Pictures from the past

Ethel Smyth bei der Einweihung des Pankhurst-Memorial 1930 © Flickr (allgemeinfrei)
Ethel Smyth bei der Einweihung des Pankhurst-Memorial 1930 © Flickr (allgemeinfrei)

Erstmals veröffentlicht am 22. Juli 2015 auf Facebook

Ab und zu ergänze ich Wikipedia-Artikel. Immer wieder fallen mir Artikel auf, die eine Überarbeitung oder Ergänzungen brauchen, weil wichtige Daten, Fakten und Zusammenhänge fehlen oder unklar sind. Neulich ist mir wieder solch ein Artikel aufgefallen, der zum Thema das Emmeline and Christabel Pankhurst memorial in London hat. Was in diesem Artikel nicht erwähnt worden war: Dass die Komponistin Ethel Smyth (1858-1944) während der Einweihung des Denkmals zu Ehren der berühmten Frauenrechtlerin (Christabel kam als Figur erst später dazu) am 6. März 1930 die örtliche Polizei-Band dirigierte und ihren The March of the Women und einen Choral aus ihrer Oper The Wreckers dazu dirigierte! Der Marsch war die Hymne der Frauenbewegung.

Ethel Smyth Superstar

Ethel Smyth verfasste mit Zunahme ihrer Taubheit nicht mehr Musik, sondern autobiographische Texte, die einen absolut fantastischen Einblick in das Gesellschaftsleben ihrer Zeit bieten. Sie berichtete darin auch über Emmeline Pankhursts Verzweiflung im Holloway-Gefängnis: Als quasi Anführerin der Suffragettenbewegung war sie ständig im Fokus von Polizei und Ordnungsdiensten und wurde während Demonstrationen mehrmals verhaftet. Wie so viele ihrer Mitstreiterinnen ging sie in Hunger- und Durststreik, um mit noch größerem Eindruck das Frauenwahlrecht zu erwirken. Emmeline Pankhurst erzählte Ethel Smyth von ihren dunkelsten Nächten dort:

Das Schlimmste seien für sie die verzweifelten, gedemütigten Schreie ihrer Zellennachbarinnen gewesen, die Schreie der Frauen, die mittels Schläuchen und durch grobe Hände zwangsernährt und so gefoltert worden waren. In diesen Nächten lag Emmeline Pankhurst wach und sang – um nicht durchzudrehen – ununterbrochen den The March of the Women. Diese Hymne war ihre Hoffnungsgeberin – ohne diesen Marsch hätte sie Selbstmord begangen, wie sie Ethel Smyth weiter berichtete.

Pictures from the past

Ich ergänzte also den Artikel um diese Musikszene am Denkmal. Woher weiß ich von dieser Szene? Vor ein paar Monaten kaufte ich mir selbst zum Geburtstag via ebay ein historisches Foto, das genau diese beschriebene Szene zeigt: Ethel Smyth dirigiert mit ernstem, konzentriertem Gesicht (vermutlich schon ziemlich taub) mit ihrer rechten Hand auf einem abgesperrten Rasenstück direkt vor dem Denkmal ein paar Männer in Uniform, die ihre Klarinetten blasen. Ethel Smyth trägt dabei ihre Ehrendoktor-Robe und ihren Doktorhut. Im Hintergrund stehen am Wegesrand auf der anderen Seite ein paar Männer, die Kameras in den Händen halten.

Es muss also noch mehr Fotos oder vielleicht auch Filme von diesem Event geben. Ein Anhaltspunkt, um weiterforschen zu können. Puzzlestück für Puzzlestück … Auf der Fotografie steht hintendrauf, dass Ethel genau diese beiden Stücke aufgeführt hatte in Erinnerung an ihre Weggefährtin und Freundin. Das Foto stammt aus dem ehem. Besitz der Londoner Tageszeitung The Times.

Wer mehr zu Ethel Smyths höchst spektakulärem Leben erfahren möchte, kann gerne meinen Vortrag zu ihr buchen. Mehr Infos dazu finden Sie hier.