, wie er als Sehender darin lehren sollte.
Als er Maria Theresia Paradis danach fragte, wie sie das genau mache mit dem Briefe- und Notenschreiben, zeigte sie ihm ihr System – einen Setzkasten –, das sie mit dem berühmten Mechaniker Wolfgang van Kempelen („Schachtürke“-Automat) in den 1770er Jahren und dann auch mit ihrem Lebensgefährten Johann Riedinger hin zu einem Noten-Griffbrett weiter entwickelt hatte: Also etwas zum Ertasten der Notenwerte durch verschiedenartige Ausprägungen einer Oberfläche – für ihre blinden Schülerinnen zum buchstäblichen Be-Greifen. Davon begeistert, griff Haüy dieses System auf, das sein Schüler Braille dann vervollkommnete. Daher ist Maria Theresia Paradis eine wahre Pionierin des Blindenschriftsystems, das wir heute kennen! Mehr dazu – auch zu Maria Theresia Paradis‘ zeitweiser Heilung als riesen Sensation – können Sie hier nachlesen.
Ragna Schirmer und ich waren im Januar 2025 in Wien vor Ort und dort auf den Spuren von Maria Theresia Paradis, so zum Beispiel vor ihrem ehemaligen Wohnhaus am Franziskanerplatz Nr. 1, in der Augustinerkirche, wo sie regelmäßig Orgel spielte und sang – und auch Kaiserin Maria Theresia und den späteren Kaiser Joseph II. von sich überzeugte – und auf dem St. Marxer Friedhof, wo ihr Grab nur leider nicht mehr erhalten ist.
In der Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums sahen wir – neben Flügeln aus dem Besitz Clara Schumanns und aus der Werkstatt von Beethovens Klavierbauerin Nannette Streicher – Maria Theresia Paradis‘ originales als auch nachgebautes Griffbrett: Letzteres konnte man selbst austesten bzw. austasten. Das Highlight der Kurzreise aber war der Besuch der Wien-Bibliothek im Rathaus, wo wir das Original von Maria Theresia Paradis‘ sogenannten Stammbuch anschauen und darin blättern durften, das nun restauriert wird. Außerdem ist in der nun neuen Ausstellung des Wien Museums endlich die restaurierte Wachsbüste von Maria Theresia Paradis zu sehen, die sich einst in einer Blindenschule befand. Ihr quasi fast lebendig von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen, war sehr faszinierend.
In ihrem Stammbuch befinden sich Hunderte Eintragungen von Leuten, die ihr im Lauf ihrer Reise und auch noch danach begegnet sind, sowie Zeichnungen, die sie selbst darstellen. Eine davon – angefertigt von ihrer Schülerin Fanny Diwald – findet sich als Coverbild auf der CD. Fanny Diwald war die Nichte ihrer Haushälterin; dieser wohl letzten Schülerin hat Maria Theresia Paradis auch ihren Joseph-Brodmann-Flügel vermacht, der heute als verschollen gilt. Weil Maria Theresia Paradis sehr verarmt gestorben ist, wurden nach ihrem Tod viele Gegenstände, die sich in ihrem Haushalt befanden, verkauft. Darum existiert heute nur noch ein Bruchteil von ihrem Leben und Schaffen.
P.S.: Ja, Maria Theresia Paradis war nicht adelig. Dass man sie zu Lebzeiten als „von Paradis“ bezeichnete, war nur eine Art Ehrenbezeugung. Hermann Josef Ullrich hat diesen angeblichen Adelsstand bereits in den 1960er Jahren eindeutig widerlegt.
Zum Weiterlesen
♣ Susanne Wosnitzka: Sehen im Nicht-Sehen. Die Geschichte der Maria Theresia Paradis (bzw-weiterdenken.de)
♣ Marion Fürst/Barbara Kollenbach: Maria Theresia Paradis (Instrumentalistinnen-Lexikon Sophie Drinker Institut)
♣ Marion Fürst: Maria Theresia (von) Paradis (MUGI)
♣ Marion Fürst: Maria Theresia Paradis. Mozarts blinde Zeitgenossin. Köln (Böhlau) 2005.
♣ Hermann Josef Ullrich: Maria Theresia Paradis‘ große Kunstreise, in: Österreichische Musikzeitschrift. Bd. 19, Heft 9. Wien 1964, S. 430ff. (Anm.: diese historische Forschung ist leider nicht barrierefrei)
♣ Stefan Pillhofer: CD-Review: Ragna Schirmer – Maria Theresia Paradis (20. Mai 2025): „Die Wahl des Klaviers, die Komposition und die Ausführung sind wirklich atemberaubend. […] Eine weitere Beschreibung dieser höchst faszinierenden Geschichte von Maria Theresia Paradis sprengt leider einen Artikel, der die Überschrift ‚CD-Review‘ trägt. Daher möchte ich dringend empfehlen, im Booklet der CD den Text der Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka zu lesen. Und generell möchte ich hier nochmal auf die spannende Arbeit von Susanne Wosnitzka zum Thema Komponistinnen hinweisen. Für die meisten CDs, die ich hier beschreibe, spreche ich eine Hörempfehlung aus. Im Fall von Maria Theresia Paradis von Ragna Schirmer muss ich alle dringend bitten und ersuchen, das Album zu hören und das Booklet vollständig zu lesen. Noch nie habe ich durch eine einzige CD so viel gelernt und dabei dennoch so viel Hörgenuss erfahren. Bravo! Bravo an ALLE Beteiligten!“
Wahrscheinlich haben Sie ebensowenig wie ich bislang von Juliano Donato (1837/38–1865), dem Ersten Tänzer des königlich-spanischen Theaters Madrid,[1] gehört, über den ich gerade zufällig beim Durchlesen einer Augsburger Zeitung gestoßen bin – er hatte nämlich nur ein Bein, was als die eigentliche Sensation galt. ‚Freakshows‘ waren nicht nur in dieser Zeit beliebte Unterhaltungsmittel: Für viele behinderte Menschen war das Sich-Zeigen in der Öffentlichkeit in Menagerien oft die einzige Einnahmequelle, um überhaupt eigenes Geld verdienen zu können und unabhängig von Almosen zu werden – zum Preis des Angeglotzt- und Ausgestelltwerdens in Zirkussen und reisenden Jahrmarktsbühnen wie die ‚größten‘ Schweizerinnen.
Fotografien von Juliano Donato finden sich einige im Netz, Angaben zu seinem Leben und Wirken aber so gut wie keine. Daher dieser Blogartikel mit den auf die Schnelle gefundenen Informationen aus zeitgenössischen Zeitungen, um ihn künftig besser zu finden.
Kein Freak: Juliano Donato
Juliano Donato hatte es mit seiner Behinderung im Vergleich zu anderen ‚Freaks‘ auf die ganz großen Bühnen der damaligen Welt geschafft: Im Dezember 1864 tanzte Donato in Hamburg. In Berlin verdiente er an der Kroll-Oper pro Abend die große Summe von 160 Talern, in Prag 1125 Gulden pro Vorstellung[2] – unglaublich viel Geld in dieser Zeit. Der ehemalige Torero hatte sein rechtes Bein durch den Angriff eines Stiers verloren.[3]
In der Augsburger Postzeitung fand sich diese zauberhafte Beschreibung von einem seiner Auftritte in Wien:
„Am Theater in der Josephstadt in Wien ist dieser Tage das erste Auftreten des einfüßigen spanischen Tänzers Donato erfolgt. Wiener Blätter sagen darüber: Mit sehr gemischten Gefühlen erwartete offenbar das Publicum das Auftreten des einfüßigen Tänzers; die Unterhaltung vor Beginn des Theaters und in den Zwischenacten legte Zeugniß davon ab. Niemand aber war von der Furcht frei, es werde mehr das Mitleid mit einem Unglücklichen wachgerufen, als ein ästhetischer Genuß geboten werden. Das Eintreten des einfüßigen Künstlers konnte diese Ansicht nur bestärken. Der Vorhang erhebt sich, es erscheint ein Einfüßiger im Balletcostüme, auf eine Krücke gestützt, auf der Bühne, hinkt bis an die Rampe und legt die Krücke dann auf die Seite; nun aber scheint plötzlich in der Persönlichkeit selbst eine Umwandlung vorzugehen. In raschen Sprüngen unter dem Klange der Castagnetten, tritt vor dem Publicum ein Tänzer in Stellungen, Bewegungen und kreiselförmigen Schwenkungen auf, die an jedem Balletkünstler Aufsehen, Verwunderung und Beifall finden müßten. Man vergißt, daß Alles, was vorgeführt wird, nur auf Einem Bein getanzt wird; man sieht einen vollendeten Künstler vor sich; aber doch weiß man, ohne eben daran erinnert zu werden, daß er mit physischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, die unüberwindlich scheinen. Die Pirouetten namentlich schlägt Herr Donato mit einer unerhörten Ausdauer und Schnelligkeit, man zählte 57 Umdrehungen seines Körpers in einer halben Minute.“[4]
Bemantelte Tänze
Verschiedenen Zeitungen nach hatte er als Programm diverse spanische Tänze wie einen Manteltanz, Bolero oder auf den Postillon von Lonjumeau (?) „mit einer an’s Unglaubliche grenzenden Gelenkigkeit und – was noch merkwürdiger ist – Zierlichkeit. Es ist fast wunderbar, wie sich dieser junge Mann diese Fähigkeit hat aneignen können.“[5]
Und weiter dasselbe Blatt: „Was Herr Donato eigentlich leistet, läßt sich schwer beschreiben, es muß gesehen werden. Herr Donato, ein junger Mann mit einem intelligenten, hübschen Gesichte und einer zierlichen Gestalt, erscheint auf der Bühne mit einer Krücke, wirft diese weg und beginnt nun auf einem Fuße zu tanzen – aber er tanzt nicht nur, er führt auch die schwersten Pas, Pirouetten und Sprünge aus, und dreht sich mit Blitzesschnelle dreißig, vierzig Mal um sich selbst, ohne zu wanken, er unternimmt die gewagtesten Positionen und alles das mit Grazie und einer Ausdauer, die geradezu unbegreiflich ist. Was die besten Tänzer mit beiden Beinen leisten, leistet Herr Donato mit einem. Sein Manteltanz, während dessen er den Marsch, die Exercitien, die Vertheidigung eines angegriffenen Kriegers meisterhaft ausführt, gehört zu den sehenswerthesten Leistungen. Herr Donato wird mit Beifall überschüttet und wiederholt gerufen; sein Tanz ruft allgemeines Staunen hervor.“[6]
Nicht alle Kritiken überschlugen sich wie die aus Wien. In Breslau war man von seiner Kunst allerdings weniger angetan:
„Die Sensation des Ballettjahres aber war das sechsmalige Auftreten des einbeinigen spanischen Tänzers Juliano Donato, der zwar als ein modernes Wunder bezeichnet wurde, dessen erstaunliche Leistungen jedoch feinfühlige Gemüter weder als schön noch als erheiternd bezeichneten. Bei seinem Auftreten war das Haus jedoch stets bis an die Decke voll und sein Quartier in der Goldenen Gans ständig von Neugierigen belagert, die begierig waren, ihn in seinem auffallenden Kostüm zu sehen.“[7]
Trittbrettfahrer und Kulinarisches
So große Sensation erzeugt oft Trittbrettfahrer. So warnte Donatos Agent Franz Kratz vor einem ‚falschen Donato‘, einem Tänzer (?) namens A. Conradini, der sich den Namen Donato II. gegeben hatte und in Wiener Wirtshäusern „hupfte“. Conradini, dem das Bein in seiner Kindheit bis zur Kniescheibe abgenommen worden war, ließ sich seinen Überrest aus Donato-Enthusiasmus heraus so weit verkürzen, dass dieser so kurz wie der von Donato war.[8] Ein I. Baum-Donato produzierte sich zeitgleich in München mit 52 Auftritten alleine dort, darüber hinaus in Wien, Linz, Danzig, Stettin, Zürich, St. Gallen, Genf, Brüssel und Hamburg.[9] Noch im Jahr 1868 soll in Stamford/Lincolnshire in England ein Donato aufgetreten sein, dessen Echtheit in diesem kurzen Blogartikel mit Originalzeitungsartikel aus Stamford auch richtigerweise hinterfragt wird.
So mancher Kritiker wollte im echten Juliano Donato aber doch lieber den Behinderten statt den Künstler vor sich sehen:
„Seine Leistungen also lassen den mangelnden rechten Fuß nicht im Geringsten vermissen, aber der Stumpf erinnert uns nur zu beredt daran, daß wir einen Krüppel vor uns haben, und läßt so eine rechte Freude nicht aufkommen, denn das Mitleid mischt sich mit der Bewunderung.“[10] Auch die Gastronomie sprang auf den Vermarktungszug auf: So bot das berühmte Café Sperl, in dem gerne und oft auch Johann Strauss Sohn verkehrte, „ein Haxel à la Juliano Donato“.[11]
Am 12. oder 13. Juni 1864 heiratete er die 20jährige Schauspielerin Antonie Ros. Julius, die Mitglied des Josephstädter Theaters war, inkognito mit anschließender Party im Hotel (goldenes) Kreuz in der Mariahilferstraße mit zahlreichen Kolleginnen und Kollegen und unter Aufspielung des Orchesters des Theater in der Josephstadt, was fast im totalen Chaos endigte[12]:
„Im Laufe des Nachmittags stellten sich Hunderte von Menschen, zumeist Frauen und Kinder, vor der Mariahilfer Kirche auf, um den Hochzeitszug zu erwarten. Doch, man hatte sich getäuscht. Donato und seine Braut erschienen ganz inkognito in der Sakristei und verrichteten daselbst die hl. Beichte. Dann fuhren sie nach Mauerbach [ca. 20 km (!) westlich von Wien] zur Trauung. Man wußte aber, daß die Hochzeitstafel im Gasthause zum „Kreuz“ (Hotel Krenn) in Mariahilf stattfinden werde – und so wartete das Volk, bis endlich um halb 7 Uhr Abends der Hochzeitszug, aus sechs Wagen bestehend, bei dem Hotel anlangte. Im ersten Wagen fuhr das junge Ehepaar. Herr Donato trug ein prächtiges violettfarbiges spanisches Nationalkostüm, seine junge Gattin, eine hübsche freundliche Blondine, ein prächtiges, weißes Spitzenkleid und in den Haaren einen Myrthenkranz. Außerdem führten sie mit sich im Wagen einen frischen Blumenstrauß von wirklich colossalem Umfange. […] Lebhafter noch als in dem Kreise der Hochzeitsgäste ging es auf der Straße und auf dem vor dem Hotel befindlichen Platze zu, auf welchem viele Tausende von Neugierigen sich versammelten, als auf dem Balkon die Musik aufzuspielen begann. […] Da aber der Wagenverkehr auf der Mariahilferstraße durch das zahlreich herbeiströmende Volk immer mehr in Stockung gerieth und endlich ganz unterbrochen wurde, soll sich die Polizeibehörde veranlaßt gefunden haben, das Weiterspielen des Orchesters zu verbieten. Das Publikum aber nahm den Abzug der Musikanten von dem Balkone mit größtem Mißvergnügen auf, es schrie etwa eine Viertelstunde lang fortwährend nach der Musik, rief den „Einhaxl“ heraus, und als dies Alles nichts half, fing es an zu murren, schreien, pfeifen u. s. f.; eine Katzenmusik war im vollsten Anzuge. Nun riß Herr Donato schnell die Fenster des Saales auf und das nun in diesem Saale postirte Orchester fing sofort wieder an zu spielen, was von dem Straßenpublikum mit endlosem Jubel gutgeheißen wurde. Die Leute unten riefen nun Donato stürmisch heraus und als Herr Donato auf dem Balkon erschien und nach Art großer Herren sich dreimal vor dem Volk verbeugte, da wollte der Jubel kein Ende nehmen. Endlich mußte auch Frau Donato, „die Einhaxlin“, wie die Schusterbuben sagten, dem Volke sich zeigen und der Empfang, welcher der hübschen Dame zu Theil wurde, scheint Herr Donato so entzückt zu haben, daß er nicht umhin konnte, photographische Visitkarten mit seinem Porträt vom Balkon aus auf die Straße hinabzuwerfen, welcher originelle Gedanke nicht verfehlte, eine zündende Wirkung auszuüben. Die Leute rauften und balgten sich mit aller Gemüthlichkeit, um in den Besitz einer Visitkarte zu gelangen. Erst um 1 Uhr Nachts zerstreute sich das Volk, nachdem es sich überzeugte, daß das neue Ehepaar wirklich auf einem guten Fuße lebt.“[13]
Donato tanzte nicht nur im Josephstädter Theater, sondern auch im Wiener Thalia-Theater, wo er als „Seitenstück der berühmten Fanni Elßler“ angesehen wurde:
„Die letzten zehn Vorstellungen Donatos hatten dem Thaliatheater zwölf Tausend Gulden eingetragen. Seinen Nachklang soll der Donato=Enthusiasmus in einer Ehrenkrücke für den Gefeierten finden. Natürlich ließen die Lorbeeren Donato’s I. Donato II. nicht lange schlafen. Auch er machte vor seinem Publikum Glück. Es steht nur zu fürchten, daß dieser Donato=Cultus endlich zu Selbstverstümmelungen verleiten und unsere Caloris, Frapparts und Price’s der Zukunft nur mehr mit einem Beine um die Lorbeeren Terpsychorens zu ringen wagen werden.“
Mit seinem Sein als einbeiniger Tänzer brachte er auch einer kranken Tänzerin neue Hoffnung, die an starken Fußschmerzen litt, und „man erzählt sich, daß sie allen Ernstes damit umgehe, sich ein Bein amputiren zu lassen, um fortan ihre Triumphe auf ihr zweites zu beschränken, das sie zu desto höherer Vollendung ausbilden lassen möchte.“[14]
Nach seinen Wiener Shows soll Donato dann weiter über Graz mit Vorstellungen im dortigen Thalia-Theater über Brünn/Brno nach Pest gereist sein.[15] Höchste Zeit, weiterzuziehen, denn seine letzte Vorstellung im Theater an der Wien hatte das Haus nicht mehr vollgebracht.[16]
London fatal
Mit seinen Shows und seinem Talent zur Unterhaltung schien Donato nun ein gemachter Mann gewesen zu sein: Ein Ruf nach London lockte:
„Herr Russel, Direktor der Nationaloper in London, hat das bekannte „Einhaxl“ Juliano Donato auf die Zeit vom 26. Dezember 1864 bis 15. Juli 1865 für die kolossale Summe von 180,000 Francs engagirt, wofür derselbe täglich einmal tanzen muß. Die Vorstellungen beginnen im Coventgarden=Theater und werden nach Beginn der italienischen Saison in den Krystallpalast verlegt.“[17] Also der ultimative Ort!
