Hiding Lesbianism. Zu “Ottilie von Goethe – Mut zum Chaos”

Eine Ausstellung im Deutschen Romantik-Museum, 23. Juni bis 3. September 2023

Betritt man das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt (dessen Haupteingang wie der Seiteneingang einer Tiefgarage anmutet, während man kurz überlegt, wo denn der richtige Eingang sei), schlägt einem dunkle und bei diesem heißen Sommerwetter angenehme Kühle entgegen. Verkündet an der Außenfassade ein großes Plakat vom Vorhandensein eines temporären Juwels (und die allerallermeisten Ausstellungen über Frauengeschichte sind solche Juwelen in einer noch immer nicht paritätisch ausgelegten Geschichtslehre) der Sonderausstellung Ottilie von Goethe – Mut zum Chaos, muss man sich im Inneren dazu durchfragen, weil es dafür in den Keller geht und man im Foyer leider keine weitere Hinleitung zur Ausstellung findet. Ein selbiges Plakat oder ein Aufsteller hätten am Zu- bzw. Abgang noch besser gewirkt. Begibt man sich über die Treppen nach unten, wird man rechts an der Wand von einem Zitat Johanna Schopenhauers (1766–1838) in Großlettern empfangen: „Ottilie […] liebenswürdig, unerträglich, verrückt, geistreich – wie Sie’s kennen.“

Lebensstationen veranschaulicht

Ottilie von Goethe als Soldatin © Susanne Wosnitzka
Ottilie von Goethe als Soldatin © Susanne Wosnitzka

Und wie man sie dann am Schluss des Rundgangs durch die Ausstellung als heute lebender Mensch ebenfalls endlich kennen wird. Zu Anfang eine Station mit auf großes Format aufgezogenen Selbstporträts Ottilie von Goethes (1796–1872), die aus den einzelnen Buchstaben ihres Namens dazu passende Temperamente auswählte und sich selbst als diese verkleidet vom Soldaten bis hin zu einem ausgefallenen Regenbogenkostüm buntfarbig gezeichnet und ausgemalt hat. Von dort wird man weiter zu einzelnen Lebensstationen bzw. Lebenstätigkeitsbereichen geleitet: Zu einzelnen Säulen (gleichsam tragendenden Lebenssäulen oder Meilensteinen), die mit Devotionalien, Briefen, Bildern und Porträts ausstaffiert sind. Die Wände ringsum wurden für weitere riesenhafte meist Briefzitate genutzt, um nicht nur Ottilies enormen Verdienst besonders zur Frauenemanzipation treffend-sicher zu unterstreichen. Vor allem auch ihre herausragenden Leistungen als Übersetzerin und Betreiberin der Zeitschrift Chaos.

Chaos entwirren

Waren die Löwinnen von Paris zwischen 1789 und 1848 die treibende Kraft hin zur Gleichberechtigung der Geschlechter, so waren das vor Louise Otto-Peters (1819–1895) und dem Einschnitt um 1848/1849 eben jene dieser verehrten wie angefeindeten Schriftstellerinnen, die sich untereinander kannten und schätzten und ein grandioses Netzwerk bildeten – ein immens wichtiger, aber oft noch immer oft unsichtbarer oder unsichtbar gehaltener Anteil an unserer Gesamtgeschichte. Es wäre sehr schön und wahnsinnig interessant, würde man all diese Beziehungsgeflechte digital visualisiert darstellen. An einer Arbeitsstation kann man abschließend eigene Gedichte und Fragen an Ottilie von Goethe auf dazu vorbereitete Kärtchen schreiben oder malen.

An dieser Stelle möchte ich nicht weiter spoilern für die, die sich diese wirklich sehenswerte Ausstellung noch gönnen möchten. Hier könnte ich meinen kleinen Exkurs auch enden lassen.

Umtriebe

Ottilie von Goethe, Kreidezeichnung von H. Müller nach einer Bleistiftzeichnung von H. Junker © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Ottilie von Goethe, Kreidezeichnung von H. Müller nach einer Bleistiftzeichnung von H. Junker © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Allerdings kann ich das nicht tun, weil mir in dieser Ausstellung ein paar Dinge aufgefallen sind, die ihr leider für wissend-geschulte Menschen einen empfindlichen Abbruch tun: Beschäftigt sich das ganze Deutsche Romantik-Museum mit romantischer heteronormativer Liebe, so wird dieses Konzept in der Sonderausstellung zu Ottilie von Goethe unverständlicherweise fortgeführt und homosexuelle Liebe und Kontext verschwiegen. Dieser Blogtext soll kein Vorwurf der Homosexuellenfeindlichkeit sein, aber dennoch hinterließ das Ganze in sich eine Art „Gschmäckle“. Daher benötigt meine Rezension einen Prolog. Eine Vorgeschichte, um zu verstehen, warum ich diese Ausstellung in gewisser Weise zwar selbst für mutig, aber dennoch auch für verzagt halte. Das fällt einem nämlich nur dann auf, wenn man gewisse Zusammenhänge kennt. Und diese möchte ich für euch aufdröseln.

