Daniel Fenner von Fenneberg – Augsburgs Anti-Anti-Revolutionär

Grafik aus "Augsburg, wie es ist" (1846, gemeinfrei)

Daniel Fenner von Fenneberg (1818–1863) war einst eine literarische als auch politische große Nummer in Augsburg. Eine beinahe zu große für die Stadt in der Zeit der 1848er/1849er Jahre. Allerdings eine Nummer, die heute nicht mehr bekannt ist und wovon dieser Artikel erstmals erzählt – durch meine Recherchen an historischen Tageszeitungen wieder ans Licht gekommen. Und dieses Licht scheint beispielhaft für die Entwicklung der Demokratie in Augsburg.

Die Geschichte der Geschichte

Gibt es für die Märzrevolution einen Startschuss? Ein Tag, der das zuvor schon gärende Fass zum Explodieren brachte? Im Vormärz vielleicht? Vor dem März kommt der Februar. Einen dieser Tage kann man festmachen: Den 9. Februar 1848. Nach Handgreiflichkeiten zwischen seiner Geliebten Lola Montez (1821–1861) und Teilen der Münchner Bevölkerung, schloss König Ludwig I. (1786–1868) an diesem Tag kurzerhand die Münchner Universität und befahl allen Studenten, die Stadt binnen drei Tagen zu verlassen, was zu heftigem Protest und schließlich zur Ausweisung von Lola Montez aus Bayern bzw. Deutschland und der Abdankung von König Ludwig I. führte[1] – was auch in Augsburg großes und nahezu bleiernes Thema war: Eine quasi dahergelaufene ‘falsche Spanierin’ und ein Mann königlichen Geblütes. Zwei unterschiedliche Klassen.

Olympe de Gouges, Pastell von Alexander Kucharski © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Olympe de Gouges, Pastell von Alexander Kucharski © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Doch diese Geschichte von der Gleichwertigkeit aller Menschen ist eine lange: Von den immer wieder unterdrückten Auflehnungen in Frankreich bis zum Ausbruch der Französischen Revolution 1789, das Aufsetzen von echten Menschenrechten durch Olympe de Gouges (1748–1793) aus der puren Notwendigkeit heraus, die immer wiederkehrenden Arbeiter:innen- und Frauenstreiks in den Fabriken Europas, das Organisieren im halb-öffentlichen Untergrund (zum Beispiel der sog. Löwinnen von Paris), die Forderung von gleichwertiger Behandlung marginalisierter Gruppen (zum Beispiel die Forderung tausender französischer Frauen mitsamt Petition für geschlechtergerechte Sprache 1837), der Wunsch und Drang nach Freiheit, der körperlichen wie geistigen Unabhängigkeit, einer (Re)Kognition von Würde und Gestaltungsfreiheit – übrigens sehr wunderbar-packend und modern dargestellt von Historikerin Hedwig Richter[2].

Blutige Niederschlagung

Die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Es war ein langes Aufraffen, ein blutig geschlagenes Unterdrücken eines Versuchs der Freiheit und freien Meinungsäußerung. Vom Hambacher Fest 1832 über zunehmenden Hass auf den Polizeistaat, neuen Forderungen der Bürger:innen, das Frankfurter Vorparlament, Wahlen zur Nationalversammlung, den Träumen eines Friedrich Heckers (1811–1881), Robert Blums (1807–1848) oder einer Louise Otto-Peters (1819–1895), die Debatten in der Frankfurter Paulskirche, den brutalen Barrikadenkämpfen in nahezu jeder größeren Stadt in Europa, die selbst eine Komponistin wie Clara Schumann (1819–1896) nicht kalt ließen (die deswegen hochschwanger aus Leipzig fliehen musste) und in ihr stürmischstes Werk Vorwärts! (Text: Friedrich Wilhelm Dietz, 1833–1897) gipfelte. Ein weiterer Versuch der Massenpolitisierung, ein weiterer Versuch eines Aufbruchs in die Moderne[3]. Und eine weitere Unterdrückung zum Machterhalt der führenden Elite. So bezeichnete Heinrich von Gagern (1800–1880) Friedrich Hecker als einen „Fanatiker“. Hecker antwortete: „Wenn die Hingebung für die Befreiung eines großen Volkes Fanatismus ist, dann mögen Sie diese Handlungsweise also bezeichnen; dann gibt es aber auch einen Fanatismus auf der anderen Seite, dem Sie dienen.“[4] Und der als solcher offenbar gar nicht erkannt worden war.

Gut und Böse

Rathausplatz Augsburg 1846 © gemeinfrei
Rathausplatz Augsburg 1846 © gemeinfrei

An dieser Stelle möchte ich nicht weiter ausholen, stattdessen aber mein Augenmerk auf Augsburg werfen. Wie wirkte sich diese Märzrevolution auf Augsburg aus? Auch dazu habe ich mehrere Augsburger Tageszeitungen auf politische Nachrichten untersucht. Die einen (protestantisch geführte Zeitungen) wagten etwas mehr an Menschlichkeit, Mitfühlen mit Minderheiten – besonders im Fall von Antisemitismus, der zuvor bei der Cholera-Epidemie 1832 offen zu Tage trat, als jüdische Menschen dafür verantwortlich gemacht wurden. Augsburg wurde damals nur ganz knapp verschont. Die anderen (katholisch geführte Zeitungen und Hetzblätter wie der Ahashverus) wurden öfter zensiert oder einzelne Ausgaben vom Markt genommen. Besonders aber das Augsburger Tagblatt (protestantisch geführt), aus dem ich über Daniel Fenner von Fenneberg erzähle, hat eine sehr feinhumorige Sprache, wodurch auch gewagtere Aussprüche stehen blieben.[5]