Und dann ist etwas sehr Schönes eingetreten: Als ich gestern ein bisschen etwas zu Donato in den Social Media schrieb, antworteten ein paar begeisterte Leute, legten zum Beispiel Grundzüge für einen Wikipedia-Artikel für ihn an, schauten nun gezielter international noch nach oder trieben sogar die Info auf, dass jemand für Donato einst Musik geschrieben hat: In London widmete ihm der Komponist Louis Rènard seinen Donato Waltz (1865), die Noten zum schönen Deckblatt gibt es noch in der British Library:
So sah eine Werbung dafür aus. General Tom Thumb und die anderen Leute in dieser Reklame waren Kleinwüchsige, die mit ihren Shows ebenso international tourten. Tom Thumb – der ‚Däumling‘ – trat mit seiner Truppe auch mehrfach im alten Stadttheater am Lauterlech in Augsburg auf:
„Juliano Donato, der spanische Tänzer auf einem Beine, ist am 10. Juni in Frankreich, in dem Städtchen Eyragne, gestorben. Derselbe hatte sich in London eine innere Verletzung zugezogen, sein Zustand wurde jedoch von den Aerzten nicht erkannt und er wurde in ganz falscher Behandlung nach Nizza geschickt. Auf der Reise dahin, Anfangs dieses Jahres [1865], beschloß er, einige Tage in Eyragne – woselbst die Bewohner ihm viel Ehren erwiesen haben – zu verbleiben; allein sein Zustand verschlimmerte sich von Tag zu Tag und er konnte das Städtchen nicht mehr verlassen. Am 10. Juni um 10 Uhr Abends erlag er in den Armen seiner Gattin, der Schauspielerin Julius, einer Wienerin, seinen Leiden. Das Leichenbegängniß fand am 13. Juni unter einem ungeheuren Andrange von Menschen und in großer Feierlichkeit statt.“[18] Zuvor hatte er noch während eines Aufenthalts von zwei Monaten im Heilbad Eyragues – ca. 16 km von Avignon gelegen – versucht, seine Leiden zu heilen oder zu verbessern und wollte sich nach erfolgter Heilung in Graz niederlassen und von dort in Paris touren.[19]
Jähes Ende einer großen Liebe
Seinem ausführlichen und berührenden Nachruf in der Konstitutionellen Volks-Zeitung nach hatte sich der ehemalige Kunstreiter die innere Verletzung bei einem unglücklichen Tritt durch eine schlecht verschlossene Versenkung zugezogen:
„Vor seinem Tode war er noch so glücklich, in Paris seine Mutter und seinen Bruder, von denen er seit vielen Jahren keine Nachricht hatte, wiederzusehen und sich mit ihnen zu versöhnen [weil er als Kind/Jugendlicher geflüchtet ist]. Sein Vater war bereits vor sieben Jahren gestorben. […] So bot man ihm in Newyork 4000 Dollars für eine Vorstellung und selbst von Australien bekam er Anträge. Nur aus Rücksicht für die Gesundheit seiner Gattin wollte er eine Seereise vermeiden. […] Tausenden hat er Wohlthaten gespendet, besonders liebte er es, die Hütten des Elendes zu besuchen und ihren Bewohnern selbst Nahrungsmittel und Kleidungsstücke zuzutragen. […] Darum hing er aber auch an seiner Gattin mit unbegrenzter Liebe. Sie war sein Alles, auch seine Lehrmeisterin. Von ihr lernte er erst die Elemente des Lesens und Schreibens und er freute sich wie ein Kind, als er heuer im Frühjahre den ersten Brief an seine Schwiegermutter nach Wien schrieb, worin er ihr den Fortschritt seiner Genesung und einen baldigen Besuch anzeigte“ – und ein Buch zu seinem Leben erscheinen sollte.[20]
Sein Tod muss verheerend gewirkt haben. Abertausende Menschen kamen zu seiner atemberaubenden Beerdigung in Eyragues aus Nah und Fern:
„Ein Zug von 2300 Fackeltragenden, darunter die Maires von Nancy, Montpellier u. s. w., folgten dem auf weißen Tüchern ruhenden Sarge und Jeder, der den Dahingeschiedenen kannte, legte nach Landessitte ein kleines Weiheopfer von Blumen oder Früchten auf sein Grab. Ein roher Marmorblock von dreizehn Centnern Schwere ist sein Denkmal; die eingelegte Metalltafel trägt die Inschrift: Hier ruht Juliano Donato, gestorben im Alter von 27 Jahren, am 19. Juni 1865. Gewidmet von seiner tieftrauernden Gattin.“[21]
Auf sein Grab wurden ein Granatapfelbaum und ein Rosenstock gepflanzt – vielleicht Sinnbilder für ihn, da aus dem Süden stammend, und für seine geliebte Frau als Rose, dort vereint.
Relikte und Fragen
Einem Brief zufolge, den Antonie Donato am 15. Juli von St. Veit bei Wien an die Redaktion der Presse schickte, um richtigzustellen, dass ihr Mann nicht doch lebend in St. Petersburg gastierte, soll er bereits am 11. Juni, also einen Tag nach seinem Tod, bestattet worden sein,[22] was vorbereitungstechnisch aber eher unwahrscheinlich gewesen sein dürfte. Auch durften Tote in dieser Zeit wegen größter Angst vor Scheintod offiziell nicht so schnell unter die Erde gebracht werden.
Der Friedhof des südwestlich von Avignon gelegenen Eyragues ist nicht sonderlich groß. Falls sich Donatos Grab oder Grabstein dort noch erhalten haben sollte, wäre ich für ein Foto sehr dankbar, sollte es je jemand von Ihnen dort hinschaffen.
Nichtsdestotrotz war er sicherlich ein Vorbild für behinderte Menschen oder Eltern von behinderten Kindern, dass aus diesen ‚Missgeburten‘ und ‚Krüppeln‘, die oft als ‚Strafe Gottes‘ oder bei Angeborenheit misogyn als Fehler der Mutter ausgelegt wurden, doch auch etwas werden konnte. Sollte ich noch mehr zu diesem erstaunenden Mann herausfinden können, werde ich Neues als Update hier einpflegen.
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Einzelnachweise [1]Mährischer Correspondent, Nr. 189, 5. August 1964, S. 7. [2]Signale für die musikalische Welt, Nr. 43, 21. Oktober 1864, S. 767. [3]Tagespost (Graz), Nr. 107, 12. Mai 1864, S. 1. [4]Augsburger Postzeitung, Nr. 110, 10. Mai 1864, S. 740. [5]Gemeinde-Zeitung, Nr. 18, 5. Mai 1864, S. 283. [6]Gemeinde-Zeitung, Nr. 35, 7. Mai 1864, S. 279. [7] Ludwig Sittenfeld: Geschichte des Breslauer Theaters 1841–1900. Breslau (Preuß & Jünger) 1909, S. 112. [8]Wiener Theater-Chronik, Nr. 29, 21. Juli 1864, S. 116, und Gemeinde-Zeitung, Nr. 25, 22. Juni 1865, S. 398. [9]Aussiger Anzeiger, Nr. 31, 3. August 1865, S. 242. [10]Wiener Theater-Chronik, Nr. 19, 12. Mai 1864, S. 75. [11]Fremden-Blatt, Nr. 157, 8. Juni 1864, Beilage S. 2. [12]Fremden-Blatt, Nr. 165, 16. Juni 1864, S. 5. [13]Gemeinde-Zeitung, Nr. 46, 18. Juni 1864, S. 366. [14]Tagespost (Graz), Nr. 104, 8. Mai 1864, Beilage S. 3. [15]Vereinigte Laibacher Zeitung, Nr. 156, 12. Juli 1864, S. 623. [16]Gemeinde-Zeitung, Nr. 96, 13. Dezember 1864, Beilage S. 3. [17]Gemeinde-Zeitung, Nr. 90, 22. November 1864, Beilage S. 2. [18]Signal für die musikalische Welt, Nr. 31, 29. Juni 1865, S. 509. [19]Konstitutionelle Volks-Zeitung, Nr. 69, 25. Juni 1865, S. 5. [20]Fremden-Blatt, Nr. 87, 29. März 1865, S. 7. [21]Ost-Deutsche Post, Nr. 174, 26. Juni 1865, S. 2. [22]Die Presse, Nr. 198, 20. Juli 1865, S. 5.
Sarah Grundner und Kathrin Quatember – Wienerinnen, die ich seit Langem über X (ehem. Twitter) kennen und schätzen gelernt habe. Sarah besonders über ihre Erzählungen und Berichte als Ex-Waldorf-Schülerin und auch von einem echten Treffen in Wien letztes Jahr, und die Quati als ‚Mama‘ vom Nasbub, einem alten Kater mit irgendwie besonders großer rosa Nase und den ich ins Herz geschlossen habe.
Jetzt hatte ich die Ehre, ihr erster Gast in ihrem gemeinsamen Podcast Österreich WTF?! zu sein. Warum eigentlich? Ich bin zwar keine Österreicherin, aber halt schon ziemlich mit Österreich und Wien verbandelt. Und so haben wir dann auch über Lego, zu Komponistinnen, zu meinen Forschungen – und wie ich überhaupt dazu gekommen bin über meinen doch eher ungewöhnlichen Lebensweg –, zu historischen Zeitungen und all dem verrückten Zeugs, das darin zu finden war und letztendlich auch über Bach – ein Weihnachtswunder (18. Dezember, 20:15 Uhr in ARD, BR, MDR und ORF 2 zu sehen) und meinen Anteil am Rollenspiel der Schauspielerin Verena Altenberger als Anna Magdalena Bach gesprochen.
Am 18. Dezember und schon ein paar Tage vorher in der Mediathek wird in ARD, ORF2, BR und MDR der neue Film Bach – ein Weihnachtswunder (Regie: Florian Baxmeyer) erstmals ausgestrahlt. Darin geht’s um die (fiktive) Entstehung des berühmten Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach (1685–1750) mit seinem großartigen Jauchzet, frohlocket. Darin kommt auch seine zweite Frau Anna Magdalena Bach (1701–1760) vor, die wir hauptsächlich für das bekannten Notenbüchlein für Anna Magdalena kennen, das vielfach Standard in Musikschulen ist. Anna Magdalena Bach wird im Film von Verena Altenberger verkörpert.
Verena kenne ich seit einigen Jahren über X (damals Twitter) und Instagram – sie ist mir über ein Schwarz-Weiß-Foto in schwarzem Rollkragen-Pullover aufgefallen. Über den Podcast der Großen Töchter von Beatrice Frasl zu Körperbildern, #metoo und Wut (2020) habe ich angefangen, Verena zuzuhören. Und Verena irgendwann mir in meinem Mikroblogging auf X zu Komponistinnen und anderes aus historischen Zeitungen. Als sie für ihre kurzen Haare bzw. ihre Glatze, die sie sich für ihre Rolle einer Krebskranken in Sterne unter der Stadt hat schneiden lassen, furchtbar misogyn angegangen und ihr ihre Weiblichkeit abgesprochen wurde, unterstützte ich sie, weil ich für meine kurzen Haare auch schon belästigt wurde (diese aber aus anderen Gründen kurz trage) und wusste, wie sich so etwas anfühlt. Als der Polizeiruf 110 zu Frau Schrödingers Katze im Olympiapark open air 2021 seine Uraufführung hatte, in dem Verena die Rolle der Polizistin Elisabeth (Bessie) Eyckhoff übernommen hatte, bin ich kurzerhand von Augsburg aus hingefahren, weil nicht weit. Dort habe ich sie einfach angesprochen. Seitdem sind wir in lockerem Austausch.
Ich habe eine Kollegin, die ich noch nie live gesehen habe, aber von Zeit zu Zeit spielen wir eine Art Pingpong miteinander: Molly McCann, eine „advocate for the music of Fanny Hensel“ und Schöpferin des wichtigen Projekts HenselPushers. Ihre Passion und Mission ist es, die Musik von Fanny Hensel geborene Mendelssohn Bartholdy (genau, die „Schwester von“) leichter zugänglich zu machen.
Pingpong mit Molly für Fanny
Dazu arbeitet Molly unermüdlich daran, vor allem die Lieder Fanny Hensels nutzbar zu machen, indem sie neue Editionen dazu anfertigt (da Fanny Hensel seit über 70 Jahren tot ist, geht das rechtefrei) und als downloadbare PDF kostenlos zur Verfügung stellt. Also eine weitere Besessene! Dazu muss sich Molly die Originalhandschriften angucken, damit Fehler in anderen Publikationen nicht übernommen werden und keine Plagiate entstehen. Molly gibt das Gesehene und Studierte dann in ein Notensatzprogramm ein. Wie Molly zum Gedächtnis an Fanny Hensel arbeitet, könnt ihr euch hier in diesem YouTube-Interview anschauen.
Fanny Hensels Lieder sind Großteils auf Deutsch verfasst; sie war aber auch bewandert in Französisch, Englisch und Italienisch. Deutsche Sprache, schwere Sprache. Deshalb komme ich an dieser Stelle ins Spiel.
Anfang letzten Jahres hatte ich die Ehre, wieder einen Beitrag für das Digitale Deutsche Frauenarchiv (DDF) zu verfassen. Im Jahr davor war durch Mary Ellen Kitchens – im Vorstand des Archivs Frau und Musik in Frankfurt/Main – angestoßen worden, die Programmhefte des seit 1988 agierenden Vereins musica femina münchen (mfm) zu digitalisieren, der etliche Erst- und Uraufführungen für sich verbuchen kann einschließlich der UA von Fanny Hensels Klavierquartett As-Dur 1989.
Bedeutende Komponistinnen-Sammlung
Seit wenigen Jahren befindet sich die Sammlung von mfm bzw. das Komponistinnen-Archiv München (KAM) im Archiv Frau und Musik, wo es für Forschungszwecke und Auswertungen eingesehen werden kann.