Prolog

Annette von Droste-Hülshoff. Büste vor der Meersburg © Susanne Wosnitzka
Annette von Droste-Hülshoff. Büste vor der Meersburg © Susanne Wosnitzka

Bevor ich mich mit Ottilie von Goethe befasste, befasste ich mich mit einer ihrer näheren Bekannten, der deutschen „Dichterfürstin“ Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848; vielleicht kennen Sie sie noch vom 20-DM-Schein). Viele Jahre hielt ich diese für eine mehr oder weniger uninteressante „vertrocknete, alte Jungfer“, die kein Interesse an Männern hatte und Männer folglich nicht an ihr, sodass letztendlich auch das, was Männer über sie schrieben, selbst uninteressant und „vertrocknet“ wirkte: Die von „der Literaturwissenschaft“ auf einen recht hohen Sockel gestellte Unberührbare, fast schon Geschlechts- und Sexualitätslose, die selbst nur dann zu glänzen schien, wenn sie Worte in eine solche Reihenfolge brachte, dass dabei Poesie herauskam. Zwar mit die beste, die es je gab, aber seltsam unerotisch. Poesie muss nicht erotisch sein, aber Annettes Schreibe schien entkörperlicht und verklärt. Ich nahm das als gegeben hin, weil es die Gescheiten und Studierten ja schon wissen müssten.

Vorgeschichte

Bis ich begann, mich mit Frauen- und Lesbengeschichte zu beschäftigen – um über meine eigene Geschichte zu erfahren – und feststellte, dass manche Frauen eben ganz bewusst einen Weg ohne Männer bestritten – und das durchaus höchst erotisch sein konnte. Warum also war eine Frau in dieser Zeit „mannlos“ geblieben? Warum Annette? Als ich mich weiter mit dem sie umgebenden Kosmos an Schriftstellerinnen befasste, wurde es klarer: Da gab es die Archäologin und Numismatikerin Sibylle Mertens-Schaaffhausen (1797–1857; „schöne Rheingräfin“ genannt) und Adele Schopenhauer (1797–1849; ja, die Schwester von) – zwei Frauen, die in einer Liebesbeziehung zueinander standen, in der Adele eifersüchtig auf Annette reagierte, weil Sibylle begann, mit Annette anzubandeln und alleine mit Annette auch in Urlaub fahren wollte. Und Annette mit weiteren Frauen wie ihrer Lebensgefährtin Amalie Hassenpflug (1800–1871), meisterlich aufgearbeitet in mehreren Publikationen von Angela Steidele[1]. Und sie lebten ganz und gar nicht wie „vertrocknete, alte Jungfern“. Es wurde nur über viele Jahrzehnte versucht, diesen „unkeuschen“, „unnatürlichen“ und „unchristlichen“, aber bedeutenden Aspekt aus ihren Lebensläufen zu tilgen, weil nicht sein darf, was nicht sein kann.

Mehr als nur Schwärmerei

Karl Christian Andreae: Bildnis Amalie Hassenpflug, 1848 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Karl Christian Andreae: Bildnis Amalie Hassenpflug, 1848 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Eines von Annettes erotischsten Gedichten ist das an Amalie „Male/Malchen“ Hassenpflug, ihre letzte Lebensgefährtin, das sie laut Angela Steidele vor Drucklegung aus ggf. sich als fatal entwickeln könnende Decamouflage entwidmete und es fortan als heteronormatives lyrisches Ich gedeutet wurde:

„[…] Dich anzuschaun war meine Lust,
Zu lauschen deiner Züge Regen,
Und dennoch hätt‘ ich gern gewußt,
Was dich so innig moch’t bewegen?
Da bogst du sacht hinab den Zweig,
Strichst lächelnd an der Spitzenhause,
An deine Schulter huscht‘ ich gleich,
Sah einen Baum in schlichtem Laube […]“[2]

Nicht nur zwischen den Zeilen

Adele Schopenhauer, Porträt von Alexander von Sternberg aus dem Jahr 1841 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Adele Schopenhauer, Porträt von Alexander von Sternberg aus dem Jahr 1841 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Man muss also wissen, dass sich diese Frauen in einem frauenliebenden Zirkel befanden. Und dass sich Adele Schopenhauer in Frauen verlieben konnte – und eine davon Ottilie von Goethe war. In der Ausstellung und im Begleitbuch (wunderbar: Fußnoten! sonderbar: kein Namensregister!) wird Adele von den Autorinnen allerdings stets nur als „Kindheitsfreundin“ oder „Freundin“ bezeichnet. Dabei war Adele regelrecht besessen von Ottilie und wollte von ihr auch weitaus mehr als „nur“ eine platonisch-enge Freundinnenfreundschaft und verzehrte sich in erotisch-heißen Gedanken an sie. Angela Steidele zitierte Adele Schopenhauer, die aus Heidelberg an Ottilie Folgendes schrieb:

