“Eine der bedeutendsten Quellen zu den Collegia Musica im 18. Jahrhundert [musikalischer ‘Club’, meist der Patrizierschicht] hat sich im Stadtarchiv Memmingen erhalten. Die erhaltenen Bände dokumentieren diese musikalischen Zusammenkünfte in oft so anschaulicher und detaillierter Weise, dass wir uns ein sehr gutes Bild von der damaligen Bedeutung des Collegium, seiner Zusammensetzung, der aufgeführten Musik sowie deren zeitgenössischer Beurteilung machen können. In Vergleichen zu anderen Collegia Musica besteht die Möglichkeit, diese Institution im Zusammenhang der bürgerlichen und höfischen sowie auch zur kirchlichen bzw. klösterlichen Musikkultur im ausgehenden 18. und 19. Jahrhundert zu betrachten.” (Aus dem Vorwort zu Stadtarchiv Memmingen (Hg.): Das Collegium Musicum der Reichsstadt Memmingen. Edition der Protokolle 1775-1821. Übertragen von Nadine Sach, bearbeitet und eingeführt von Johannes Hoyer. Memmingen 2009.)
Gesellschaftliche Treffpunkte
Getroffen hat man sich in den Gaststuben der Zeit, wo gezecht, getrunken, gesungen, musiziert, gezankt und gelacht wurde. Selbst Speisepläne haben sich erhalten, auch einige Nachrichten zu reisenden Musikerinnen wie Barbara Krausin, Hofsängerin aus München, die dem Collegium musicum in Memmingen auch ein selbst geschriebenes musikpraktisches Übungsbuch hinterlassen hat: “Ganz neue und nüzliche Information nach Italienischer Manier allerhand zu singen. Deme das quodlibet bey gelegt. Von der Cantatrice Krausin” (noch verschollen) – etwas höchst Rares.
Noch in meinem Studium arbeitete ich an diesem Projekt als wiss. Hilfkraft. Einige Zeit ruhte es, weil erst wieder Mittel dafür aufgebracht werden mussten. Ich war zuständig für die komplette Übertragung der handschriftlichen Seiten – eine Arbeit, die ich liebe, weil man direkt am Original arbeiten kann. Wie fühlt sich dieses hunderte Jahre alte Papier an? Wie riecht es? Wie “knistert” es? Wie “schön” hat man damals geschrieben? Auch wenn es nicht immer einfach war, die “Sauklauen” zu entziffern.
Forschungseinblicke
Es existiert bereits eine Veröffentlichung der Protokollbände der Jahre 1775-1821. Meine Aufgabe war es, die Bände von 1731 bis 1774 zu bearbeiten, sodass eine gute und wichtige Publikation entstehen kann.
Im Mai habe ich dazu das Register abgeschlossen – nach weiteren Bearbeitungen und einem gründlichen Lektorat kann es dann hoffentlich in diesem Jahr noch in Druck gehen. Eine feierliche Buchvorstellung in Memmingen vor höchst interessiertem Publikum und teils noch Verwandtschaft der Collegiumsmitglieder von damals wartet!