Die ‚Epidemie‘ der Freiheitsgedanken

Der Versuch, Freiheit zu erlangen, schien für Einige ebenfalls eine Art Epidemie zu sein. Die aktivsten Zentren der Märzrevolution waren Nördlingen, Augsburg und Kempten. Interessierte man sich im Allgäu für eine Republik nach amerikanischem Vorbild, so wurde schnell davon abgesehen, als königlich-bayerische Truppen ins Allgäu geschickt wurden.[6] Ein Teil der Männer, die in Augsburg an den Umtrieben beteiligt waren, „wanderten meist erzwungener Maßen aus, ein anderer zog sich gebrochen zurück und ein Teil versuchte, unter geänderten Bedingungen die politischen Ziele der Freiheitsbewegung“[7] weiter zu verfolgen, die dann in den 1860er Jahren zu Vätern der sog. kleindeutschen Lösung wurden. Der Regierungsbezirk Schwaben hatte für die Nationalversammlung in Frankfurt neun Männer zu wählen: Karl Kirchgeßner (1807–1858), Johann Baptist Haggenmüller (1792–1862), Thomas Mayer (1815–1870), Marquard Adolph Barth (1809–1885), Adolph Xaver Paur (1802–1871, der sich für die sog. Judenemancipation einsetzte), Georg Jacob Stockinger (1798–1869), Remigius Vogel (1792–nach 1861), Josef Weber (1799–nach 1848) und Hermann Freiherr von Rotenhan (1800–1858).[8]

Daniel Fenner von Fenneberg

Eine ganz besondere Rolle in Augsburg spielte Daniel Fenner von Fenneberg (1818–1863), die bislang offenbar so noch nicht bekannt ist, und der zu diesem Zeitpunkt Journalist und Redakteur der in Augsburg erschienenen Deutschen constitutionellen Zeitung war (erschienen 1. Jan. 1848 bis 7. Oktober 1849). Den erhaltenen Augsburger Zeitungsmeldungen nach war er ein revolutionierender Nicht-Revolutionär. Was darf man sich darunter vorstellen? Ein Mann, der Veränderungen wollte, aber dem der krasse Aktionismus und diese Massenbegeisterung offenbar zu viel war – und ihm in Augsburg schließlich fast zum Verhängnis wurde.

Deutscher Sang und Klang

Dort hatte man sich den liberalen Forderungen aus München angeschlossen. Am 4. April 1848 wehte erstmals die deutsche Fahne in Schwarz-Rot-Gold vom Rathaus, eine bewegt-wogende Masse stand jubelnd vor Begeisterung auf dem Rathausplatz. Der große Augsburger Männerchor, die Liedertafel, sang in Vereinigung mit vielen weiteren Sängern und der Blaskapelle der k. Infanterie Ernst Moritz Arndts (1769–1860) zentrale Revolutionshymne, das Vaterlandslied (1812), das heute martialisch, militaristisch und brutal klingt:

Hutsache = Kopfsache

Hurrageschrei und das Hüteabnehmen gehörten obligatorisch dazu. Im Beisein hoher Herrschaften war es Sitte und Pflicht, sich zu verkleinern, das symbolisch durch das Abnehmen des Hutes ausgedrückt wurde.[9] Eine Unterwerfungsgeste. Diese galt offenbar auch für jede neue Herrschaft, auch wenn es um Gleichberechtigung ging. Jedenfalls wurden bei dieser feierlichen Angelegenheit die Hüte abgenommen. Nur einer behielt seinen Hut auf, wodurch „der Schluß der Feierlichkeit […] durch einen unangenehmen Zwischenfall gestört“ wurde:

Daniel Fenner von Fenneberg, der sich inmitten der Menge auf dem Rathausplatz befand  „[…] hatte sich, seine Gemahlin am Arm, dicht vor die Hauptwache gestellt, und bei den ausgebrachten Hoch’s die Cigarre im Mund und den Hut auf dem Kopf behalten. Ein H[er]r. Offizier nahm ihm hierauf den Hut ab [übergriffig!], und bedeutete ihm, daß, hätte er nicht eine Dame am Arm, ihm Unangenehmeres zustoßen würde. Herr Fenner v. Fenneberg entfernte sich auf mehrseitige Andeutungen noch nicht und so fanden sich mehrere Herren Offiziere veranlaßt, daß eine der jüngsten Nummern genannter Zeitung [der Deutschen constitutionellen Zeitung] einen das Militär [kritisierenden] Artikel enthielt. Endlich entfernte sich Hr. Fenner v. Fenneberg aber es war zu spät; das Volk hatte sich bereits bei der Sache betheiligt und verfolgte ihn bis an seine Wohnung. Hier sammelten sich mehr und mehr die Leute und verlangten stürmische Abbitte. Da erschien der Hr. Bürgermeister [Georg von] Forndran [1807–1866] am Fenster der bedrohten Wohnung und gab sein Wort, daß Hr. Fenner v. Fenneberg in wenig[en] Stunden die Stadt verlassen werde. Als der Ruf nach Abbitte nicht verstummte, erschien Hr. Fenner v. Fenneberg am Fenster und versicherte, in Zerstreuung und Gedankenlosigkeit den Hut aufbehalten zu haben, was seine Gesinnung in Bezug auf Deutschland sey, berief er sich auf sein Wirken als Literat. Da ertönte eine Stimme, welche Widerruf des mißliebigen Artikels […] verlangte. Hierauf erklärte Hr. Fenner v. Fenneberg, daß der Weg der Presse dagegen frei stehe. „Wir sind keine Federhelden!“ ward nun gerufen, Hr. Fenner v. Fenneberg zog sich zurück und Hr. Bürgermeister Forndran gab kund, der Bedrohte werde die Stadt verlassen und bat, die Leute möchten nun ruhig nach Hause gehen. Man zerstreute sich unter verschiedenen Rufen und Hoch’s. Nach zwei Uhr reiste Hr. Fenner v. Fenneberg unter polizeilicher Deckung von hier ab.“[10]