„Willst Du dazu noch einige Dutzend angenehme Erinnerungen und Träume, so gönnt sie Dir Deine fröhliche Freundin, fast hätte ich Freund gesagt – denn wenn ich an unsere Vereinigung, an unsere Liebe zu einander denke, ist’s mir oft als wären wir keine Mädchen“ und dass sie „vor Dir hinknien könte wie ein Liebhaber. […] Heut aber sollen alle meine Gedanken nur Dich faßen und halten, weils meine Arme nicht können, denn ich nähme Dich Heute gern beim Kopf und ließe Deine blauen Augen mit entgegenglänzen – wie – Gute Nacht. Man [die Mutter] ruft mich zur rechten Stunde ab, denn hier wäre ich leicht ernst geworden. […] Ich selbst muß mir ewig Schlaflieder vorsingen, damit keine zu heiße Sehnsucht mich mir selbst raube. Ottilie!“.

In flagranti

Gedanken, die in flagranti unterbrochen wurden. Adeles lebenslanges Seelenunheil war, dass Ottilie bei aller freundschaftlichen und tiefen Verbundenheit nicht auf diese sehnsuchtsvollen Anträge einging. Laut Angela Steidele haben sich im Gegensatz zu wirklich vielen Liebesbriefen aus Adeles Feder wesentlich weniger von Ottilie erhalten; Letztere seien auch qualitativ anders und nie erotischer Art.[3]

Un-Trennbarkeit

Sibylle Mertens-Schaaffhausen © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Sibylle Mertens-Schaaffhausen © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Also wahrlich schade, dass man in der Konzeptgestaltung der Ausstellung nicht mutiger gewesen zu sein schien, auch einen Blick auf körperliche Emanzipation und Geschlechterrollen-Nonkonformität geworfen zu haben. Zwar fanden Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens-Schaaffhausen[4] als gute Bekannte, Ratgeberinnen und Begleiterinnen Eingang in die Ausstellung, worin man zu Ottilies Rom-Aufenthalten mit einem wunderbar großen Kupferstich des Trevi-Brunnens hingeleitet wird, jedoch fällt auch hier unangenehm auf, dass beide Frauen nicht in Bezug zueinander gesetzt werden. Schlicht-sachlich und emotionslos wird im Ausstellungsbuch erklärt: „Ihre [Ottilies] Jugendfreundin Adele Schopenhauer lebte zu dieser Zeit in der Ewigen Stadt, genauso wie die Archäologin und Mäzenin Sibylle Mertens-Schaaffhausen.“[5] Weiter wird im Ausstellungskatalog erklärt, dass Sibylle im von ihr angemieteten Palazzo Poli (der Palazzo, in den der Trevi-Brunnen verbaut ist) einen der bedeutendsten Salons Roms unterhielt, aber Adele Schopenhauer völlig außen vor bleibt, als wären beide nur zufällig zeitgleich in derselben Stadt gewesen (in der Ausstellung selbst wird ebenfalls nicht erwähnt, dass Sibylle und Adele dort zusammen gewohnt haben). Dabei waren beide Frauen auch zusammen nach Rom gereist und frönten dort gemeinsamen Leidenschaften wie architektonischen und archäologischen Erkundungen, gemeinsamem Zeichnen der gefundenen oder erworbenen Altertümer – kurz: Sie verbrachten Lebens- und Liebenszeit dort miteinander mit allen Aufs und Abs als Paar!

Fehlendes

Antoinetta Brandeis. Trevi-Brunnen, um 1890 © gemeinfrei
Antoinetta Brandeis. Trevi-Brunnen, um 1890 © gemeinfrei

Auffallend auch, dass Angela Steideles Werke zur Beziehung dieser Frauen um Ottilie, worin diese Sinnzusammenhänge detailliert-fundiert erforscht und in einer nie zuvor dagewesenen Tiefe aufgedeckt dargestellt wurden und die einen heute noch atemlos lesen lassen, in der Literaturliste fehlen. Und bei diesem wirklich großen Wissen zu diesen Frauen und ihren Kreisen, das wir mittlerweile zum Glück durch solche Forscherinnen, Wissenschaftlerinnen und Ausstellungskuratorinnen haben und das auch die Ausstellungsbuchautorinnen fraglos und unzweifelhaft besitzen, scheint es wirklich seltsam, dass diese Zusammenhänge fehlen.