Die liebevoll von Hand und handschriftlich gestalteten Programmhefte zeugen von einer unglaublichen Spiel- und Aufführungsfreude, diese zu lange negierten Leistungen von Komponistinnen wieder sicht- und hörbar zu machen. Auslöser dazu war ein Frauenmusikfest 1987 in München, das vor allem der Rockmusik galt. Ein Testkonzert im Gasteig, ob sich auch klassische Werke von Frauen lohnen, sprengte mit rund 400 verkauften Tickets begeistert den zuvor argwöhnisch beäugten Rahmen.
„So entsteht eine Legende!“
Für seine weitere Pionierinnen-Arbeit wurde mfm mit dem Anita-Augspurg-Preis für das Jahr 1998 ausgezeichnet. Ein Logbuch – ein Konzerttagebuch – ist das Highlight der mfm-Sammlung: Darin hielt die erste mfm-Generation ihre Gedanken zu Aufführungen, zu Konzertbesprechungen, zu Kritik, zum Celibidache-Skandal und einigen weiteren Ereignissen einschließlich dem vom ersten mfm-Konzert beflügelten Ausspruch „So entsteht eine Legende!“ fest.
WAB, G, BWV, L, B, HMV, D, HWV und HLV – HEGDL*! Neusprech, Sprachunfälle oder Geheimcodes? Letzteres! Falls Ihnen diese Buchstaben-Abfolgen schon mal irgendwo aufgefallen sind, Sie sich aber keinen Reim drauf machen konnten. Es sind Abkürzungen von Werkverzeichnissen in der Musik!
WAB = Werkverzeichnis Anton Bruckner, G = Luigi Boccherini, L = Claude Debussy, B = Frédéric Chopin, HWV = Georg Friedrich Händel, D = Franz Schubert, HWV = Fanny Hensel Werkverzeichnis, HLV = Fanny Hensel Liedverzeichnis.
What? Warum soll D für Franz Schubert stehen? Da ist doch gar kein D in seinem Namen drinne?! Manche Werkverzeichnisse wie bei BWV sind auf den Komponisten gemünzt, damit es sofort klar ist, um was es geht. Es war eine immens nerdige Aufgabe, solch Werkverzeichnisse überhaupt zusammenzutragen. Das kam im Zuge des sogenannten Geniekults auf, der kurz nach Mozarts Tod einsetzte und ein neues Feld in der Musikwissenschaft ansetzte, auch mit dem Ehrgeiz verbunden, herauszubekommen, was das erste und was das letzte Werk eines Komponisten war.
Ich schreibe hier zunächst im Maskulinum, weil das alles einst nur auf die Werke von Männern ausgerichtet war, weil man in diesen frühen Zeiten noch glaubte, dass nur Männer zu solchen Geniestreichen fähig gewesen wären. Für die Werke von Frauen hat man sich deshalb nicht interessiert. Frauen waren für diese Art Forschung aber immens wichtig: Ohne sie wäre nämlich das Zusammenhalten der Werke oft gar nicht möglich gewesen. So hat zum Beispiel Clara Schumann auch die Werke ihres Mannes Robert zusammengehalten und herausgegeben. Ohne ihre Arbeit und Aufführungen würden wir die meisten seiner Werke gar nicht kennen.
Clara Schumann kennt man als bedeutendste Pianistin des 19. Jahrhunderts – eine Ikone, weltweit verehrt und geschätzt, zu der man bisweilen auch heimlich wie die legendäre Ethel Smyth ins Konzert schlich. Eine Emilie Goldberger (1858–1944) – deren Klavierspiel im Vielvölkerstaat Österreich, Deutschland und Frankreich ebenfalls zu Beifallsstürmen hingerissen hat und die bei Wiens bedeutendster Salonière Berta Zuckerkandl ein und aus ging – kennt heute niemand mehr. Sie war eine, die zu Clara Schumann von Wien nach Frankfurt pilgerte, um – mit glänzendsten Noten das Wiener Konservatorium abgeschlossen und bereits als aufstrebende Pianistin begehrt – ihr Spiel bei dieser großen Meisterin noch zu vervollkommnen.
Bei Clara Schumann in Frankfurt/Main
Über Emilie Goldberger als Schülerin Clara Schumanns war bis jetzt nichts bekannt. Ich fand sie, als ich historische Augsburger Tageszeitungen auf Musiknachrichten untersuchte. Aus einer kleinen Konzertanzeige entwickelte sich eine berührende Aufblätterung einer verschütt gegangenen Biografie einer faszinierenden Persönlichkeit des Wiener Fin de Siècle und darüber hinaus.
Von Frankfurt aus reiste Emilie Goldberger für rund vier Jahre durch Europa mit besonderem Aufenthalt in Paris. Wen konnte sie dort kennenlernen? Wer hörte ihr dort zu? Einiges kam wieder ans Tageslicht bis in höchste Kreise der Stadt an der Seine, doch leider ist noch sehr, sehr viel zu ihrem Leben und Wirken unbekannt.
Und so glänzend Emilie Goldbergers Karriere begann und aufblühte, so jäh und brutal endete ihr Leben qualvoll als 83-Jährige im Ghetto Theresienstadt. Eine von rund 50.000 aus Österreich, Wien und Umgebung, die vom Wiener Aspang-Bahnhof in den Tod gefahren wurde, eine von über 6.000.000 jüdischen Menschen, die man im Nationalsozialismus gewollt, kalkuliert und organisiert zu Tode gebracht hat.
Webpräsenz für Emilie Goldberger
Normalerweise blogge ich über meine Funde. Zu Emilie Goldberger war das Aufgefundene aber trotz dieser erst kurzen Forschungsspanne (in meiner Freizeit noch dazu) so umfangreich, dass ein einzelner Blogartikel nicht mehr ausreichte. Daher erstellte ich eine von meiner Webseite ausgekoppelte Webpräsenz, in der Sie über Emilie Goldberger erfahren können, eine Timeline mit ihren bislang bekannten Lebens- und Schaffensstationen und Netzwerken sowie ihr Parade- und Konzertrepertoire finden können.
Derzeit (Oktober 2023) ist ein Aufsatz zu ihr fertig, der Ende dieses Jahres in einem renommierten Forschungsinstitut zur Musikgeschichte des Ghettos Theresienstadt erscheinen wird. Eine gedruckte Veröffentlichung auf Englisch in den USA ist angedacht. Die Goldberger-Webpräsenz wird je nach Fundlage laufend aktualisiert.
P.S.: Nicht nur mit Emilie Goldberger konnte ich jüdische Kultur- und Musikgeschichte wieder sichtbar machen. Ins Jüdische Kulturmuseum Augsburg habe ich mittlerweile zwei Privatbände zu jüdischer Geschichte aus historischen Augsburger Tageszeitungen der Jahre 1746 bis 1858 zur Auswertung eingebracht. Ein dritter Band, der bis zum Jahr 1885 reichen wird, ist in Arbeit. Eine offizielle kommentierte Publikation aller drei Bände mit ihren O-Tönen für weitere Grundlagenarbeit wäre wünschenswert.
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Betritt man das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt (dessen Haupteingang wie der Seiteneingang einer Tiefgarage anmutet, während man kurz überlegt, wo denn der richtige Eingang sei), schlägt einem dunkle und bei diesem heißen Sommerwetter angenehme Kühle entgegen. Verkündet an der Außenfassade ein großes Plakat vom Vorhandensein eines temporären Juwels (und die allerallermeisten Ausstellungen über Frauengeschichte sind solche Juwelen in einer noch immer nicht paritätisch ausgelegten Geschichtslehre) der Sonderausstellung Ottilie von Goethe – Mut zum Chaos, muss man sich im Inneren dazu durchfragen, weil es dafür in den Keller geht und man im Foyer leider keine weitere Hinleitung zur Ausstellung findet. Ein selbiges Plakat oder ein Aufsteller hätten am Zu- bzw. Abgang noch besser gewirkt. Begibt man sich über die Treppen nach unten, wird man rechts an der Wand von einem Zitat Johanna Schopenhauers (1766–1838) in Großlettern empfangen: „Ottilie […] liebenswürdig, unerträglich, verrückt, geistreich – wie Sie’s kennen.“
Und wie man sie dann am Schluss des Rundgangs durch die Ausstellung als heute lebender Mensch ebenfalls endlich kennen wird. Zu Anfang eine Station mit auf großes Format aufgezogenen Selbstporträts Ottilie von Goethes (1796–1872), die aus den einzelnen Buchstaben ihres Namens dazu passende Temperamente auswählte und sich selbst als diese verkleidet vom Soldaten bis hin zu einem ausgefallenen Regenbogenkostüm buntfarbig gezeichnet und ausgemalt hat. Von dort wird man weiter zu einzelnen Lebensstationen bzw. Lebenstätigkeitsbereichen geleitet: Zu einzelnen Säulen (gleichsam tragendenden Lebenssäulen oder Meilensteinen), die mit Devotionalien, Briefen, Bildern und Porträts ausstaffiert sind. Die Wände ringsum wurden für weitere riesenhafte meist Briefzitate genutzt, um nicht nur Ottilies enormen Verdienst besonders zur Frauenemanzipation treffend-sicher zu unterstreichen. Vor allem auch ihre herausragenden Leistungen als Übersetzerin und Betreiberin der Zeitschrift Chaos. „Hiding Lesbianism. Zu „Ottilie von Goethe – Mut zum Chaos““ weiterlesen
Vorab-Release von Raphaela Gromes‘ neuer Doppel-CD Femmes: Vorbestellungen ab sofort möglich!
Vor wenigen Wochen schrieb mir Raphaela Gromes‘ gute Bekannte Mary Ellen Kitchens, ob ich mir vorstellen könnte, einen Booklet-Text für die weltbekannte junge Cellistin für eine neue CD zu schreiben. Ich hatte noch eine große Veranstaltung abzuwickeln und es würde verdammt wenig Zeit dafür bleiben, aber wer sagt schon einer Größe wie Raphaela Gromes ab?
Vom Hören zum Schreiben: Femmes!
Es stellte sich heraus: Raphaela hatte in ihrem Lieblingspodcast – in einer Folge von Die Podcastin von Dr. Regula Stämpfli und Dr. Isabel Rohner – von mir gehört, die in höchsten Tönen von meiner Arbeit zu Komponistinnen erzählten. Raphaela wurde neugierig, stöberte auf meiner Webseite und war auf der Stelle überzeugt, dass ich für sie schreiben sollte. Und so geschah es. In einer bestimmten Anzahl an Wörtern oder Zeichen, mit einer pressanten Deadline. Es galt, fünf noch leere Seiten elektronisches Papier zu befüllen. Aber wo anfangen bei 23 Komponistinnen? Was hatten sie gemeinsam außer der Liebe zur Musik? Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts? Auf jeden Fall!
So erinnerte ich mich daran, was der Musikkritiker Marc Blitzstein schockiert schrieb, als er erst 1960 zum ersten Mal ein Werk der früh verstorbenen Komponistin Lili Boulanger (1893–1918) auf Schallplatte gehört hatte – Musik, die von Lilis Schwester Nadia auch zum ersten Mal überhaupt herausgegeben wurde: „Was haben wir all die Jahre an guter Musik verpasst?“
Aufgeholt!
Der perfekte Beginn, um einen roten Faden zu haben. Und dann flossen die Wörter nur so. Und zwar so gut, dass – noch ein bisschen zwischen Raphaela und ihrem Klavierpartner Julian Riem hin und her – SONY Classics überhaupt keine Änderungswünsche hatte. Auch Raphaela war erstaunt – so etwas war bei ihren bisherigen Produktionen noch nicht dagewesen!
Raphaela Gromes auf Instagram (3. November 2022):
„Mit mir gemeinsam musiziert mein Lieblingsorchester Festival Strings Lucerne und deren künstlerischen Leiter Daniel Dodds und natürlich mein Duopartner Julian Riem, die Traum-Zusammenarbeit wird noch ergänzt durch meine Lieblings-Tonmeisterin Marie-Josefin Melchior und die unglaubliche Susanne Wosnitzka, die einen mitreißenden Booklettext verfasst hat! Danke an euch alle, es war und ist ein unglaublich beglückendes Projekt für mich und ich freue mich auf alles, was folgt!“
Release – save the date!
Der offizielle CD-Release erfolgte am 3. Februar 2023. Das Release-Konzert mit dem gesamten Orchester fand am 5. Februar 2023 im ausverkauften Münchener Prinzregententheater statt. Ich freue mich sehr, ein Teil dieses herausragenden CD-Projekts zu sein und auf weitere Veranstaltungen und Aktionen!
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Für den Oktober 2022 habe ich für Twitter eine Reihe mit Gruselgeschichten aus alter Zeit aus historischen Augsburger Tageszeitungen kreiert, die ich für die Jahre 1746 bis 1878 besonders auf kulturelle Nachrichten untersucht habe: Auffindbar unter dem Hashtag #Spooktober wie bereits im letzten Jahr mit den gruseligsten und erschütterndsten Berichten über Mord, Suizid, Femizid, Scheintoden und Geistererscheinungen bis hin zu Missbrauch in verschiedenen Einrichtungen.
Eine davon, die mich sprachlos machte, fand ich zur Geschichte der Stadt Innsbruck. Sie macht deshalb sprachlos, weil sie offenbar bis heute entweder nicht mehr bekannt ist oder nach wie vor verschwiegen wird. Erstmals publiziert am 26. Oktober 2022 auf Twitter – eingebettet hier – breite ich sie unten nochmals mit Einzelnachweisen und weiteren Überlegungen auf.
#Spooktober CN Missbrauch
Gräueltaten in der katholischen Kirche. Werde unten noch etwas weiter ausführen, weil durch diese Mitteilung an anderem Ort etwas herauskam, das wohl noch verschwiegen wird! Gefunden in einer #Augsburg|er Tageszeitung der Jahre zwischen 1876 & 1878.
#26 pic.twitter.com/XGHBuGNcVR
Auch zum diesjährigen #Spooktober veröffentlichte ich auf Twitter täglich einen Thread mit grauenvollen Nachrichten aus alter Zeit – nun bereits im dritten Jahr – und dieses Jahr mit Schwerpunkt auf historischem Femizid:
#Spooktober
Heute startet wieder die daily Gruselreihe mit unbekannten schaudererregenden Nachrichten & Geschichten aus alter Zeit, die ich in historischen #Augsburg|er Zeitungen der Jahre 1876–1878 aufgefunden habe. Manche sind noch immer bittere Realität von Frauen #Femizid
#1 pic.twitter.com/2v777JjWj8
Dieses Jahr aus den Jahren 1876 bis 1878, gefunden in historischen Augsburger Tageszeitungen dieser Zeit, die ich im Rahmen meiner musikgeschichtlichen Forschungen bislang für die Jahre 1746 bis nun 1878 auf interessante Nachrichten aller Art abgetippt habe:
Augsburger Zeitungen in der Zeitung? Vor ein paar Wochen besuchte ich das Konzert der Augsburger Pianistin Stephanie Knauer im Schaezlerpalais. Sie glänzte mit einem Strauß an historischen Komponistinnen wie Maria Teresa d’Agnesi Pinottini (1720–1795), Helene Riese (1795–1869), Cecilia Maria Barthélemon (ca. 1768 – nach 1827), Juliane Reichardt (1752–1783), Josepha (Josephine) Barbara von Auernhammer (1758–1820) sowie der Uraufführung eines Werks von Dorothea Hofmann in ihrer Hommage an die Blaugestrumpften. Darin spielte sie auf dem Neupert-Nachbau des historischen Flügels von Johann Andreas Stein, der original im Mozart-Haus steht. Auch ein Werk Ignaz von Beeckes (1733–1803) war dabei, der Johann Andreas Steins Tochter Nannette Klavierunterricht gab – wovon Wolfgang Amadé Mozart überhaupt nicht begeistert war, weil Beecke wohl kein guter Lehrer war.