Lästigkeiten

„Mißliebige“ Personen wurden damals ausgewiesen. Das betraf nicht nur Menschen, die sich entsprechend politisch äußerten, sondern eigentlich alles, was irgendwie ‚anders‘ war und wobei Gefahr bestand, Unruhe oder Unordnung in die Stadt zu bringen. Das betraf auch ganz besonders Frauen, die unehelich geboren hatten, meist nach der dritten Schwangerschaft dieser Art.[11]

Der Vorfall auf dem Rathausplatz durch die Bedrohung von Daniel Fenner von Fennebergs durch die geballte Masse wurde nicht in Gänze gutgeheißen, denn man war zur Ansicht gekommen, dass jene Freiheit und Meinungsfreiheit, für die man kämpfte, dann doch auch für alle gelten sollte. Deshalb gab es Raum für eine nun ordentliche Versammlung, in der dieser Fall geklärt wurde:

Nachdenken

Maximilianstraße Augsburg. I. Owen nach Robert Batty, ca. 1835 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Maximilianstraße Augsburg. I. Owen nach Robert Batty, ca. 1835 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

„Die Versammlung hat stattgefunden und war zahlreich von den achtbaren Bürgern und Einwohnern der Stadt besucht. Man einigte sich begeistert für Recht und Gesetzlichkeit dahin, eine Adresse [Petition] zu unterzeichnen, worin ausgesprochen wird, daß man die Ausbrüche roher Gewalt, wie sie letzten Dienstag vor dem Hause des Literaten Hrn. Fenner v. Fenneberg vorkamen, verabscheue und gegen ähnliche Vorkommnisse wie gegen Beeinträchtigung der freien Presse wie ein Mann [hier: keine Person, sondern als ge-/entschlossener Körper] sich erheben und die Ordnung und Ruhe der Stadt mit Energie aufrecht zu erhalten bestrebt sein wird.“[12]

Damit war diese Sache allerdings noch nicht vom Tisch:

„Die vorgestern [Donnerstag, 6. April 1848] stattgehabte Bürgerversammlung wurde durch Hrn. Volkhardt eröffnet und geleitet. Er erzählte nach brieflichen, verbürgten Mittheilungen die Vorfälle vom letzten Dienstag, worauf unser erster Hr. Bürgermeister Forndran die Sache in Bezug auf seine Amtsführung entwickelte, wobei ihm anhaltender Beifall gespendet wurde. Hr. Oßwald richtete an die Versammlung die Frage, ob man das Benehmen des Hrn. Volkhardt billige, welcher einige Tumultuanten der Polizei namhaft gemacht habe, damit gerichtliche Untersuchung eingeleitet werde. […] Hierauf wurde einstimmig mit Ja! geantwortet. Mehrere verlangten, man solle die Namen der Tumultuanten nennen, was abgelehnt wurde, da man dem Gericht nicht vorgreifen dürfe. Hr. Oßwald legte ferner Verwahrung gegen Ausweisungen von Landsleuten, das heißt von deutschen Männern, ein, so lange sich selbe keines Vergehens oder Verbrechens schuldig gemacht haben. Hierüber so wie über die von Hrn. Volkhardt entworfene Erklärung erhoben sich mehrere Besprechungen, worauf die Erklärung in folgender Fassung angenommen wurde: „In Folge einer öffentlichen Demonstration roher Gewalt, welche am Dienstag den 4. April d. Js. an dem Journalisten und Mitarbeiter an der deutschen constitutionellen Zeitung Hrn. Fenner v. Fenneberg verübt wurde, versammelten sich am 6. d. Mts. diese Unterzeichneten und erklären diese Demonstration als eine arge Verletzung jedes Rechtsbegriffs, welche nicht nur die Existenz der freien Presse augenfällig gefährdet, sondern auch in ihren Folgen der Anarchie Thür und Thor öffnet und jede Errungenschaft der neuen Zeit in ihrem segensvollen Wirken in Frage stellt. Indem die Unterzeichneten ihren Abscheu vor jeder Gewaltthat hiemit auf das feierlichste erklären, halten sie es für heilige Pflicht wie für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, so auch für die Sicherheit der freien Presse einzustehen wie Ein Mann, und werden ähnlichen Auftritten für die Zukunft mit Energie zu begegnen wissen. (Folgen beiläufig 400 Unterschriften.)“[13]

Rehabilitation

Daniel Fenner von Fenneberg konnte somit wieder in die Stadt zurückkehren, wo sich ein Hut=Emancipations=Verein formierte.[14] Am 16. April wurde eine Liste der Mitglieder des ebenso neu gegründeten Vereins zur Beförderung des Absatzes deutscher Arbeit veröffentlicht, darunter auch Fenneberg.[15] Die Revolution von 1848 führte zu einer Wirtschaftskrise, die den Absatz  der Augsburger Fabriken lähmte. Daher entließ man ausländische Facharbeiter:innen und legte für die einheimischen Kurzarbeit fest. In dieser Zeit wurden aber auch die ersten Fabrikkrankenkassen eingerichtet. Diesem Verein zur Beförderung des Absatzes deutscher Arbeit schlossen sich Arbeiter:innenbildungsvereine an. Auch wurde in Augsburg in diesem Jahr für ein Wahlrecht der Arbeiter gekämpft, allerdings wurde diese neue Erstarkung auch als Bedrohung empfunden. So schrieb Regierungspräsident Georg Karl von Welden (1801–1857):