Fruchtbare Kooperation
Das Interesse an Augsburger Geschichte und Komponistinnen verbindet mich uns Stephanie also – daher schlug Stephanie vor, zu mir und meinen Funden in historischen Augsburger Zeitungen ein Interview zu machen. Darin erzählte ich zu einer von mir aufgefundenen heißen Spur zu Beethovens und Mozart verschollenen Oboen-Konzerten, die aber hier in Augsburg aus Originalmanuskript von Ernst Krähmer im Stadttheater aufgeführt wurden. Oder wie Clara Schumann zu ihren Konzerten in Augsburg kam, wo sie möglicherweise übernachtete (und wo definitiv nicht), wer ihre Konzerte organisiert und wessen Flügel sie spielte. Ebenso mit Unbekanntem zu Franz Liszt, der nicht nur als Kind in der Lechstadt konzertierte. Also ganz aufregende Sachen, die aufhorchen ließen!
Stephanie Knauer: „Hier spielte die Musik im 18. und 19. Jahrhundert“, in: Augsburger Allgemeine, Mittwoch 14. September 2022, Nr. 212, S. 29.
Und so erschien dieser Artikel in Großformat auf halber Seite gestern am 14. September 2022 in der Augsburger Allgemeinen, zu dem bereits ein Echo vorliegt und zu neuen Ideen für Konzerte und Vorträge in Augsburg zu völlig unbekannter musikalisch-gesellschaftlich-sozialer Geschichte führen kann. Bleiben Sie also dran!
#Augsburg zwischen dem Mittelalter und dem 19. Jahrhundert. Eine Zeitung als Quelle und ein Gespäch mit Susanne Wosnitzka (@Donauschwalbe) über den Kulturbetrieb und #Frauen in dieser Zeit. Hört rein! https://t.co/nVuuWfvPuT
Im Frühling 2022 wurde ich von Philipp Janssen (Historiker) zu meinen Funden in historischen Augsburger Tageszeitungen in einem Interview befragt – jetzt wurde es veröffentlicht!
Philipp bietet auf seiner Webseite Anno PunktPunktPunkt eine ganze Reihe von mittlerweile über 80 Podcast-Folgen zu aktueller Forschung aus der Geschichtswissenschaft. In jeder Folge spricht er mit einem Gast über ihr/sein aktuelles Forschungsprojekt. Dabei wird nicht nur ein Projekt an sich besprochen, sondern es wird auch darüber geredet, wie man überhaupt dazu gekommen ist, welche Quellen man nutzt und welchen Forschungsstand man vorgefunden hat. Ziel ist es einerseits dem Projekt und dem Menschen dahinter eine Öffentlichkeit zu bieten, andererseits geht es darum der Hörer:innenschaft dieses Projekt zu vermitteln.
In der 84. Folge mit mir geht es um Augsburg zwischen dem Mittelalter und dem 19. Jahrhundert. Um eine Gaststätte, die heute vollkommen in Vergessenheit geraten ist. Die aber zu dieser Zeit den wohl weltweit größten Konzertsaal hatte. Über mich als Forschende, die weit über diese Spielstätte hinaus Geschichten und Ereignisse verschiedenster Art in historischen Zeitungen gefunden hat und viel darüber berichten kann. Und besonders zur Augsburger Frauengeschichte!
Seit wenigen Tagen ist mein Gastblog-Beitrag Die Präsenz der Unterrepräsentierten. Über Komponistinnen für die Ludwigsburger Schlossfestspiele online, den Sie hier über diesen Link dort abrufen können. Für die Zukunft sichere ich ihn aber auch hier zum Nachlesen:
Screenshot @ Ludwigsburger Schlossfestspiele
»In vielen Branchen sind Frauen auch heute noch unterrepräsentiert. Für die Musik gilt diese Tatsache eigentlich nicht. Denn zu keiner Zeit in der Geschichte fehlte es an Musikschöpfungen oder kulturellem Handeln des weiblichen Geschlechts. Trotzdem gibt es eine ganze Welt an unterschlagener Musikgeschichte, die sich in der dürftigen Bekanntheit von Virtuosinnen widerspiegelt. Dabei kommt man auf der Suche nach großartigen Komponistinnen z. B. an Emilie Mayer nicht vorbei. Doch wie kommt es, dass eine zu Lebzeiten so arrivierte Musikerin schon kurz nach ihrem Tod in Vergessenheit geraten ist, viele ihrer männlichen Kollegen aber nicht? Und wie ist es möglich, dass ihre Werke innerhalb kürzester Zeit aus dem Konzertbetrieb verschwanden und erst im 21. Jahrhundert wiederauftauchen? Von diesen Fragen bewegt, positioniert das ensemble reflektor Mayer genau da, wo sie hingehört: in eine Reihe mit ihren großartigen Kollegen.«
So der Teaser zum eclipse-Programm des ensemble reflektor, das am 1. Juli auch im Rahmen der Ludwigsburger Schlossfestspiele gegeben wurde. Emilie Mayer (1812–1833) passt in diesem Programm hervorragend zu Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) und Henry Purcell (~1659–1695). Und der Großartigkeit ihrer Werke nach in viele, viele andere Programme. Es passt auch deshalb zum großen Felix Mendelssohn Bartholdy, weil dieser eine durch die feministische Musikwissenschaft mittlerweile sehr gut erforschte Schwester – Fanny (1805–1847) – hatte, die ihn durch ihr Genie, ihr technisches Niveau und ihre Brillanz auf seiner Reise durch England und Schottland zu Tränen rührte: In dem Erkennen, dass es wohl doch die reinste Verschwendung und ein Fehler war, ihre Werke der Öffentlichkeit vorzuenthalten. „Die Präsenz der Unterrepräsentierten | Gastblog Ludwigsburger Schlossfestspiele“ weiterlesen
Zum heutigen Todestag der Komponistin Fanny Hensel wurde ich vor ein paar Tagen vom Bayerischen Rundfunk interviewt. Dabei herausgekommen ist ein schön verfasster Beitrag von Svenja Wisser als kurzes Portrait, hier zum Nachlesen.
Das Interview wurde heute morgen in der BR-Sendung Piazza ausgestrahlt, die man hier nachhören kann. Mit Ende des Interviews wünschte ich mir Fanny Hensels zauberschönes Gondellied (bei Uhrzeit 09:38), das sie aus ihren Eindrücken in Venedig zu Papier brachte.
In dieser Sendung wurden 23 Musikwerke gesendet. Hätte ich mir das Gondellied nicht gewünscht, wäre kein einziges Werk einer Frau im Programm der Sendung gewesen. 22:1 – das geht heutzutage dank mittlerweile vorhandenem Wissen zu Komponistinnen und vorhandenen eingespielten Werken von Frauen doch besser.
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Elfenbein. Der heute im Neuzustand aus Tier- und Artenschutzgründen verbotene Werkstoff war in den vergangenen Jahrhunderten besonders für Kunstanfertigungen kostbarstes exotisches Arbeitsmaterial. Die ältesten bislang bekannten Kunstwerke aus Elfenbein sind die sog. Venus vom Hohlefels und der sog. Löwenmensch (allerdings ohne Mähne), die rund 40.000 Jahre alt sind und die man im Tal der Ur-Donau bei Schelklingen gefunden hatte. Nicht weit davon befindet sich das kleine ehemalige Reichsstädtchen Blaubeuren mit seinem bekannten Blautopf, der auch durch die Erzählung von Eduard Mörike (1804–1875) der darin aus Sexismus heraus verbannten Schönen Lau berühmt wurde, und das ehemalige Kloster, in dem auch Friedrich Hölderlin (1770–1843) sein Abitur ablegte.
Dieses ehemalige Benediktinerkloster ist nicht nur berühmt wegen seiner ehemaligen Bewohner, sondern für seinen 1494 fertiggestellten Hochaltar, deren Figuren in der Werkstatt des Ulmers Michel Erhart (um 1440/45–nach 1522) und wahrscheinlich auch von dessen Sohn Gregor (um 1465–1540) geschaffen wurden. Letzterer war später Bildschnitzer und Steinbildhauer in Augsburg, und Augsburg hatte – neben München und Florenz – einen legendären Ruf als Schöpferin von Elfenbein-Intarsien und ganzer Truhen aus Elfenbein.
Eine der Augsburger Sensationen des 19. Jahrhunderts, die bis zum Erscheinen dieses Blogtexts offenbar komplett vergessen ist, war ein aus Elfenbein gefertigter Altar: Ein Nachbau des berühmten Blaubeurer Hochaltars. Doch wo befindet sich dieser heute? Eine forensisch-geschichtliche Spurensuche beginnt. „Franz Gremsers Altar aus Elfenbein – historische Sensation in Augsburg?“ weiterlesen
Das erste singende und reisende Damenquartett der Neuzeit* kam aus Schweden, das aus den Fräulein Hilda Wideberg (1841–1927), Amy Åberg (1845–?), Maria Pettersson (?–?) und Wilhelmine Söderlund (1845–1908) bestand. Sie tourten unter der Ägide ihres Impresarios Hofmann** 1874 auf Durchreise in Augsburg in der Goldenen Traube[1], von da über Stuttgart bis nach St. Petersburg und von dort offenbar in die USA, das begeistert so angekündigt wurde:
„Ein nicht alltäglicher Kunstgenuß steht dem Musik liebenden und Musik verständigen Publikum demnächst durch das Auftreten von vier jungen schwedischen Damen im Saale der goldenen Traube bevor. In Leipzig, wo bekanntlich Gesang und Musik in hervorragender Weise gepflegt wird und das Publikum nur gediegenen Leistungen eine Beachtung zollt, fand das Quartett in den prachtvollen und großen Räumlichkeiten des Schützenhauses eine nahezu enthusiastische Aufnahme. Referent berichtet nicht nach ihm gewordenen Mittheilungen, sondern es ward ihm während der Ostermesse bei dem großen Buchhändler=Bankette dieser köstliche Ohrenschmaus selbst zu Theil. Reihen wir an das vokale Programm der Damen noch das musikalische der gleichfalls rühmlichst bekannten Virtuosen, der Herren L[eopold]. Grützenmacher [Grützmacher] (ein Cellist ersten Ranges), L[ouis]. Maas (Pianist) und P[aul]. Klengel (Violin=Virtuos), so dürfen wir also einem wirklichen Künstler=Concerte entgegen sehen.“[2] „Schwedisches Damenquartett in Augsburg 1874 – das erste seiner Art?“ weiterlesen
Offiziell fand die erste Feuerbestattung in Dresden statt. Aber eigentlich in Breslau. Wie das? Wie eine kleine Zeitungsnachricht zu etwas Großem wird. Gestern veröffentlichte ich auf Twitter wieder ein Geschichtsquiz, das von den 89 Teilnehmenden erstaunlicherweise richtig erraten wurde, die tatsächlich auf Breslau tippten:
#Quiz#Histoquiz zur Nacht mit etwas Grusel: Wo fand 1874 die allererste offizielle moderne Leichenverbrennung per Gasofen statt? Es ist tricky 😉@Sarggeschichten@_Bestattung
Hier blättere ich den Thread für besseres Auffinden und Nachlesen noch einmal auf:
Offiziell geschah die erste moderne Verbrennung in einem eigens dafür gefertigten gasbetriebenen Ofen 1874 in Dresden. Dies hatte sich Lady Katherine Dilke für ihre Leiche ausdrücklich auch testamentarisch so gewünscht. Sie starb am 20. September 1874 im Alter von nur 26 Jahren, zwei Tage nach einer Entbindung. Die Einäscherung ihrer Leiche erfolgte am 9. Oktober 1874.[1] So steht es auch im Wikipedia-Artikel zu Feuerbestattung (abgerufen am 21. April 2022).
Reclam in Breslau
Allerdings war dies nicht die erste Verbrennung dieser Art, denn die wirklich allererste fand kurze Zeit vorher offenbar bereits in Breslau statt, wie eine Zeitungsmeldung der Augsburger Neuesten Nachrichten vom 27. September 1874 belegt. Und zwar unter Leitung von Prof. Dr. Karl Heinrich Reclam (1821–1887), der Pionier für diese Bestattungsart war, besonders hinsichtlich wegen besserer Bestattungs- u. Friedhofshygiene in Seuchenzeiten, da 1874 die Cholera besonders stark wieder in München wütete und ca. 1300 Menschen innerhalb weniger Zeit dahinraffte: „Erste Feuerbestattung in Breslau, nicht in Dresden?“ weiterlesen
Ludwig van Beethoven und das liebe Geld. Zeitlebens musste er dafür kämpfen, für seine Kompositionen anständig bezahlt zu werden. Tantiemen, die pro Aufführung/Druck einen Anteil gewährten, gab es damals noch nicht. Und doch bekam Beethoven Tantiemen. DIE Beethoven! Eine Frau? Ja!
Nämlich Caroline van Beethoven (1808–1891), die Frau seines Neffen Karl (1806–1858). Zwar ist bekannt, dass man für die sehr verarmte Frau in Wien Spenden durch Benefizkonzerte sammelte, wohl aber noch nicht, dass sie von München aus sogar Tantiemen erhielt für jede Aufführung von Ludwig van Beethovens Fidelio im Münchner Hoftheater: Fünf Prozent der Einnahmen auf die Dauer von zwei Jahren.„Tantiemen für Caroline van Beethoven“ weiterlesen
Anfang Februar war ich zu Gast im Kofra e. V. in München mit meinem Vortrag zur unbekannten Hosenträgerin Emilie Lehmann, die Revolutions- und Emanzipationslieder verfasste, und zu den Löwinnen von Paris im Mittelpunkt, einer großen ebenfalls noch kaum bekannten Frauenbewegung in Paris, deretwegen noch im 18. Jahrhundert neue Hosenverbots-Gesetze eingeführt wurden, die – lange vergessen – offiziell bis 2013 galten.
Journalistin Elke Amberg hat mich zu meiner Forschungsarbeit interviewt, vor wenigen Tagen im Radio Lora München im Rahmen des Internationalen Frauentags ausgestrahlt wurde.
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Zeitgleich ist mein Aufsatz dazu auch als gedruckte Publikation erschienen: OutSisters – InSisters – Lesben. Lesbisch-feministisches Begehren um Autonomie. Reader zum Lesbenfrühlingstreffen 2021 Bremen: «Lesbenfrühling – rising to the roots», herausgegeben von Barbara Guth und Susanne Bischoff, ISBN/EAN 978-3-347-54788-9, Preis 24.90 €/28.00 CHF. Ein dickes Buch von Gewicht: 715 Gramm, 386 Seiten, Format 24 × 17 cm, reich bebildert:
„In den umfangreichen Kapiteln «Auszüge erforschter Frauenliebe», «Feministische Perspektiven frauenliebender Frauen», «FrauenLesbenWirklichkeiten» präsentieren sodann feministische Autorinnen aus verschiedenen Ländern Ausschnitte ihrer Arbeiten für historische, kulturelle, künstlerische, körper-, gesundheits- und gesellschaftspolitische Sichtweisen lesbischer Frauen und laden zum Stöbern, Diskutieren und Forschen ein.“
Ich wünsche damit viel Freude und schöne Entdeckungen!
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Der Abend (nicht nur) über Filmmusik mit Gabriel Yoran und mir
Wenn ihr letzten Freitag nicht live dabei wart, könnt ihr unseren Abend im Rahmen des 100jährigen Jubiläums der Musikbibliothek der Stadtbibliothek Köln am 18 . März hier nachschauen. Es geht um Wege zur Klassik und insbesondere um Filmmusik. Viele der fast 80 Personen im Videocall wünschten sich eine Fortsetzung. Vielleicht geht ja nochmal etwas zusammen.
„Es war noch nie so aufregend, einfach und billig einen Einstieg in die Welt der klassischen Musik zu finden.“ Ob das stimmt, finden wir heraus! Gabriel Yoran liest Passagen aus seinem Buch und hört mit uns gemeinsam in Beispiele rein, die er dann zusammen mit Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka bespricht. Hier kann man die Ankündigung der Stadt Köln zu diesem Event nochmal nachlesen.
Gute Unterhaltung derweil!
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Am 8. März 2022, dem Internationalen Frauentag bzw. Feministischen Kampftag, veröffentlichte ich auf Twitter als @Donauschwalbe einen Thread zur Ulmer Komponistin Barbara Kluntz (1661–1730), aber nicht nur zu ihr, sondern deshalb, weil sie ein Vorbild hatte. Das haben zwar viele, aber von historischen Persönlichkeiten sind nicht so viele auch manifestierte und nachgewiesene Vorbilder bekannt.