„Da diese Classe der Bevölkerung wenig denkt und überlegt, sondern nur gern hört, was ihr schnell und nachhaltig helfen könnte, so üben die bereits weit verbreiteten Lehren der Kommunisten einen großen Einfluß auf dieselbe. Dieser Umstand verbunden mit dem weitern, daß sie bei einer Staatsumwälzung nur wenig oder gar nichts zu verlieren hat, während ihr auf der andern Seite nie zu realisierende Zustände vorgespiegelt werden, machen sie […] gefährlich.“[16] Barrikadenkämpfe oder weitere ernste Zusammenstöße von Aufständischen und Obrigkeit werden bei Fassl/Sebald/Willi nicht genannt.

Das Augsburger Tagblatt berichtet aber, dass die Stadt von einer „tobenden Menge beunruhigt [wurde], welche, wie es nun üblich zu werden scheint, den ersten Mai mit einer Demonstration gegen die Bräuhäuser begehen wollte. Die bewaffnete Macht war schnell aufgeboten und hinderte gesetzwidrige Gewaltthaten. […] In der unteren Stadt hatten sich viele Meister und ihre Gesellen mit Keulen versehen, um ihr Eigenthum selbst zu schützen.“[17] Lakonisch teilte das Augsburger Tagblatt noch an anderer Stelle mit: „Da jüngst einige Steine […] den gesetzlichen Boden verlassen haben, sollen nun am Theatergebäude zu ebener Erde Fensterläden angebracht werden“, und zwar auf Befehl des Magistrats.[18]

Weitere Agitation in Wien

Große Barrikade in der Jägerzeile 1848 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Große Barrikade in der Jägerzeile 1848 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Wie lange sich Daniel Fenner von Fenneberg nach dem Eklat um seine anscheinende anti-revolutionäre Gesinnung noch in Augsburg aufhielt, ist derzeit noch nicht bekannt. Jedenfalls befand er sich im Herbst 1848 in Wien und beteiligte sich am Wiener Oktoberaufstand ab 6. Oktober 1848 als Adjutant des Kommandanten der aufständischen Nationalgarde. In Augsburg wurde darüber berichtet und sein Mitwirken im dortigen Aufstand als Beleg für seine politische Rechtschaffenheit bezüglich auch der Augsburger Geschehnisse erachtet.[18]

Von Daniel Fenner von Fenneberg traf inmitten dieser stürmischen Zeiten ein Brief in Augsburg ein, „worin er schreibt, daß er jetzt in Sicherheit sey. Er wurde verwundet, schwebte 10 Tage lang in steter Lebensgefahr, entkam aber verkleidet, glücklich seinen Feinden. Er widerspricht, daß in Wien nur Wenige erschossen worden seyen, da er selbst an einem Tage 15 Personen erschießen sah. Gestern kam Fenner v. Fenneberg hier [in Augsburg] an; er soll durch Buchhändler gerettet worden seyn, die ihn in ein Ballot [Warenballen] verpackt hatten. Er begibt sich nun nach Frankfurt, um sich unter den Schutz der National=Versammlung zu stellen.“[20]

Anklage für Hochverrat

Friedrich Engels 1840, Zeichnung von Georg Wilhelm Feistkorn © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Friedrich Engels 1840, Zeichnung von Georg Wilhelm Feistkorn © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Ob er dort auch tatsächlich hingegangen ist, könnten erhaltene Frankfurter Tageszeitungen ggf. belegen. Seinem Wikipedia-Artikel nach beteiligte er sich auch an den Aufständen in der Pfalz im Mai und Juni 1849 (darunter auch Friedrich Engels als Teilnehmender), in denen 333 Revolutionäre verhaftet wurden, darunter auch unter der Nr. 173 der Anklage-Akte Daniel Fenner von Fenneberg. Im August 1849 wurde ihm durch ein österreichisches Gericht wegen Hochverrats sein Adelstitel aberkannt. Nach dem misslungenen Pfalz-Aufstand versuchte er sein Glück in der Schweiz, wo er sich auf eine freie Stelle als Italienisch-Lehrer an der Industrieschule beworben hatte: „Der Erziehungsrath hat ihn aber zur Concursprüfung nicht zugelassen, da er als deutscher Flüchtling den Dispositionen des Bundesrathes unterworfen sey.“[21]

Emanzipationsgedanken

Was machten die Augsburger Frauen in dieser Zeit, außer Scharpie zu zupfen und Verbandsmaterial zu rollen? Ein Teil davon sah ihre Zeit gekommen:

Aufruf zur Emanzipation Augsburger Frauen im Augsburger Tagblatt © gemeinfrei
Aufruf zur Emanzipation Augsburger Frauen im Augsburger Tagblatt © gemeinfrei

„Notiz für Augsburgs Frauenwelt. Deutsche Schwestern! Unsere politischen Zustände sind dermalen in ein Stadium getreten, wo auch wir nicht mehr gleichgiltig dagegen seyn und die ruhigen Zuschauer machen dürfen. Besonders haben uns in neuester Zeit die Vorgänge in München [Barrikadenkämpfe, Lola-Montez-Skandal] tief betrübt. – Wenn Männer weibisch werden, so müssen jetzt Weiber männisch werden. Was würde man von uns Frauen sagen, wenn wir unsern Charakter so verläugnen und ein gegebenes Wort brechen würden? – Deutsche Schwestern! – Unser Geschlecht kann stolz auf die stets männlichen Handlungen hochgestellter Frauen seyn; eine Kaiserin Theresia, eine Königin von England und andere mehr, geben hierüber das beste Zeugniß, darum wird man es uns nicht verargen, wenn wir über die Handlung eines Mannes, der sich in der neuesten Zeit gerühmt hat, nie einer unlautern Absicht, nie einer Unwahrheit sich bewußt zu seyn, hier unsere Mißachtung öffentlich aussprechen. Fanny W––r.“[22]

Ernüchterung

Wer diese forsche Fanny W––r war, konnte ich nicht herausfinden. Für andere Frauen klang eine derartige Beteiligung an politischen Vorgängen allerdings abstoßend, sodass rasch darauf eine Gegenrede im Augsburger Tagblatt erfolgte:

„Notiz für Fanny W––r. Ihre Einsendung im Tagblatte […] ruft einige Worte als Entgegnung hervor die unsern deutschen Schwestern eine wahrere Richtung zeigen dürften, als sie Ihre Zeilen bezeichnen. Möchten deutsche Frauen sich jeder Politik und in jedem Stadium derselben enthalten, denn sie ist nicht für unser Geschlecht, daher wollen wir uns auch enthalten Urtheile über Männer politischer Partheiungen einer weitern Oeffentlichkeit zu geben, als dies ja ohne dies in geselligen Kaffeezirkeln geschehen wird, denn öffentliche Erklärungen, wie die Ihrige, finden nicht nur die gehoffte Billigung nicht, sondern rufen leider das Bedauern über so großentheils verfehlte Erziehung unseres Geschlechtes hervor. – Wollen wir daher unsern deutschen Schwestern lieber zurufen, daß es unsere heiligste Pflicht sey unsere größte Sorge auf tüchtige Ausbildung im Hauswesen zu richten, daß der Wohlstand der Familien mehr durch die thätige Wirkung gediegener Hausfrauen, als durch musikalisch oder für den Salon gebildeter Frauen gedeihe, dann werden wir uns den Dank deutscher Männer eher erwerben, als durch öffentliche Urtheile über männliche Charaktere in politischen Angelegenheiten. – Wollen wir stolz seyn auf eine Kaiserin Theresia und eine Königin von England, dabei aber nicht vergessen, daß sie die Vorsehung an die Spitze von Staaten gestellt und ihnen daher einen politischen Charakter verliehen hat, ganz anders aber ist es mit Frauen, deren Wirkungskreis nur ein Hauswesen umfaßt. – Wollen wir deutsche Schwestern unsern Stolz darin suchen, daß aus dem Munde deutscher Männer uns das Loblied ertöne, daß sie in jeder von uns eine tüchtige Hausfrau erworben, und dann werden wir auch dem Staate leisten, was uns die Schöpfung angewiesen. Eine deutsche Schwester.“[23]

Peng! Ob das gesessen hatte? Weitere Äußerungen von Frauen – ob nun pro oder contra – sind in diesem Blatt zu dieser Zeit nicht weiter veröffentlicht.

Rastlose Jahre

Um den 12. November 1849 herum wurde Daniel Fenner (wie er nun hieß) – zusammen mit weiteren Geflüchteten – aus der Schweiz ausgewiesen. In Europa sah er aber wohl keine Zukunft mehr für sich und seine Frau und schiffte sich nach Nord-Amerika ein. In New York übernahm er die Leitung der Redaktion der deutsch-us-amerikanischen Monatsschrift Atlantis für Wissenschaft, Schule und Kunst.[24] Außerdem arbeitete er drei Jahre lang als Dolmetscher am New Yorker Polizeigericht und als öffentlicher Notar.[25]

Und das war sein Glück, denn „das Assisengericht der Pfalz hat in dem großen Hochverrathsprozeß [1851] bis jetzt 204 Personen in contumaciam [in Abwesenheit] zum Tode verurtheilt. Die Verhandlungen sind bis auf wenige Fälle zu Ende geführt. Die Verurtheilten befinden sich alle außer Landes in Sicherheit. Unter den zum Tode Verurtheilten befindet sich auch der in Augsburg bekannte Literat Fenner v. Fenneberg.“[26]

Seine Erlebnisse in der Revolutionszeit schilderte er in den Büchern Geschichte der Wiener Oktobertage (1849) und Zur Geschichte der rheinpfälzischen Revolution und des badischen Aufstandes (1850).

Zerrüttung

Im Sommer des Jahres 1858 war der Geist Daniel Fenners so zerrüttet, dass er „als unheilbar Wahnsinniger in eine Irrenanstalt“ verbracht wurde. „Seine Gattin, eine geborne Gräfin Zichy, begibt sich dieser Tage mit ihren zwei Kindern nach Wien.“[27]

Dass er eine Frau und zwei Kinder hatte, wird in seinem Wikipedia-Artikel überhaupt nicht erwähnt. Doch wer kümmerte sich dann in den USA um ihn? Kehrte seine Frau dann wieder in die USA zurück, um sein weiteres Leben zu regeln? Oder blieb sie in Wien und bestellte einen rechtlichen Vormund in die USA? Ich habe versucht, etwas zu ihr und ihrem Leben herauszufinden, aber bislang vergeblich: So existiert in Bratislava ein Palais Zichy, das offenbar ein Zentrum dieser slowakischen Familie war. Eine Antónia Zichy (1816–1888) könnte von ihren Lebensdaten her ggf. eine Schwester gewesen sein. Diese war mit Lajos Batthyány (1807–1849, wurde als Rebell hingerichtet) verheiratet, taucht in seinem Wikipedia-Artikel aber nicht auf.