Barbara Kluntz‚ Vorbild war die französische Schriftstellerin, Dichterin, wohl Musikerin und wahrscheinlich sogar auch Komponistin: Georgette de Montenay (1540–1606/07). Diese ist relativ nah an einer anderen, noch wesentlich älteren/früheren Schriftstellerin, Christine de Pizan (1364–nach 1429), die ein wunderbares Buch von der Stadt der Frauen verfasste. Darin sieht man in noch wunderbareren Bildern, wie Frauen an ihrer eigenen Stadt bauen, richtig mit Steinen und Kellen in der Hand. Für Christine de Pizan war jeder Stein eine Frauenpersönlichkeit aus der Geschichte selbst: Auf Frauen konnte sie verlässlich bauen, eine Stadt aus und für Frauen war stabil und für die Zukunft. Eine für die damalige Zeit unglaublich moderne Ansicht. Barbara Kluntz befindet sich also selbst in dieser Kette.
Die wunderbare Kollegin Bianca Walther, die nicht nur das Reisetagebuch von Anna Pappritz (1861–1939) wiederentdeckt und veröffentlicht hat, hat einen eigenen Podcast, die Frauen von damals rund um historische FrauenLesbenQueerGeschichte. Jeden ersten Freitag im Monat gibts ein Interview mit einer Person, die sich für die Sichtbarmachung solcher Geschichte einsetzt. Für Folge 19 wurde ich auserkoren.
Seit ca. zwei Jahren folgen wir uns gegenseitig mit großer Wonne auf Twitter als @frauenvondamals und als @Donauschwalbe und stützen uns auch gegenseitig in einem ganz wunderbaren Netzwerk weiterer Forscherinnen, Autorinnen und Kulturschaffenden.
In diesem einstündigen Interview geht es nicht nur um die von mir wiederentdeckte große Frauenbewegung der Löwinnen von Paris, um Komponistinnen und besonders Ethel Smyth (1858–1944), die mit dem The March of the Women 1910/11 eine – DIE – Hymne für die britische Suffragettenbewegung geschrieben hat, sondern vor allem darum, wie damals mein bisheriger Weg ging, sowas alles überhaupt finden und damit arbeiten und forschen zu können.
O-Töne aus der Hörer:innenschaft „Ein herrliches Gespräch zwischen Bianca Walther und Susanne Wosnitzka, Musikwissenschaftlerin, schwäbisches Original und wohl eine der besten Kennerinnen der Augsburger Geschichte im 19. Jahrhundert. Danke!“ – Prof. Dr. Hedwig Richter, Historikerin (Twitter)
„Hörempfehlung für alle, die sich für Musik, Geschichte, Frauenmusikgeschichte, die Geschichte frauenliebender Frauen, musikliebender Frauen oder musik- und frauenliebender Frauen interessieren. Oder die einfach gerne gute Podcasts hören.“ – Prof. Dr. Ulrike Gerdiken, Erwachsenenbildnerin und Sozialpädagogin (Twitter)
„Mit viel Spaß und großem Interesse das Gespräch zwischen @simultorian und @Donauschwalbe (wer kennt nicht ihre Threads zur Augsburger Geschichte des 19. Jahrhunderts) gehört. Habe fast atemlos Deinem leidenschaftlichen Erzählen gelauscht.“ – FrauenLesen (Twitter
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Wolfgang Amadé Mozart, erste Seite der 12 Variationen über das Lied „Ah! vous-diraj je, Maman“
Immer wieder höre ich, ich solle doch diese eine halsbrecherische Geschichte erzählen oder zumindest mal aufschreiben, und dabei fangen die Leute schon an zu Glucksen vor Wonne, weil es mich wirklich bei Eintreten eines bestimmten Falles wohl den beruflichen Hals gekostet hätte – und das hatte mit einer gewissen Originalhandschrift von niemand Geringerem als Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791) zu tun. Da muss ich wohl nicht mehr erklären, wer das ist. Also los:
Im Jahr 2010 wurde mir die Mitvorstandschaft in der damals noch existierenden Augsburger Mozartgemeinde angetragen als Nachfolgerin des legendären Helmut Haug. Diese habe ich angenommen. Die Deutsche Mozartgesellschaft existiert bis heute in Augsburg und ist die Mutterorganisation aller deutscher Mozartgemeinden, wie das mancherorts noch etwas altertümlich heißt. Beide Vereine arbeiteten mit dem gleichen Ziel, nämlich das Wissen rund um den Namen Mozart in der einzigen ‚echten‘ deutschen Mozartstadt (weil da die Mozarts in echt gelebt haben und Leopold Mozart – Wolfgang Amadés Vater – in Augsburg aufgewachsen ist) aufrecht zu erhalten und zum Beispiel entsprechendes Kulturangebot in Kooperation mit anderen Kultureinrichtungen lokal, national und international bereit zu stellen. „Mit Mozart in die Augsburger Straßenbahn – keine gute Idee“ weiterlesen
Vorab: Dieser Blogtext ist mittlerweile lang, stellt aber gleichzeitig eine Quellenpublikation zu den damaligen Epidemiegeschehnissen in der Stadt Augsburg dar. Aktuell (Stand: 17. Februar 2022) habe ich dieses Seuchenjahr noch nicht abgeschlossen, daher werden weitere Funde untenstehend als Update ergänzt.
Durch den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 fand eine unglaublich starke Truppenbewegung in Europa statt. Die Eisenbahn brachte die Soldaten samt Equipment und Versorgung teils über sehr weite Strecken zu den Kriegsschauplätzen und – als Verwundete und/oder Kriegsgefangene – auch wieder zurück. In den Lagern grassierten durch Massenansammlungen und furchtbare hygienische Zustände vor allem über den Winter in den im Matsch stehenden Zeltstädten ansteckende Krankheiten, besonders Typhus, Augenentzündungen und – alte Bekannte – die Pocken, in dieser Zeit auch noch Blattern[Wikipedia-Artikel, doch VORSICHT: graphic content!] genannt. Durch schnelle Ortswechsel konnten sich die Pockenviren auch schnell verbreiten. Auch der Abriss von Verteidigungsanlagen und der Wegfall von Kontrollmechanismen durch Abschaffung von Eingangskontrollen in den Städten in den 1860er Jahren führten zu lokalen teils sehr heftigen Ausbrüchen. „Augsburg und die Pocken im Kriegsjahr 1871“ weiterlesen
Text erstmals veröffentlicht am 30. Juni 2019 unter https://www.jourfixe-muenchen-ev.com/vilma-von-webenau-verwehte-spuren-finden/ als Gastbeitrag für jourfixe München (ursprüngliche Webseite allerdings nicht mehr vorhanden, daher hier noch einmal wiedergegeben)
Die Lebensspuren einer äußerst bescheidenen Frau wiederzufinden ist nicht einfach.[1] Ab 1898 studierte Wilhelmine Eveline Maria von Webenau (1875–1953) – genannt Vilma – beim damals 24-jährigen Arnold Schönberg (1874–1951) als dessen erste bekannte Privatschülerin. Auf seine Einladung folgte sie ihm um 1900 nach Berlin, gab Konzerte in London, lebte zeitweise in München und dann in Wien, wo sie später in drückender Armut starb. Von Schönberg als Komponistin ihrer Zeit geschätzt, ist ihr Name heute in keiner einzigen Schönberg-Biografie als Schülerin/Studentin zu finden. Puzzlestück für Puzzlestück zusammengetragen ergibt sich nun ein Bild mit Potenzial zu Großem: Mehr als 100 Werke Vilma von Webenaus harren in Wien noch ihrer Entdeckung!
Mit vier daraus ausgesuchten Werken Webenaus begann musica femina münchen e. V. (mfm), diesen unglaublichen und nahezu völlig vergessenen Schatz zu heben – sie erklangen am 3. Dezember 2014 im Rahmenprogramm der Ausstellung Ab nach München! Künstlerinnen um 1900 im Münchner Stadtmuseum als wohl deutsche Erst- oder vielleicht auch als Uraufführungen. Dieses Event, meine Forschungen und Veröffentlichungen stellten den Auftakt dar zu einer daraufhin einsetzenden Nachfrage nach Wissen zu Vilma von Webenaus Leben und Werk. Dieser Blogtext stellt keinen wissenschaftlichen Artikel dar, sondern soll einen Einblick in einen Teil meiner Arbeit geben. „Vilma von Webenau – verwehte Spuren?“ weiterlesen
Unter dem Hashtag #AdventInFemDur finden Sie auch dieses Jahr wieder einen musikalischen Adventskalender auf Twitter. Vom 1. Dezember 2021 an bis einschließlich 27. Dezember in meinem dortigen Profil jeden Morgen um 7 Uhr ein neues virtuelles Türchen (Tweet) zu einer hörenswerten Komponistin, quer durch die Jahrhunderte, Nationen und Religionen.
Da man bei Twitter nur einzelne Tweets und keine Threads (mit mehreren Tweets untereinander) timen kann, werde ich die einzelnen ‚Türchen‘ im Advent chronologisch noch unter den Start-Tweet setzen, damit alle ‚Türchen‘ beieinander sind:
Ihr Lieben,
unter diesem Hashtag findet ihr wie letztes Jahr vom 1.-27. Dezember jeden Tag um/ab 7 Uhr morgens ein virtuelles Türchen zu einem musikalischen #Adventskalender durch die #Frauenmusikgeschichte.
Lasst euch überraschen & labt euch daran 🎄
Eure Sou pic.twitter.com/SdpUbJQdFR
Viel Freude damit und Ihnen einen trotz aller Corona-Schrecknisse einen eingermaßen angenehmen Advent!
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„Ooooh, wie schön, das hat mir letztes Jahr schon so gut gefallen!“ – Lisa, Twitter „War letztes Jahr so toll und hat mir über eine schwierige Zeit weggeholfen. Ich freu mich schon, danke fürs Zusammenstellen.“ – Ulrike, Twitter „Wie schön! Ich freu mich drauf“ – Marie und Sabine, Twitter
König Ludwig XVI. von Frankreich (1754–1793) war überzeugter Impffreund gegen die Pocken, und das bereits 1786, als es noch keine regulär weitflächig eingesetzte Impfung gegen die Seuche gab und solche noch nicht über das Stadium lokaler Versuche durch zum Beispiel Edward Jenner (1749–1823, erste Kinderimpfung als Experiment 1796) hinausgekommen war. Woher wusste der König also so ausgeprägt davon, dass er auch ganz klar erkannte, dass Schulen Hotspots zur Verbreitung der Krankheit waren? Eine Nachricht, die ich dazu in einer hist. Augsburger Tageszeitung gefunden habe, liest sich so weitdenkend, dass man kaum glauben mag, dass sie aus einer so frühen Zeit der Entwicklung von Impfungen stammt:
„Paris, den 19. März. 1786. […] Der König, von den Vortheilen der Blattern=Einimpfung überzeugt und Willens, das Ansteckende dieser Krankheit zu verhindern, welches sich besonders in denjenigen Häusern zeigt, wo viele Kinder vereinigt sind, hat befohlen, daß inskünftige kein Knabe mehr unter seine und der Königin Leibwagen und in die Militärschule, so wie kein Mädchen in das Haus von Saint=Cyr aufgenommen werden solle, bevor dieselben entweder die natürlichen oder eingeimpften Kinderpocken gehabt hätten, als worüber die Aeltern derselben schriftliche Zeugniße vom dem Arzt und Wundarzt des Orts ihres Aufenthalts, welcher von der Obrigkeit legalisirt seyn müssen, beyzubringen hätten.“[1]„Pocken – wie die Impfung nach Augsburg kam“ weiterlesen
Richard Wagner (1813–1883) war öfters in Augsburg. Auf Durchreise. In einer Zeit, in der sein Erscheinen in München bereits Augenrollen verursachte. Auf einer dieser Durchreisen mit Kurzaufenthalt ereignete sich im Augsburger Bahnhof ein Eklat, der vor Gericht endete – ebenfalls in Augsburg.
Damals war Augsburg eine extrem wichtige Umsteigestelle, denn die Züge fuhren noch nicht überall und noch nicht durch. So musste zum Beispiel auch die königliche Familie – wenn sie mit dem Zug nach Hohenschwangau wollte – von München aus kommend in Augsburg umsteigen, um sich dann wieder gen Süden zu bewegen. Im Augsburger Bahnhof befand sich für hohe Herrschaften die gehobene Restauration von Maximilian Seethaler, und darin besondere Räumlichkeiten, in denen diese auch speisen konnten, um sich zu erfrischen, während Züge umgekoppelt oder neu/anders beladen wurden. Zu solchen Gelegenheiten sang die Liedertafel gerne ein Ständchen oder spielte eines der Blasmusikregimenter.
Die Besuche von Königs und Kaisers lassen sich durch entsprechende Hinweise in sieben Augsburger Tageszeitungen, die ich für meine Forschungen zur Stadtgeschichte vom Zeitraum 1746 bis (jetzt) 1884 auf musikalisch-kulturelle Nachrichten untersucht habe, ziemlich lückenlos belegen.
Wie entdeckt man eine unbekannte, verschollen gegangene Pianistin des 19. Jahrhunderts – Caroline von Staudt? Indem man nicht gezielt danach sucht. Sie kennen das: Man stöbert vielleicht jahrelang nach der großen Liebe in irgendwelchen Paar-Foren und Handy-Apps und zeigt sich da von seiner geschlecktesten Seite, findet dann seine große Liebe aber an der Supermarktkasse im Jogginganzug.
So ähnlich finde ich meine ‚Liebschaften‘: Meist im gemütlichen Outfit am Schreibtisch und im Scrollen durch historische Zeitungen. So auch in diesem Fall. In diesem Fall fanden sich aber zusätzlich klavierspielende und komponierende (!) Nachfahrinnen, die bislang nichts von ihrer musikalischen Vorfahrin wussten. Also alles wahnsinnig aufregend und für die heutige Familie von Staudt spektakulär! Und so kam es dazu: „Caroline von Staudt – Augsburger Claviervirtuosin mit seltener Bravour“ weiterlesen
Jemand in Florenz grade im Urlaub? Kunst- und kulturinteressiert? Auch an Frauengeschichte? Zu Ludmilla Assing? Ja? Dann macht doch im berühmten Boboli-Garten bitte der Länge nach ein philosophisches Lieg-In im Rasen. Warum? Als Gedenken!
Sich einfach so in einen Garten zu legen, um über das Leben zu philosophieren, die Schönheit drumherum zu genießen und an Ort und Stelle wahrscheinlich auch niederzuschreiben brachte wohl Ludmilla Assing (1821–1880), Wächterin und teils Herausgeberin der faszinierenden Varnhagen’schen Sammlung, in Italien in Mode. Was offenbar so spektakulär war, dass 1862 darüber im Augsburger Tagblatt berichtet wurde. „Assingmilieren in Florenz | Neufund zu Ludmilla Assing“ weiterlesen
Elegie auf einen Abriss. Viele Augsburger:innen warteten im 19. Jahrhundert freudig darauf, ihre Stadt in die Zukunft geführt zu sehen. Nicht nur Augsburg wurde erleuchtet durch die Genialität von Ludwig August Riedinger (1809–1879), sondern auch buchstäblich mindestens halb Europa durch seine Technik der Gasbeleuchtung. Wiederkehrende Weltausstellungen in München, Paris und London erweiterten den Horizont technischer Art immens und auch die Vorstellungskraft, was noch alles kommen möge in der Zukunft. Man wollte Helle, Weite, Luft und Raum zum Atmen. Das sah man vielerorts durch Stadtmauern begrenzt, die dann um 1850 auch nicht mehr die großen Seuchen wie die Cholera abhielten, auch in Augsburg[1] – im Gegensatz zur Zeit um 1832 – tödlich zu wirken.
Todbringende Technik
Zur Todbringerin war auch die technische Errungenschaft der Eisenbahn geworden, die nicht nur die Menschen, sondern auch Keime schnell von Stadt zu Stadt brachten. Die Entscheidung, den Bahnhof vom Platz vor dem Roten Tor zum heutigen Ort zu verlegen, brachte auch eine neue Straße mit sich: Das war nicht die heutige bekannte Bahnhofstraße, sondern zunächst die heutige Prinzregentenstraße, die als erste dazu genutzt wurde, die Menschenmengen (die in den Augsburger Zeitungen dazu publizierten Zahlen und Baugeschichte habe ich festgehalten) in die Stadt zu bringen. Diese stauten sich allerdings stets an den Toren, da dort strenge Einreisekontrollen stattfanden. So durfte man zum Beispiel kein außerhalb gekauftes Brot oder Fleischwaren in die Stadt bringen (Letzteres auch wegen Seuchengefahr und vor allem, damit das Geld in der Stadt blieb). Immer lauter wurden die Stimmen, die alten Tore abzureißen und die Stadt für einen modernen Verkehr zu öffnen. Die heutige Bahnhofstraße wurde neu dann angelegt, und mit ihr war der Zustrom der Leute kaum mehr zu bewältigen – abgesehen von den vielen Unfällen mit in/an den Toren durch Kutschen zerdrückten Menschen. „Elegie auf den Abriss des Gögginger Tors | Neufund“ weiterlesen
Seit Langem höre ich als Histobloggerin und Feministin Podcasts aller Art: Von Crime und Mysteriösem bis hin zu Geschichte, besonders aber zu Feminismus und Herstory. Ein wahrer Quell an Inspiration findet sich auf Twitter. Täglich findet sich dort Neues in der Timeline, hereingespült durch einfaches Folgen, Teilen und Likes von anderen Menschen, und manchmal entwickeln sich daraus ganz wunderbare Gespräche, anregende Diskussionen, neue Bubbles und persönliche Begegnungen.
Allerdings passiert es auch hin und wieder, dass Leute (einschließlich ich selbst) völlig verblüfft sind, warum ihnen bestimmte Podcasts im Netz noch nicht aufgefallen sind und geflasht darauf aufmerksam machen.
Vereinzelt existieren auf Webseiten eher kurze Listen zu einzelnen Podcasts, aber für Umfänglicheres muss man ausführlicher im Netz suchen und sich die verschiedenen Podcasts zusammenklauben. Um sich das zu sparen, habe ich die Podcasts, die mir online regelmäßig über den Weg laufen, hier aufgelistet und durch Netzfunde ergänzt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber wem noch was einfällt, dann bitte gerne unten als Kommentar eintragen.
Ich habe darauf geachtet, auf die originalen Webseiten der Podcast-Angebote zu verlinken. Wo keine vorhanden sind, greife ich auf Audio-Streaming-Dienste zurück.
Nannette Streicher (1769–1833) – die bedeutendste Klavierbauerin aller Zeiten. Und Sängerin war sie auch noch und Pianistin und Komponistin und Übersetzerin und – da kann man schon mal ins Schwärmen kommen – was wäre Beethoven ohne sie gewesen und wie konnte die Stadt Augsburg ihren 250. Geburtstag nur so schändlich vergessen! Hach! Jetzt aber ist sie wieder voll da!
Im Frühling 2021 wurde ich vom Moselmusikfestival Trier angeschrieben, das ein Programm zu Nannette Streicher plane, weil in der Nähe – in Traben-Trarbach – ein originaler und zudem wunderschöner Konzertflügel von Nannette Streicher steht, der es wert ist, gehört zu werden. Und durch etwas Recherche sind Intendant Tobias Scharfenberger und Ideengeberin/Koordinatorin/Sängerin Charlotte Jarosch von Schweder dann schnell auf mich gekommen; wir fanden schnell heraus, dass wir in dieser Hinsicht ganz gut zusammenpassen, da ich bereits zu Nannette Streicher geforscht und publiziert habe, und so reiste ich Ende Juni zu Dreharbeiten nach Trier. „Nannette Streicher: Star des Moselmusikfestivals 2021 | Podcastvideo“ weiterlesen
Daniel Fenner von Fenneberg (1818–1863) war einst eine literarische als auch politische große Nummer in Augsburg. Eine beinahe zu große für die Stadt in der Zeit der 1848er/1849er Jahre. Allerdings eine Nummer, die heute nicht mehr bekannt ist und wovon dieser Artikel erstmals erzählt – durch meine Recherchen an historischen Tageszeitungen wieder ans Licht gekommen. Und dieses Licht scheint beispielhaft für die Entwicklung der Demokratie in Augsburg.
Die Geschichte der Geschichte
Gibt es für die Märzrevolution einen Startschuss? Ein Tag, der das zuvor schon gärende Fass zum Explodieren brachte? Im Vormärz vielleicht? Vor dem März kommt der Februar. Einen dieser Tage kann man festmachen: Den 9. Februar 1848. Nach Handgreiflichkeiten zwischen seiner Geliebten Lola Montez (1821–1861) und Teilen der Münchner Bevölkerung, schloss König Ludwig I. (1786–1868) an diesem Tag kurzerhand die Münchner Universität und befahl allen Studenten, die Stadt binnen drei Tagen zu verlassen, was zu heftigem Protest und schließlich zur Ausweisung von Lola Montez aus Bayern bzw. Deutschland und der Abdankung von König Ludwig I. führte[1] – was auch in Augsburg großes und nahezu bleiernes Thema war: Eine quasi dahergelaufene ‚falsche Spanierin‘ und ein Mann königlichen Geblütes. Zwei unterschiedliche Klassen. „Daniel Fenner von Fenneberg – Augsburgs Anti-Anti-Revolutionär“ weiterlesen
Die Theatergeschichte Augsburgs ist zwar eine lange – allerdings existiert bislang so gut wie keine moderne Forschung bzw. Publikation dazu. Der Wikipedia-Artikel zum Augsburger Stadttheater bzw. nun Staatstheater liefert zwei historische Publikationen als Grundlage: Einen sehr umfassenden Versuch zur Geschichte der theatralischen Vorstellungen in Augsburg, geschrieben von Friedrich August Witz (1806–1880) und im Druck erschienen 1876[1] zum 100. Jubiläum der Eröffnung des neuen Schauspielhauses (1776) sowie ein paar wenige Seiten in einer Ausgabe des Augsburger Adressbuchs[2] (1971). Hie und da mögen noch einzelne weitere Artikel zu bestimmten Menschen und Ereignissen am/im Theater erschienen sein, aber diese reichen nicht aus, um diesen Teil der Augsburger Stadtgeschichte und der Theatergeschichte auch hinsichtlich der Aufführungen, des internen und externen Personals, der großen Stars, der Umbauten, der Modernisierungen, der Stadtgespräche, der Bewilligungen und Nichtbewilligungen, zu Kosten, Löhnen und Gehältern annähernd zu vervollkommnen. Zumindest so nah wie möglich an die Theatergeschichte heranzukommen, denn die Arbeit mit und an der Geschichte ist – wie Friedrich August Witz erkannt hat – nur ein Versuch, den Ereignissen in der Vergangenheit auf die Spur und damit näher zu kommen.
Letzteres ist nun möglich: Seit Beginn meiner Dissertation zur Musikgeschichte der Goldenen Traube, einer historischen und nicht mehr existenten Gaststätte im Herzen Augsburgs, die drei (!) Konzertsäle besaß, habe ich mich mit historischen Augsburger Tageszeitungen beschäftigt, in denen sich Informationen zu reisenden Musiker:innen, Komponist:innen und Künstler:innen befinden sowie Konzerte und Theaterspiele angekündigt und rezensiert werden. Nebenbei finden sich darin Diskussionen zum Augsburger Kulturleben, Auswirkungen politischer Angelegenheiten auf das Kulturleben sowie zur Theatergeschichte in abhängiger Vernetzung der großen Musikkulturzentren Theater, Goldener Traube, teils auch (aber selten) Kirchen und anderen Gaststätten und Zunfthäuser, die über einen größeren Saal verfügten. „Augsburger Theatergeschichte neu erlebbar“ weiterlesen
2015 moderierte ich einen Talk mit internationalen Komponist:innen im Rahmen des Specs-On-Festivals in Berlin unter Kuration des schwedischen Bassisten Emil Roijer im meCollectors Room der Stiftung Olbrich.
2019 war ich erstmals in Stockholm, um für Den Andra Operan und deren Aufführung von Talestri, regina delle amazzoni (Maria Antonia Walpurgis von Sachsen, UA 1760/1763 München) fürs Programmheft zu schreiben und um an einer Kooperation mit musica femina münchen zu arbeiten, damit dieses sehr faszinierende Werk in diesem modernen Arrangement in München erstmals wieder am Ort seiner Uraufführung in Schloss Nymphenburg erlebt werden kann.
Wegbereitung
Und Ende 2019 war eine vertiefende Wegbereitung auf einem kleinen Komponistinnen-Fest in der schwedischen Botschaft in Berlin. Gäste waren außer mir nach vorangegangener elektroakustischer Musik (von Savannah Agger, Claire Renard, Lucie Prod’homme, Sophie Lacaze und Christine Groult) Astrid Pernille Hartmann (damals Präsidentin KVAST) auf dem Panel mit Fredrik Andersson (Programmdirektor Royal Stockholm Philharmonic Orchestra/Stockholm Concerthouse), Bettina Wackernagel (Artistic director Heroines of Sound Festival), Julia Gerlach (Secretary of the music section, Akademie der Künste), Claire Renard (Komponistin, Vize-Präsidentin Plurielles34) und Lucie Prod’homme (Komponistin).
Et voilà – ich freue mich sehr auf eine künftige Zusammenarbeit, auch für weiteres internationales Netzwerken!
Mit großem Dank besonders an Astrid Pernille Hartmann, Guldkvasten-Preisträgerin und Präsidentin von KVAST, Swedish Association of Women Composers 2016 bis 2021, die von meiner Arbeit so begeistert war/ist, dass sie mich zu diesem Sitz im Beirat von KVAST eingeladen hat.
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Seit dem 17. April läuft bereits das nexTus-Festival – und das noch online bis 9. Mai 2021.
Was ist das nexTus-Festival? Das ist „ein neues Kollektiv von inspirierten Musiker:innen und Unternehmern, die sich durch die BYOM Academy Community zusammengeschlossen haben, um eine neue Art und Weise zu schaffen, musikalisches Handwerk der Welt zu präsentieren. Wir haben uns verpflichtet, unser Talent und unsere Kreativität mit unserem Publikum zu teilen, uns über alle aktuellen Hindernisse zu erheben und sie in unsere Stärken zu verwandeln.
Als Ergebnis sind wir stolz darauf, unser erstes Musikfestival – das nexTus-Festival – online zu präsentieren. Der Titel setzt sich gleichzeitig aus dem Wort Nexus, das Verbindung oder Zentrum bedeutet, und der Phrase Next Us zusammen, denn wir blicken in die Zukunft und auf die bestmögliche Version von uns selbst und der Welt der klassischen Musik.
Unser neues Festival ist stark von unserer ‚Lovemark‘ geprägt – drei Worte, die die BYOM-Community als Ganzes zusammenfassen:
Verbindung – Inspiration – Innovation.“
Leider habe ich es zeitlich nicht geschafft, in alle Programmpunkte zu schauen; mit im Orga-Team des nexTus UND als Künstlerin wirkt aber Violinistin Susanne Hehenberger, die in Salzburg auch im Vorstand der Maria-Anna-Mozart-Gesellschaft arbeitet. Sie kenne ich aus dem Team persönlich, auch über meine eigene Mitvorstandsschaft bei musica femina münchen. Schwestern-Netzwerke, die tragen! Susanne Hehenberger spielt auch in Wilhelm – A Silent Opera (basierend auf der Novelle Spiel im Morgengrauen von Arthur Schnitzler) am 1. Mai:
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Eine andere gute alte Bekannte, die im nexTus-Festival wirkt, ist meine Kollegin Heike Matthiesen, professionelle Gitarristin, die am 8. Mai – dem Ladies‘ Day – ihr Programm Ladies who Guitar vorstellt. Ghenadie Rotari spielt Werke von Komponistinnen auf dem Akkordeon, Natalia Hurst begibt sich in eine multimediale Performance einer Frau in Quarantäne, und Antonija Pacek schreibt und spielt gegen eine Verschmutzung der Ozeane mit ihrem Programm Save the Sea.
Besonders beeindruckt bin ich vom Schaffen von Rosalyn Aninyei (Violinistin) als Gastrednerin, Gründerin/CEO der Vesta Orchestra and Opera Foundation, die den vielen talentierten Künstler:innen in Nigeria eine Bühne auf Weltniveau bieten möchte. Nachdem sie über ein Jahrzehnt in Wien gelebt hatte, wurde sie von der Musikkultur der Stadt so inspiriert, dass sie in Lagos/Nigeria das African Classical Project ins Leben rief, um Musik von hauptsächlich afrikanischen klassischen Komponist:innen in Auftrag zu geben, zu kuratieren und aufzuführen – mit dem ultimativen Ziel eines Opernhauses in Lagos, in dem diese Werke neben bemerkenswerten europäischen Opern präsentiert werden. Rosalyn Aninyei hat ein Team von kompetenten und erfahrenen Akteur:innen zusammengestellt, um das Lagos Opera House zu gründen.
Schaut also un-be-dingt in das noch weitere Programm dieses tollen Festivals!
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Von ‚Karl the Ripper‘, dem Mädchenschneider von Augsburg, der in den 1830er Jahren für extreme Ängste unter Frauen sorgte, zum Zopfabschneider. In einem Zeitraum von ca. 20 Jahren erlebte Augsburg ganze Serien an Verbrechen, die sich wie im Fall des sog. Mädchenschneiders über viele Jahre hinzogen und bis zur Aufklärung für Panik in der Stadt sorgten – inklusive einem falsch beschuldigten und in den Tod getriebenen Mann.
Ein Fall, der sich allerdings nicht wirklich klären ließ, war der des geheimnisvollen Zopfabschneiders. Die dazu in historischen Tageszeitungen erhaltenen Pressemeldungen lassen ein großes Fragezeichen zurück: War der Mädchenschneider eine reale Person oder steckt doch etwas ganz anderes dahinter? Etwa eine Inszenierung, ein bemäntelter Protest gegen vorherrschende Unterdrückungssysteme? „Der Zopfabschneider – Crime oder Frauenbewegung?“ weiterlesen
Tolle Veranstaltung, bei der ich im Panel zu Komponistinnen in der Klassik mit dabei bin! Hier der weitergereichte Text:
Das erste Netzwerktreffen aller FLINTA+ Netzwerke und Aktivistinnen der deutschen Musikbranche steht bevor: Am 21. April 2021 lädt Network the Networks zum gemeinsamen Austausch, Wissenstransfer und Empowerment ein. Ab sofort könnt ihr euch für Talks, Workshops, Listening Sessions und viele weitere Formate mehr rund um das Thema Gender Equality in der Musik(industrie) anmelden! Mit dabei: Songwriter Feeback Session mit Alin Coen und Visibility Breakfast Berlin, Netzwerke kennenlernen mit fæmm, Code of Conduct für FLINTA+ Netzwerke erstellen mit Gefährliche Arbeit, Action Against Abuse in the Music Industry mit Keychange u. v. m.
Die meisten Sessions finden auf Deutsch statt, vereinzelt gibt es auch Formate auf Englisch. Die Sessions sind für alle FLINTA+ Interessierten offen – egal ob ihr bereits Teil eines Netzwerks seid, es werden wollt oder einfach reinschnuppern möchtet – sehr viele Sessions heißen auch Männer als Allies willkommen, die Info steht jeweils in den Sessions. Eine Übersicht aller Sessions sowie weitere Infos zur Anmeldung findet ihr hier.
…Der Auftakt findet von 10:00 Uhr bis 11:30 Uhr mit der Manifest Session statt. Was läuft schief bezüglich Gender Equality in der Musik(industrie) in Deutschland? Wie könnte man für mehr Gleichberechtigung sorgen? Was sind Best Practices? In Breakout Räumen schreiben wir gemeinsam ein Manifest, das wir im Anschluss an die Politik geben wollen. Du hast Lust die Zukunft der Musikindustrie mitzuschreiben? Dann melde dich hier zur Manifest Session an!
…Weiter geht’s um 12 Uhr mit einer Vorstellungsrunde deutscher FLINTA+ Netzwerke und einem anschließenden Speeddating, organisiert von fæmm. Welche Themen liegen Initiativen und Organisationen in diesem Jahr besonders am Herzen? Welche Projekte werden gerade angestoßen? Wo ergeben sich vielleicht Synergien? Lernt euch kennen, tauscht euch über eure Pläne aus und schmiedet gemeinsam Ideen!