Wikipedia und die ‚verschwundenen‘ Frauen. Ein Kapitel für sich. Eine Gräfin Zichy „aus Ungarn“ lässt sich um den 17. Februar 1849 im Hotel Stadt London (Alter Fleischmarkt 684) in Wien nachweisen.[28] Hier wäre eine intensive Recherche vonnöten, denn oftmals waren es die Ehefrauen, die den Laden ihrer Männer zusammenhielten, was auch bei Clara Schumann der Fall war. Diese verwalteten zudem oft die Nachlässe ihrer Ehemänner, sind als Wahrerinnen der Geschichte unerlässlich und daher in allen Publikationen stets angemessen zu berücksichtigen.

1861 erscheint im Augsburger Tagblatt ein kurzer Bericht über Fenneberg, laut dessen er noch einmal in Zürich gewesen sein muss und sich von dort nach Stuttgart begab, „lahm an beiden Füßen und geistig gebrochen” und „völlig unschädlich. Deßungeachtet konnte seine arme Frau in Wien, wo man gegen die Ungarn so gnädig ist, für ihn nicht die Erlaubniß zur Rückkehr in die Heimath Tyrol [Fenneberg stammte ursprünglich aus Bruneck] erlangen. Hier fände seine mittellose Familie bei den hochgestellten und edelmüthigen Verwandten Unterstützung in der dringendsten Noth.“[29]

Fennebergs Frau erreichte am 22. August 1861 eine Audienz bei Kaiser Franz Joseph, um diesen um Amnestie bzw. Erlaubnis zur Rückkehr ihres Mannes nach Wien zu bitten. Daniel Fenner von Fenneberg befand sich zu dieser Zeit noch immer in Stuttgart, wollte sich aber in Wien einer Fußoperation unterziehen.[30]

Daniel Fenner von Fenneberg starb am 15. Februar 1863 in Bregenz.

Fazit

Daniel Fenner von Fennebergs Erlebnisse in Augsburg erweitern nicht nur den Blick auf die Augsburger 1848er-Geschichte, sondern stehen exemplarisch für eine praktische Anwendung von Demokratie und Gleichwertigkeitsideen, bei denen sich die Stadt Augsburg an die eigene Nase fassen musste und auch gefasst hat. Wurden in den späten 1780er Jahren geflüchtete Pariser:innen/Französ:innen aus Furcht vor revolutionären Umtrieben noch an den Stadttoren abgewiesen, so wurde die Stadt Augsburg in diesem Fall ihrem Namen und Ruf als Friedensstadt trotz aller revolutionärer Ideen gerecht.

+++Update 10. August 2021+++

Im Augsburger Tagblatt wurde auf Fenners Tod in kurzen Benachrichtigungen aufmerksam gemacht. Wenige Tage später wird dort das Blatt Kamerad zitiert, das einen biografischen Abriss Fenners bringt, der aufschlussreiche weitere Details zu Fenners Lebensweg birgt und auch aufzeigt, wie sehr sich seine Frau – hier als Schriftstellerin bezeichnet – für ihn eingesetzt hat:

“Ueber den verstorbenen Fenner von Fenneberg bringt der „Kamerad“ folgende biographische Mittheilung: [Daniel] Ferdinand Fenner von Fenneberg wurde am 10. Oktober 1818 in Brixen geboren und war der Sohn des Feldmarschall=Lieutenants Baron Fenner und seiner Frau Anna, gebornen Gräfin Wolkenstein. Fenner kam zur Erziehung in die Wiener=Neustädter Militärakademie, wo er zuerst Gelegenheit hatte, seine Anklagen zu bethätigen; aber schon hier gereichte ihm seine scharfe Auffassungsgabe nicht zum Heile. Er schrieb ein Pasquill, worin mehrere seiner Verwandten, namentlich aber der damalige Kommandant der Akademie angegriffen waren, in Folge dessen wurde er aus der Akademie gestoßen und in ein Jägerregiment als Kadet eingereiht. Die Vermittlung seiner Mutter in Wien verschaffte ihm eine Lieutenantstelle im Kaiser=Jäger=Regimente, zu dem er nach Italien abging. Bald aber – im Jahre 1843 – mußte er wegen Schulden quittiren. Der Verdacht, mit den Carbonari in Verbindung zu stehen, den er sich zugezogen – erwies sich bei Durchsuchung seiner Korrespondenz als unbegründet. Nachdem Fenner das Jahr 1844 in München und Augsburg zugebracht, kehrte er 1845 nach Innsbruck zurück, wo er ein Verhältniß mit Katharina Gräfin Ferrari anknüpfte. Von Brixen aus, wohin sie ihm heimlich folgte, reisten sie über Venedig nach Griechenland und wurden in Athen getraut. Im Jahre 1848 gingen beide von Athen nach Wien. Im September dieses Jahres macht er sich zuerst bemerkbar und tagt mit Tausenau und Kuchenbäcker im Zentralkomite der radikalen Vereine. Bei der Erstürmung des Zeughauses wird er mit Kuchenbäcker dem Kommandanten der Nationalgarde vom Reichstage aus beigegeben. Messenhauser ernannte ihn bei Uebernahme der Kommandantur zum Hauptmann, zu seinem Feldadjutanten und später am 14. Oktober zum Vorsitzer des von ihm selbst in Anregung gebrachten Ehren= und Disziplinargerichtes. Nach Messenhauser wurde er Ober=Kommandant, doch schon wenige Tage darauf ergriff er die Flucht, wurde vom Kriegsgericht zum Tode verurtheilt und in effigie gehängt. Indessen gelangte er übers Gebirge nach München und Augsburg, versuchte in letzterer Stadt eine Revolte anzuzetteln *) und verdankte es nur der Verwendung eines seiner Verwandten, daß ihm blos ein einfache Ausweisungsbefehl zukam. Nun ging er nach Baden und trat hier in die Reihen des Aufstandes. Aber auch von hier mußte er flüchten: er ging nach Amerika. Von New=York trieben ihn Nahrungssorgen nach Cincinati, bald aber wieder nach New=York zurück, wo er vom Stundengeben lebte. Er gründete eine deutsche Zeitung, die Sorgen schienen ihn verlassen zu wollen, denn er erhielt eine Anstellung in der Gemeindeverwaltung und wurde Eisenbahn=Direktor mit 1200 Dollars Gehalt. Es war im Jahre 1858. Das Schicksal aber ruhte nicht. Es brachte den Wahnsinn, dessen Keim vielleicht schon lange in ihm gelegen, zum Ausbruche. In Folge dessen gerieth er mit dem Fuße unter die Räder eines Waggons, wurde sehr stark beschädigt und dadurch zu allen Diensten untauglich. Aus dem Irrenhause entlassen, verließ er das ihm verleidete Amerika und erhielt sich in Hamburg von literarischen Arbeiten. Seine Frau eilte nach Wien, um ihm durch einen Fußfall Amnestie zu erwirken, die aber nicht gewährt wurde. Die Unterstützung, die man ihm gnädig zukommen ließ, reichte nicht aus und so wanderten sie nach Zürich, wo sich aber ihre Hoffnungen auch nicht verwirklichten. Nach dreiviertel Jahren zogen sie nach Stuttgart. Fenner’s Frau erneuerte den Fußfall und erhielt nun auf sechs Monate straffreie Rückkehr und zwar mit dem Aufenthaltsorte Bregenz. Mittelst leichten Schubes kam die Familie in Bregenz an. Fenner wollte sich von Stundengeben nähren, die die Unterstützungen von Seite der ohnedem nicht reichen Familie seiner Frau, die sich auch Fenner’s beider Töchter angenommen hatte, nicht zureichten. Noth und Mangel ließen sie in einem Bauernhause der Mehrerau Unterkunft suchen, bis er, an einer Gehirnerweichung schwer erkrankt, in‘s Stadtspital gebracht wurde. Am 15. August v. J. waren die gewährten sechs Monate um, die Regierung aber hatte Mitleid mit dem sterbenden Manne und duldete sein Verweilen stillschweigend. Seine Frau, selbst Schriftstellerin, wurde von dem demoralisirenden Einflusse des Elends nicht verschont. Dem Trunke ergeben, macht sie in ihrem Aeußern den peinlichsten Eindruck – sie ist bei einer Familie eingemiethet, wofür die kleine Pension von Seite der Polizei entrichtet wird. Am 10. Februar endlich rührte Fenneberg der Schlag und am 16. erlag er demselben. Sein geistlicher Beistand in der letzten Zeit konnte Fenner nicht einmal mehr zum Beten des Vaterunser dringen, er hatte es längst vergessen. Die Ereignisse verwischen allen, ja selbst die Erinnerung, nur wenn hie und da einmal der Name eines Sterbenden genannt wird, klingt es herüber wie eine Mahnung aus trüber Zeit!

*) Hier müssen wir uns die Bemerkung erlauben, daß Fenneberg hier nie eine Revolte anzuzetteln versuchte und zur Zeit seiner Flucht aus Wien alle Ursache hatte, seinen Aufenthalt in Augsburg, der nur vier Tage dauerte, zu verheimlichen. Fenneberg hatte sich den Bart abnehmen lassen, um nicht erkannt zu werden, und ward nur bei Freunden gesehen, das Theater besuchte er in einer vergitterten Loge, und von dort aus fiel ihm nichts weniger ein, als eine Revolte anzuzetteln.”[31]

+++Update 11. August 2021+++

Frau Fenner von Fenneberg, geb. Gräfin von Ferrari, äußerst sich zu den teils falschen und verläumderischen Angaben und Nekrologen in den Zeitungen durch eine Richtigstellung:

“Ich sehe mich leider veranlaßt gegenüber den verschiedenen Zeitungsnachrichten über meinen theuern verstorbenen Gatten, Fenner v. Fenneberg, mich aus meinem Schmerz herauszureißen und folgende Erklärung abzugeben: Daß es der schon in gesunden Tagen ausgesprochene Wunsch desselben war, mich nach seinem Tod, was man auch sagen möge, in keinerlei Polemik einzulassen, sondern alle authentischen Papiere zur Fertigung eines Nekrologs getreuen und unparteiischen Händen zu übergeben und denselben in einem vielgelesenen deutschen Blatt zu veröffentlichen, worüber dann die allgemeine Stimme richten wird. Die Ehre und Güte meiner hochbetagten Frau Schwiegermutter, meiner Brüder, der nächsten Verwandten, sowie meiner lieben unmündigen Kinder, gebietet mir aber öffentlich und dankend anzuerkennen, daß dieselben uns angemessen soutenirten; ob mit oder ohne Opfer, gehört nicht vor das Forum der Oeffentlichkeit. Wir verlebten die Sommermonate zur Erholung des lieben Verstorbenen auf dem Lande, im Hause des überall geachteten Hrn. Gemeinderaths Gebhard Schnitzer, von Rieden, bis die zunehmende Hinfälligkeit meines Mannes mich bewog den Rath von Aerzten und unserer Freunde zu befolgen, und ihn behufs besserer Pflege auf eigene Kosten dem hiesigen Bürgerspital zu übergeben. Nur lobend in jeder Beziehung kann ich dieser Anstalt gedenken, wo es dem reinen Dulder vergönnt war in stiller Abgeschiedenheit, versöhnt mit Gott und der Welt, in meinen Armen, umgeben von lieben Freunden, am Jahrestage und Stunde seiner Rückkehr in die Heimath, am 15. Februar Abends 7 Uhr sanft zu entschlafen. Ich nehme hiemit gleichzeitig die Gelegenheit meinen Freunden und den vielen edlen Menschen, die mir in meinem vielbewegten Leben mitfühlend und wohlwollend begegneten meinen innigsten und wärmsten Dank auszusprechen, und mich ihrem freundlichen Andenken zu empfehlen, indem ich hoffe und wünsche von nun an zurückgezogen mit meinen Kindern und dem theuern Andenken ihres Vaters leben zu können. Bregenz, 27. Februar 1863. Wittwe Fenner v. Fenneberg.”[32]