Neugierig, was euch am Nachmittag und Abend erwartet? Hier geht’s zum Timetable. Von 19:00 bis 20:30 Uhr findet ein Panel zum Thema Komponistinnen in der Klassik statt mit Diversity Classical Music, Archiv Frau und Musik (in Vertretung: Susanne Wosnitzka), musica femina münchen (in Vertretung: Susanne Wosnitzka), Pro Quote Bühne, Pro Quote Film, Deutscher Komponistenverband (DKV) und Offene Ohren.
Meldet euch an und seid dabei und: merkt euch auch schon mal den 29. April vor, da findet der Bayerische Club of Heroines* statt, wo wir uns und weitere FLINTA+ Initiativen aus Bayern vorstellen und uns vernetzen!
Grafik aus „Augsburg, wie es ist“ (1846, gemeinfrei)
Seit Jahren befasse ich mich mit historischen Augsburger Tageszeitungen: dem Augspurgischen Intelligenz=Zettel/Intelligenz=Blatt (AIZ, Stadtarchiv Augsburg, nicht digitalisiert) und dessen Nachfolgeblatt, dem Augsburgischen Intelligenz=Blatt (AIB, Stadtarchiv Augsburg, nicht digitalisiert), der Augspurgischen Ordinari Postzeitung (AOP, Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, digitalisiert), der Augspurgischen Ordinären Zeitung (AOZ, Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, nicht digitalisiert), die parallel zur AOP nur von 1792–1797 existierte, im Augsburger Buchdruck und Verlagswesen (Hg. Helmut Gier/Johannes Janota) irrtümlich als Nachfolgeblatt der AOP angeben.
Dann weiter mit der Neuen Augsburger Zeitung (NOZ), die nur 1830/31 existierte (UB Augsburg, digitalisiert) und der Augsburger Postzeitung (AP, ab 1833 Nachfolgeblatt der AOP, UB Augsburg). Zum Zeitpunkt meiner Niederschrift hier war sie aber nur bis 1848 digitalisiert. Daher enden meine Abschriften in dieser Sammlung auch vorläufig mit diesem Jahr. „Augsburger jüdische Geschichte | Quellenerschließung“ weiterlesen
Wenn man in Zeiten von Corona ans Reisen denkt, bleibt es allermeist bei sehnsuchtsvollen Rückblicken – oder eifrig-trotzigen künftigen Reiseplänen. 2015 erlebte ich auf einer Dienstreise eine der zauberhaftesten Bahngeschichten überhaupt: Den Grüffelo-Deal mit Zukunft!
Chaos pur in Frankfurt am Main: Züge verspätet, ausgefallen oder verkürzt. Dazu war es brüllend heiß, was den Pisseammoniakgeruch im Durchgangstunnel zum Gleis noch verstärkte. Die Züge waren teils so geschrumpft, dass Passagiere, die Plätze reserviert hatten, in den Zug bzw. in die Röhre schauten, weil einfach ihre Waggons abgekoppelt worden waren. Freie Plätze gab es somit direkt nur noch an der Tür. Wenigstens kann man dort die Beine vernünftig ausstrecken, hat Frischluft, nur einen Schritt zum Klo und man kann Menschen von unten betrachten.
Neben mir kam ein kleines Menschlein zum Sitzen. Die kleine Luca (5 oder 6) mit ihrer Mama. Luca machte es sich auf der Verpackung eines aufblasbaren Schwimmbads bequem, zog aus ihrem kleinen rosafarbenen Walt-Disney-Märchenschloss-Rucksack einen DVD-Player und zog sich seelenruhig den Grüffelo rein. Nebenbei erzählte Luca Folgendes:
Luca war sehr tapfer gewesen, denn man hatte ihr vor ein paar Tagen einen Zahn ziehen müssen. Sie zeigte mir ganz stolz die vernähte Lücke, während ihre Mama die Augen nach oben verdrehte. Ich fands obercool, wie cool Luca war. Nach einer Weile wollte sie Multitasking und zog eine rosafarbene Blechbüchse heraus, in der sich trendy Gummibänder befanden, die man zu Ketten häkeln konnte. Die Gummibänder waren in Weiß-Pink und Orange-Pink.
Amusement par excellence
Ich guckte ein bisschen mit ihr den Grüffelo und amüsierte mich. Ein junger Mann (Typ Jungmanager) kam gegenüber auf seinem Koffer zu sitzen und gaffte. Luca hatte aber keine Zeit zum Zurückgaffen, denn sie strickte mir gerade aus den weiß-pink-farbenen Gummibändern einen Ring. Immer wieder testete sie, ob die Größe schon passte. Endlich war er fertig und sogar relativ bequem. Ich versprach ihr, dass wenn ich den Ring ablege, ihn stattdessen an meinem Schlüsselbund tragen würde. Luca strahlte.
Der Jungmanager beobachtete die Szenerie. Luca guckte ihn an und sagte: „Ich mach dir ein Armband!“ Er war interessiert und meinte: „Prima, lass dir Zeit, ich bin jetzt zwei Stunden lang hier im Zug“. Luca fasste das als Arbeitsauftrag auf und legte los. Sie brachte das Armband fertig und lieferte es beim Jungmanager ab, der sie mit 5 € entlohnte. Während Luca laut überlegte, was sie mit dem Geld machen wolle (Eis kaufen), gab ihr der Jungmanager einen heißen Tipp: „Kauf dir kein Eis, sondern kauf dir von dem Geld neues Material und mach weiter mit deinem Geschäft.“ Luca strahlte.
Panik statt Genussfahrt
An der nächsten Station (Aschaffenburg) stieg eine junge Frau ein, die nach Schweinfurt musste. Affen und Schweine. Perfekt. Allerdings fuhr der Zug nicht nach Schweinfurt, sondern nach Nürnberg, weil auf der Abfahrtstafel was Falsches angegeben war. Was sie in Tränen auflösen ließ, weil ihr Liebster verzweifelt am Bahnhof in Schweinfurt stünde. Beflügelt von seinem neuen Armband (in Weiß-Pink – passend zum anthrazitfarbenen Anzug) gab der Jungmanager auch dieser einen heißen Tipp: „Pass auf, wenn dir die Schaffner für die Rückfahrt was berechnen wollen, dann machst du das Chaos des Tages für die Unpässlichkeit verantwortlich und zahlst gar nix. Und wenn die was dagegen haben, dann red ich mal mit denen.“ Karmaaaaaa!
Luca zog dann mit ihrer Mutter in Nürnberg von dannen. Der DVD-Player hatte pünktlich zur Zugeinfahrt den Geist aufgegeben. Ich selbst stieg in München aus, der Jungmanager ebenfalls.
Später sah ich ihn zufällig nochmal in der Stadt wieder. Er trug noch immer das weiß-pink-farbene Superpower-Gummiband.
So weit diese Geschichte. Und wenn ihr denkt, ich hätte meinen Superpowerring längst vergessen – nein! Er ist zwar nicht mehr am Finger und auch nicht am Schlüsselbund, sondern als Erinnerung an diese wunderschöne Begegnung in meinem Schmuckkästchen. Und vielleicht kann sich Luca (heute 10 oder 11) auch noch in Freude an diese Geschichte erinnern.
Ein paar weitere/heitere Zuggeschichten kann man hier nachlesen, auch wenn einem meist eher weniger zum Lachen ist bei Verhindernissen aller Art auf der Strecke.
Lustige Bahnansagen gibts bei Twitter.
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Jetzt. Ich tippe konzentriert interessante historische Zeitungsmeldungen ab. Um meine geräuschfreie Ruhe zu haben, habe ich zuvor meine Hörgeräte herausgenommen und meine Kopfhörer aufgesetzt. Meistens höre ich neben dieser Recherche- und Forschungsarbeit eine Geschichtsdokumentation, ein Hörspiel oder – seltener – Musik.
Musik ist für mich meist dann furchtbar ablenkend, wenn ich über Musik nachdenke. Das ist dann in etwa so störend, wie Besteckschieben über Porzellan, obwohl Musikhören und Musikdenken an und für sich schön sind. Eigentlich wollte ich heute nur Samuel Barbers Agnus dei nebenbei haben, das auf die vielen zauberhaften, aber teils auch schrecklichen Meldungen historischer Zeiten im stetigen Wechsel so gut passt. Und das je nach Stimmung im Dauer-Repeat. Heute sollte es also Dauer-Repeat sein.
Aber heute ist daran etwas anders. Statt Dauer-Repeat läuft aus Versehen ein Mix mit aufeinanderfolgenden YouTube-Musikvideos. Deshalb folgt auf dieses Agnus dei der zweite Satz aus Beethovens Klavierkonzert Nr. 5, und zwar mit dem London Festival Orchestra und Sylvia Čápová-Vizváry am Flügel.
Weil ich gerade höchst konzentriert am Abtippen bin, lasse ich diese Musik trotzdem weiterlaufen. Und denke nach dem Orchesterintro nach der ersten Abwärtsbewegung der darauf einsetzenden Klaviertöne genervt: „Uff, schlaf halt ein beim Spielen“. Eine der langsamsten Interpretationen dieses Werks, die ich je gehört habe. „Beethoven und ich – Die Erinnerung der Langsamkeit“ weiterlesen
Wer waren die größten Schweizerinnen der 1850er Jahre? Da gab es zum Beispiel Wilhelmine von Hillern (1836–1916) – Tochter der höchst erfolgreichen Dramatikerin und (zugereisten) Züricher Theaterdirektorin Charlotte Birch-Pfeiffer (1800–1868) –, die zuerst als Schauspielerin agierte, sich aber nach ihrer Hochzeit von der Bühne verabschiedete (oder verabschieden musste) und der Schriftstellerei zuwandte. Deren heute bekanntestes Werk ist die vielfach verfilmte und legendäre Geier-Wally.
Oder auch Anna Susanna Fries (1827–1901, kein Link, da leider noch kaum Informationen im Netz) aus Zürich, die sich trotz des Widerstandes ihres Vaters der Kunst widmete und an den Kunstschulen in München und Paris und dann bei einzelnen Malern in Zürich studierte. Mitte der 1850er Jahre ließ sie sich als Porträtistin in ihrer Heimatstadt nieder und malte u. a. die weltbekannte Schriftstellerin Johanna Spyri (Heidi, 1827–1901) – auch diese eine der größten Schweizerinnen. Durch den Auftrag, die niederländische Königin und deren Hof zu porträtieren, arbeitete Anna Susanna Fries für zwei Jahre in Holland. In Florenz gründete sie Anfang der 1870er Jahre eine Kunstschule für Frauen, in der sie zwölf bis zwanzig Schülerinnen hatte. Nach einer Reise in den Orient malte sie besonders auch Landschaften und Figuren. Ihre eigentliche Stärke aber war die Porträtmalerei.[1]
Seltene Angaben
So weit, so groß. Aber wer waren denn nun die wirklich größten Schweizerinnen der 1850er Jahre? In ganz, ganz seltenen Fällen kann man das nämlich auch auf die pure Körpergröße anwenden, sofern sich Angaben zu Körpergrößen von Menschen aus dieser Zeit überhaupt erhalten haben.
Einer dieser Fälle kam heute während meiner Recherchen in einer historischen Augsburger Tageszeitung zu Tage. Darin wurden zwei Schweizer Schwestern als wandelnde Riesensensation angekündigt mit folgenden Worten: „Die größten Schweizerinnen 1858“ weiterlesen
Wer viel in Büchern stöbert, um über längst vergangene Geschichte zu erfahren, findet oft nicht das Gesuchte (oder erst im hundersten von hundert mühsam gewälzten Büchern), aber viele andere Geschichten drumherum – wie die der Schmaraggel: Von einer Frau, die es geschafft hatte, ein florierendes Finanzgeschäft aufzubauen. Zwar nicht wirklich legal, aber so, dass sie ein gutes eigenes Auskommen hatte und nicht Hunger litt. Was dem Magistrat der Stadt nicht ganz geheuer war und sie wegen ‚Beschützen‘ nächtlicher Diebereien, eines ‚unzüchtigen Lebenswandels und anderer gar böser Dinge am 19. Mai 1721 mit dem Schwerd [sic] und blutiger Hand vom Leben zum Tode gebracht‘ wurde.
Auskommen mit dem Einkommen
Ein gutes eigenes Auskommen hatten nur die wenigsten Frauen, die dadurch in dieser Zeit finanziell unabhängig sein konnten. Über eigenes Geld und ein eigenes Konto verfügen durften Frauen erst seit 1962.[1] Frauen, die ‚unbequem‘ waren und sich den bestehenden Moralvorstellungen der Zeit nicht anpassen konnten oder in so verheerende Lebenssituationen gebracht wurden (die diese Moralvorstellungen verursachten und keine Schuld der Frau waren), dass sie zwangsweise zu Kriminellen wurden, wurden einfach aus der Stadt entfernt. Das waren zum Beispiel Frauen, die außerhalb einer Ehe schwanger wurden (ob gewollt oder ungewollt) und somit unehelich gebaren. Wer heiraten wollte, musste vorher die Gunst des Stadtmagistrats besitzen, um eine Bewilligung zur Heirat zu erhalten. Einreichen konnten so eine Bitte um Bewilligung nur Männer, die einen mustergültigen Lebenswandel pflegten und der Stadt von Nutzen waren, d. h. Geld hereinbrachten – durch Steuern oder entsprechendes Kapital. „Die Geschichte von der ‚unzüchtigen‘ Schmaraggel in Augsburg“ weiterlesen
Es war einmal ein Mann, der – in Pelz gehüllt – an einem Tag im Herbst des Jahres 1856 im kleinen Weinheim an der Bergstraße (zwischen Frankfurt/Main und Mannheim gelegen) für einen Straßenauflauf sorgte. Eigentlich sorgte nicht der Mann in Pelz für Furore (der niemand Geringeres als der berühmte Komponist Gioachino Rossini war), sondern womit er reiste: Mit der Extrapost, das heißt einer extra schnellen Kutsche mit vier Pferden für geballte Vorwärtskommkraft und mit zwei Postillonen auf dem Kutschbock, die nicht überall hielt.
In der Zeit der Romantik waren Postkutschen ein beliebtes Motiv von Maler:innen. Solche Kutschen scheinen um 1856 offenbar aber bereits eine Seltenheit gewesen zu sein; erst wenige Jahre zuvor hatten moderne Eisenbahnen damit begonnen, die althergebrachten Reise- und Postkutschen nach und nach zu verdrängen. Zumindest auf den Straßen, die auf den kürzesten Strecken zwischen A und B mit Schienen für das Dampfross versehen wurden. Mit dem Zug kam man schneller und bequemer voran als in einer Kutsche, deren Pferde zudem an den einzelnen Wegstationen ausgetauscht und/oder umgespannt werden mussten. Die Cholera kam dadurch auch schneller von A nach B, aber das ist eine andere Geschichte.
„Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen. Sie bekommen nichts“ – Simone de Beauvoir (1908–1986) ist als französische Schriftstellerin und Philosophin weltbekannt. Besonders mit ihrem Werk Das andere Geschlecht (1949) hat sie einen Meilenstein der feministischen Literatur geschaffen. Aber wer kennt Léocadie de Beauvoir (1823–1859), die ein freies und eigenständiges Publizieren nicht nur für – die mit ihr nicht verwandte – Simone de Beauvoir, sondern wohl für alle Schriftstellerinnen durch ihre Hartnäckigkeit erst ermöglicht hat?
Genau. So habe ich auch geschaut, als ich heute diese ganz besondere Nachricht im Augsburger Tagblatt entdeckt habe und dieser weiter nachgegangen bin im Rahmen der derzeitigen Möglichkeiten bzw. Unmöglichkeiten.
Read this article in English here: Ethel Smyth – a firecracker in Munich. Thanks to Gabriella Di Laccio to publish it on her website ‚donne – women in music‘ (28, Juni 2021)
Ethel Smyth (1858–1944) war ein Kracher. Sie ließ so gut wie nichts anbrennen, war ihrer Zeit voraus, bewegte sich in höchsten und coolsten Kreisen, war musisch wie schriftstellerisch höchstbegabt, war unglaublich mutig, indem sie sich gegen gesellschaftliche Normen und Frauenhasser stellte und dadurch großartiges Neues schuf, darunter ihr The March of the Women, den sie 1910 für die Treffen und Demos der britischen Frauenwahlrechtskämpferinnen zusammen mit der Poetin Cicely Hamilton (1872–1952) verfasst hatte. Dieser Marsch ist in den letzten Jahren bekannter geworden und wird gerne – weil er so wunderbar eingängig ist – mittlerweile wieder besonders zu Veranstaltungen rund um den Internationalen Frauentag gesungen. Auch im Film Suffragette (2015) konnte man einen Teil davon bei einer nachgestellten Demo hören.
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Leipzig, ick hör dir trapsen
Ethel Smyth, aufgewachsen in einem Vorort von London in einer Familie der gehobenen Mittelschicht, hatte eine deutsche Nanny, die in Leipzig pianistisch ausgebildet worden war und Klein-Ethel Klavierunterricht gab. Es stellte sich schnell heraus, dass Ethel für Musik besonders begabt war. In ihr reifte die Idee, ebenfalls in Leipzig zu studieren. Aber nicht das Klavierspiel, um Interpretin zu werden, sondern um Komponistin zu werden! Das galt damals als ziemlich aussichtslos, da Frauen aufgrund ihres Geschlechts keine Chance hatten, als Kapellmeisterin einen Job zu bekommen. Was mit ein Grund ist, warum Großwerke von Frauen heute kaum bekannt sind – sie konnten ihre Werke eben nicht einfach mit einem Orchester, dem sie vorstanden, einüben und selbstverständlich aufführen.[1] Sie hätten dazu ein Orchester und einen Konzertsaal anmieten und hätten selbst für Werbung etc. sorgen müssen. Emilie Mayer (1812–1883) konnte das eine Zeit lang, weil sie über entsprechendes Privatgeld verfügt hatte – das dann irgendwann aufgebraucht war, sodass weitere Großwerke wohl deswegen zu Lebzeiten nie auf die Bühnen gebracht wurde. „Ethel Smyth – Suffragette in München | #femaleheritage“ weiterlesen
Historische Zeitungen sind nicht nur ein Quell der Freude an längst verschütt gegangenen Nachrichten zu Kunst und Kultur, sondern auch ein Hort der Dokumentation des Bösen wie im Fall der Anna Billmaier in München-Haidhausen 1848.
CN Gewaltverbrechen Triggerwarnung!
Im Rahmen der Forschungen zu meiner musikwissenschaftlichen Dissertation anhand mehrerer historischer Augsburger Tageszeitungen der Jahre 1746 bis 1878, die national und international berichteten, kam auch eine Fülle an Gewaltverbrechen und vermeidbarer Tode hervor. Unter Ersteren auch eine Menge an – in heutigen Zeitungen gerne genannten – ‚Beziehungsdramen‘; Männer, die ihre Ehefrauen und/oder Kinder aus eigenem Lebensüberdruss umbrachten, aus Eifersucht, kleinem Ego und toxischen Männlichkeitsvorstellungen – die ganze Palette, die man noch heute in solchen Nachrichten findet. In historischen Zeitungen, die aus (pseudo)moralischen Gründen unschickliche Begriffe sonst vermieden, werden solche Morde sehr klar als solche bezeichnet. Das Wort ‚Beziehungsdrama‘ habe ich in keiner der vier von mir lückenlos untersuchten Magazine gelesen. „Anna Billmaier, die Schlächterin von Haidhausen | #femaleheritage“ weiterlesen
im Jahr 2020 habe ich mir zu Weihnachten einen musikalischen Adventskalender durch die Frauenmusikgeschichte ausgedacht, der bis einschließlich 25. Dezember auf meinem Twitter-Profil @Donauschwalbe und unter dem Hashtag #AdventInFemDur täglich morgens ab 7 Uhr ein neues ‚Türchen‘ mit Musik und Information bot:
unter diesem Hashtag findet ihr ab morgen bis einschließlich 25. Dezember jeden Tag um/ab 7 Uhr morgens ein virtuelles Türchen zu einem musikalischen Adventskalender durch die #Frauenmusikgeschichte.
Ihr Lieben,
unter diesem Hashtag findet ihr wie letztes Jahr vom 1.-27. Dezember jeden Tag um/ab 7 Uhr morgens ein virtuelles Türchen zu einem musikalischen #Adventskalender durch die #Frauenmusikgeschichte.
Lasst euch überraschen & labt euch daran 🎄
Eure Sou pic.twitter.com/SdpUbJQdFR
„Wenn wir jedoch verstehen wollen, warum Frauen, selbst wenn ihnen nicht der Mund verboten wird, noch immer einen sehr hohen Preis zahlen, um Gehör zu finden – und wenn wir daran etwas ändern möchten –, dann müssen wir einsehen, dass das Ganze komplizierter ist und eine lange Geschichte dahintersteht.“ – Mary Beard, mit Weitsicht
Sie hat recht. Es. Ist. Kompliziert. Und es ist mit einer langen Geschichte dahinter. Auch noch unbekannter Geschichte, die ich in diesem Blogtext mit einer neuen Theorie für die #femaleheritage-Blogparade der Monacensia München erstmals vorstellen möchte. Was es nicht weniger kompliziert macht. Das Bekannte sind einzelne Leuchtpunkte der Frauenbewegungsgeschichte, die aber offenbar ein ganzes Lichtermeer hinter sich gehabt haben in Form einer noch unbekannten Pariser Frauenbewegung, die über klare Erkennungsmerkmale verfügte, einen Namen hatte und die meinen Überlegungen nach wegweisend für die deutsche Frauenbewegung ab 1848/49 gewesen war.
Neue Wege
Seit Jahren beschäftige ich mich im Rahmen meiner musikwissenschaftlichen Dissertation mit mehreren historischen Augsburger Tageszeitungen, die ich für die Jahre 1746 bis 1878 hauptsächlich auf Musikkulturnachrichten in Gänze abgegrast habe. Das ergab ein unglaublich dichtes Netz an großteils unbekannten Informationen nicht nur zum Musik- und Kulturleben, das Hand in Hand ging, sondern auch zu allem, was die Menschen bewegt hat. Angefangen von seltsamen Wettererscheinungen und Naturkatastrophen (lückenlos dokumentiert) und neuen Erfindungen (und bekannte, die teils noch weiter zurückdatiert werden können), über unbekannte Episoden und Einzelschicksale aus der Französischen Revolution bis hin zu politischen Begebenheiten, die die Welt aus den Fugen gebracht haben. „Politisches Credo in Hosen mit Löwinnen | #femaleheritage“ weiterlesen
Clara Schumann hat null Bock. Sidekick: Unbekanntes zu Franz Liszt in Augsburg. Neues zur Konzertorganisation im 19. Jahrhundert in Augsburg und München
This blogtext, written for the #femaleheritage blogparade of the Monacensia Munich, is now available in English! Thanks to Gabriella Di Laccio to publish it on her website Donne365!
Geht man ins Konzert, geht man in ein Konzerthaus, ins Theater oder in eine Kirche. Im 18. und 19. Jahrhundert ging man dazu in eine Gaststätte, in ein Hotel oder in eines der Zunfthäuser, die über einen großen Tanzsaal für Hochzeiten und andere Anlässe verfügten. Eigens als Konzertsaal angelegte Lokalitäten gab es erst relativ spät mit steigender (Massen)Nachfrage von Konzerten der Virtuosen-Superstars Niccolò Paganini (1782–1840) und Franz Liszt (1811–1886), der Schwestern Teresa (1827–1904) und Maria (1832–1848) Milanollo sowie ganzer Orchestertrupps wie dem von Johann Strauss sen. (1804–1849), die auf ihren Tourneen überall und von sehr vielen Menschen gehört werden wollten. Einer der ersten neugebauten richtigen Konzertsäle war das Münchner Odeon, erbaut 1826/28 von Leo von Klenze (1784–1864) für genau solche Zwecke.
In Augsburg hingegen gab es so etwas bis Ende des 19. Jahrhunderts nicht. Dafür hatte man den großen Apollo-Saal der heute nur noch wenig bekannten Goldenen Traube, die im 18. und 19. Jahrhundert das Zentrum bürgerlicher Musikausübung war und Thema meiner sich in Arbeit befindenden Dissertation ist. Für diese durchforstete ich in den letzten Jahren neun Augsburger Tageszeitungen der Jahre 1746 bis (jetzt) 1878 (vorläufiges Ende der Digitalisierung mit Warten auf Nachschub) auf Musik- und Kulturnachrichten – über 100 Jahre dichteste Lokal- und Weltgeschichte mit zahlreichen anderen hochinteressanten Funden anderer Sparten, mit denen sich zum Beispiel auch die Geschichte der Ballonfahrt neu schreiben ließe oder die europäische Frauenbewegungsgeschichte, zu der ich einen eigenen unbekannten französischen Strang entdeckt habe, der zum Inhalt eines anderen Histoblogs der #femaleheritage-Blogparade der Monacensia München wird. An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich bei den Organisatorinnen für die persönliche Einladung, für diese Aktion mein Wissen in mehreren Blogtexten präsentieren zu können. Dieser hier ist der erste in der Reihe. „Clara Schumann hat null Bock | #femaleheritage“ weiterlesen
laStaempfli: „[Auf das Thema] bin ich gestoßen dank Susanne Wosnitzka, die ist großartig auf Twitter als @Donauschwalbe, die macht wahnsinnig viel, kümmert sich extrem um das Archiv Frau und Musik […] und weiß extrem viel über Komponistinnen und um die Mechanismen der Sichtbarmachung. Also sie bietet uns großartige Werkzeuge, um den Kanon [der festgefahrenen klassischen Musik] völlig zu verändern.“
Rohnerin: „Folgt ihr unbedingt auf Twitter, und – liebe Leute, die ihr bei den Medien arbeitet: schreibt sie an für Expertise, nehmt sie auf, interviewt sie. Das ist die Expertin für Komponistinnen.“
Packend wie ein Ringkanon: In Deutschland wie Europa gibt es zahlreiche Institutionen und Initiativen zu Frauen und Gender-/Geschlechterfragen in der Musik. Das in den letzten Jahrzehnten entstandene Netzwerk wächst stetig weiter. Im Fokus steht neben Netzwerkarbeit auch die Quellenarbeit: Wo kann man etwas zu Komponistinnen finden? Wie kann ich mich als Musiker:in engagieren?Wo kann ich mich einklinken und zum Fortkommen dieser reichen Kulturlandschaft beitragen?
Ein neuer Überblick aus unter anderem meiner Feder zum Stöbern – über die GEDOK, das Archiv Frau und Musik/Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik (Frankfurt/Main), die Internationale Komponistinnen-Bibliothek Unna, musica femina münchen, Komponistinnen und ihr Werk (Kassel), das ForumMusikDiversität (Schweiz), das CID – Fraen an Gender (Luxemburg), das Sophie Drinker Institut (Bremen), MUGI (Hamburg), das Forschungszentrum Musik und Gender (HfMT Hannover), die Mariann Steegmann Foundation, den Furore- (Kassel) und den Certosa-Verlag (Klein-Winternheim). Wahre Schätze!
Packend: Einblick
1979 entstand das erste und bis heute umfangreichste internationale Archiv für Werke von Komponistinnen und andere Zeugnisse des kulturellen Handelns von Frauen in der Musik: das Archiv Frau und Musik. Dem vorangegangen war die Gründung des Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik (IAK) auf Initiative der Dirigentin Elke Mascha Blankenburg. Zweck des Vereins laut Gründungsdokumenten ist es, „Kompositionen von Frauen in Vergangenheit und Gegenwart ausfindig zu machen, zu sammeln und aufzuführen und sie damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“.
Eine Fülle an Musikalien, bis dahin privat gesammelt, wurde nun zu einem öffentlichen Archiv. Zum Bestand zählen alle Arten von Materialien, die das Wirken von Frauen in der Musik dokumentieren, vor allem aber Noten, Publikationen, Handschriften, Fotografien sowie Archivalien und Instrumente. Er umfasst heute rund 26.000 Medieneinheiten.
In den 1830er/1840er Jahren setzte durch Trockenperioden eine starke Nahrungsmittel- und Holzteuerung ein (was zu organisiertem Abbau von Torf führte). In Augsburg kauften sozial eingestellte Kulturvereine große Holzlieferungen an, um diese an arme Menschen auszuteilen. Das dafür benötigte Geld wurde zum Beispiel durch Benefizkonzerte in der Goldenen Traube erspielt. In jener Zeit wurde verwertet, was zu verwerten war. Recycling spielte von jeher eine große Rolle zum Beispiel in der Verwertung von alter Kleidung, aus der Papier hergestellt wurde.[1]
Durch Seuchen wie die Cholera, „nervöses Fieber“ unbekannter Art und Blattern, die in den 1830er und 1840er Jahren von St. Petersburg bis Paris besonders stark wüteten, hatte man für pietätvolle Bestattungen einen erhöhten Bedarf an Holz. Da dieses rar war, kam man in London auf eine findige Idee, diesem Mangel abzuhelfen: Man wies Händler im nahen Ausland an, ihre Warenkisten bereits in bestimmten Größen und Formen anfertigen zu lassen, die in London dann nur noch schwarz angestrichen werden mussten. Fertig war der Recycling-Sarg!
Recycling gruselhaft
Recycling: Obstkisten zu Särgen
Augsburger Tagblatt, No. 137. Montag 20. Mai 1850, S. 691: „In London hat man in der neuesten Zeit eine eigenthümliche Art ausfindig gemacht, England ohne große Unkosten mit Särgen zu versorgen: London bezieht Obst, Geflügel, Eier und andere Lebensbedürfnisse von Holland, Belgien und Frankreich; seit Monaten haben nun die Londoner Einkäufer ihren „Recycling 1850 – aus Obstkisten werden Särge“ weiterlesen
Wiederholt sich Geschichte nur dann nicht, wenn man aus ihr gelernt hat? Geschichte wiederholt sich manchmal sehr, und manchmal sogar als ziemlich exakte Kopie, auch im Wortlaut zu Corona und Cholera, mit rund 170 Jahren an Überlegungszeit dazwischen. Das ist mir in meinen Forschungen, zu denen ich mehrere Augsburger Tageszeitungen der Jahre 1746 bis 1878 in Gänze (!) auf Musik-, Kultur- und andere hochinteressante Meldungen[1] abgraste, in dieser Deutlichkeit so nur im folgenden historischen Bericht begegnet, den ich gestern auf Twitter analysiert habe. Da dieser Tweet dort viral ging, stelle ich die ganze Geschichte hier noch einmal etwas weiter ausgebaut zur Verfügung:
„Corona existiert nicht, es ist eine künstliche, von der Politik geschaffene Krankheit!“ – 2020 zigfach auf sog. Corona-Demos gehört.
„Die Cholera existirt nicht, es ist eine künstliche, politische Krankheit!“ – O-Ton 1849.
Frappierende Ähnlichkeit? Es gibt weitere!
1/11 pic.twitter.com/UAqBkKyFyc
„Corona existiert nicht, es ist eine künstliche, von der Politik geschaffene Krankheit!“ – 2020 zigfach auf sog. Corona-Demos gehört. „Die Cholera existirt nicht, es ist eine künstliche, politische Krankheit!“ – O-Ton 1849. Frappierende Ähnlichkeit? Es gibt weitere!
Verschwörungstheorie von Corona und der Cholera im Wortlaut, Augsburger Tagblatt 1849
Augsburger Tagblatt, No. 234. Montag 27. August 1849, S. 1209: „Paris, 22. Aug. In Rochefort ist es am 14. August zu traurigen Scenen gekommen. Die Cholera trat dort so furchtbar auf, daß sie verhältnißmäßig die große Zahl von 21 Opfern täglich forderte, und fast nur aus der untern Volksclasse.“
Weil die „untere Volksclasse“ regelrecht in der Kloake lebte. Über Jahre wurde zum Beispiel in Augsburg darum gebeten, pestilenzialisch stinkende Kanäle zu reinigen und abzudecken (besonders betroffen: der Hunoldsgraben hinter dem Rathaus), den Kot, der auf Haufen in den Straßen gesammelt wurde, regelmäßiger wegzufahren. Die Stadt reagierte kaum darauf. Augsburg war noch einigermaßen gut dran, da das „Corona und Cholera – wortgleich wiederholte Geschichte“ weiterlesen
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