Einzelnachweise

[1] Lesetipp! Marita Krauss: “Ich habe dem starken Geschlecht überall den Fehdehandschuh hingeworfen”. Das Leben der Lola Montez. München 2020.
[2] Lesetipp! Hedwig Richter: Demokratie. Eine deutsche Affäre. Vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München 2020.
[3] Lesetipp! Hedwig Richter: Aufbruch in die Moderne. Reform und Massenpolitiserung im Kaiserreich. Berlin 2021.
[4] Vgl. Peter Fassl/Eva Sebald/ Gerhard Willi: Die Revolution von 1848/49 in Bayerisch-Schwaben. Dokumentation der Wanderausstellung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben. Augsburg 1998.
[5] Das Tagblatt (prot. geführt) wurde meinen Beobachtungen im Lauf der Zeit nach so gut wie nicht zensiert, die anderen Zeitungen (kath. geführt) öfter. Das ist nur ein Eindruck aus div. hier nicht aufgeführten Meldungen heraus, denn das Tagblatt zeigte in solchen Fällen gerne auf die kath. Zeitungen und verlachte diese auch ein bisschen. Die kath. Zeitungen schrieben recht harsch und unverblümt, und jenes Tagblatt meinen Eindrücken nach subtiler und blieb dadurch ggf. unter dem Radar. Dieser Aspekt bräuchte ggf. eine nähere Untersuchung. M. W. n. wurden die Augsburger Tageszeitungen dahingehend noch gar nicht erforscht. Vgl. Helmut Gier/Johannes Janota (Hg.): Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wiesbaden 1997.
[6] Vgl. Peter Fassl/Eva Sebald/ Gerhard Willi: Die Revolution von 1848/49 in Bayerisch-Schwaben. Dokumentation der Wanderausstellung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben. Augsburg 1998, S. 36.
[7] Vgl. ebda., S. 38f.
[8] Vgl. ebda., S. 37–46.
[9] Vgl. Caroline Felber: Der Hut – ein Statement, in: https://huete.ch/de/kopfbedeckungen/wissenswertes/der-hut-ein-statement.html (Stand: 20.06.2021).
[10] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 96, Mittwoch 5. April 1848, S. 417ff.
[11] Auch dazu sehr viele Meldungen im Augsburger Tagblatt vorhanden, besonders aus der Zeit NACH 1848. Auch wurden erst nach diesem Jahr wieder verstärkt Todesstrafen veranlasst, zum Entsetzen der Leute auch in der Friedensstadt Augsburg. Und es existierten mehr Hinrichtungsplätze als bislang gedacht. Dazu werde ich noch gesondert bloggen.
[12] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 98, Freitag 7. April 1848, S. 427f.
[13] Vgl. ebda., No. 99. Samstag 8. April 1848, S 431.
[14] Vgl. ebda., No. 153. Samstag 3. Juni 1848, S. 717.
[15] Vgl. ebda., No. 107. Sonntag 16. April 1848, S. 470.
[16] Vgl. Dokument im Staatsarchiv Augsburg, Reg.-Nr. 6733, in: Peter Fassl/Eva Sebald/ Gerhard Willi: Die Revolution von 1848/49 in Bayerisch-Schwaben. Dokumentation der Wanderausstellung der Heimatpflege des Bezirks Schwaben. Augsburg 1998, S. 71.
[17] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 122. Mittwoch 3. Mai 1848, S. 561.
[18] Vgl. ebda., No. 322. Mittwoch 22. November 1848, S. 1567.
[19] Vgl. ebda., No. 284. Sonntag 15. Oktober 1848, S. 1382.
[20] Vgl. ebda.
[21] Vgl. ebda., No. 259. Freitag 21. September 1849, S. 1327.
[22] Vgl. ebda., No. 147. Dienstag 29. Mai 1849, S. 780.
[23] Vgl. ebda., No. 150. Samstag 2. Juni 1849, S. 796ff.
[24] Vgl. ebda., No. 12. Sonntag 12. Januar 1851, S. 60.
[25] Vgl. ebda., No. 107. Montag 19. April 1858, S. 864.
[26] Vgl. ebda., No. 314. Samstag 15. November 1851, S. 1827.
[27] Vgl. ebda., No. 242. Samstag 4. September 1858, S. 2881.
[28] Vgl. Wiener Fremden-Blatt. 17. Februar 1749, (o. S.).
[29] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 38. Donnerstag 7. Februar 1861, S. 307.
[30] Vgl. ebda., No. 233. Montag 26. August 1861, S. 1884.
[31] Vgl. ebda., No. 52. Samstag 21. Februar 1863, S. 414f.
[32] Vgl. ebda., No.65. Freitag 6. März 1863, S. 520.

Beitragsbild: Ansicht von Augsburg aus Augsburg wie es ist (1846), gemeinfrei

2 Gedanken zu „Daniel Fenner von Fenneberg – Augsburgs Anti-Anti-Revolutionär“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.