Wiederum wird so eine durchgängige Heteronormativität erzeugt und suggeriert, die auch schon bei frühen und früheren Darstellungen des Lebens und Wirkens von Annette von Droste-Hülshoff über Jahrzehnte zu einer massiven Geschichtsverfälschung geführt haben. Warum? Für Heterosexualität muss man sich in der heutigen Zeit nun wirklich nicht mehr schämen.

Erklärendes

Bei meinen Forschungen zur ersten Arnold-Schönberg-Studentin Vilma von Webenau kam ebenfalls die für Manche unbequeme Frage auf: Muss man unbedingt über Homosexualität sprechen? Müssen nicht unbedingt, aber man sollte sich die Frage stellen, was die Biografieforschung generell noch für einen Wert hätte, würde man Heterosexualität ebenso verschweigen. Ein Aristoteles Onassis ohne seine Frauengeschichten erklären wollen? Undenkbar. Diese Heteronormativität ist für Manche nur so dermaßen selbstverständlich, dass es ihnen nicht einmal mehr auffällt, dass sie ständig davon umgeben sind und diese ihr eigenes Leben trägt. Warum also sollte sich Homosexualität nicht auf das Leben anderer so veranlagter Menschen auswirken, vor allem im zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Miteinander?

Weiß man einigermaßen über Strafrecht in der Geschichte und wie historische Gesellschaften funktionierten (und vor allem mit welchen brutalen Mitteln die „Ruhe und Ordnung“ damals und bis in unsere Zeit hinein aufrechterhalten wurde), dann könnte man auch nachvollziehen, warum so lange und besonders in solchen gehobenen Kreisen der Gesellschaft auch dazu geschwiegen wurde – was wiederum eben bis heute gerne suggeriert, dass solche Prägungen und Präferenzen schlicht nicht vorhanden gewesen wären oder es allenfalls mehr oder weniger berühmte „Ausreißer“ davon gab. Für Viele war ein solches Aufdecken oder Publikmachen der gesellschaftliche Todesstoß bis hin zu Ermordung und Suizid wie zum Beispiel im entsetzlich tragischen Fall der Lilly Lieser (1875–1943, ermordet im Ghetto Riga; hier bitte die Fußnote beachten, da das eigentlich Interessante dazu im verlinkten biografischen Artikel nicht enthalten ist)[6] oder die Qualen einer Patricia Highsmith (1921–1995), die ihrem Kummer und ihrer Liebe nur in Romanform (zum Beispiel Salz und sein Preis bzw. Carol) entgegnen konnte.

Verblüffendes

Wer glaubt, auch die lesbische Liebe unter Literatinnen sei eine Seltenheit gewesen und daher als Ausnahme nicht relevant, der schaue in die vorzügliche Dissertation Angela Steideles zu Liebe unter Literatinnen der Jahre 1750 und 1850, die es endlich frei zugänglich zum kostenlosen Download[7] gibt – man wird dort einen unglaublich thrillenden Kosmos entdecken, der das eigene Weltbild über „keusche“ Literatinnen auf den Kopf stellen wird. Haben wir also bitte den Mut zum Chaos, solches auch zu zeigen und nicht länger öffentlich zu verschweigen, besonders nicht in solchen Meilenstein-Ausstellungen.

Um es mit Ottilie von Goethes eigenen, geringfügig abgewandelten Worten zu verdeutlichen:

„Und an Trotz und Widerspruch / Hätt ich selbst als Mann genuch.“[8]

 

"Empörungs"-Brief von Annette von Droste-Hülshoff © Susanne Wosnitzka
“Empörungs”-Brief von Annette von Droste-Hülshoff © Susanne Wosnitzka

Kaum eine Geschichte ohne P.S.:
In der Ausstellung ist auch ein schon unglaublich aussehender Brief Annettes zu sehen, versehen mit einer Lupe, weil ihre Schrift extrem winzig war – wohl geschuldet ihrer enorm starken Kurzsichtigkeit von über -10 Dioptrien als Frühgeburt. Darin entsetzte sie sich über einen Fehltritt Ottilies, die eine uneheliche Schwangerschaft verbergen musste und dazu nach Wien fuhr, um dort der „Schande“ zu entgehen. Hier wird die unbeantwortete Frage gestellt, warum sich Annette so erstaunlich furchtbar darüber aufregte. Mir kam aber sofort die sog. Jugendkatastrophe[9] Annettes in den Kopf, die von zwei jungen Männern einst umgarnt wurde, die unter sich eine Wette laufen hatten, wer sie als erster ‚herumkriegen‘ würde. Als dies der Fall war, ließen sie sie eiskalt fallen. Annette mied die Gegend, in der dies geschah, für einige Jahre. Sie wurde entsetzlich getäuscht – und sexualisiert ausgebeutet? Nicht zu vergessen die immerwährende Angst, schwanger zu werden mit allen damit zusammenhängenden verheerenden gesellschaftlich und oft auch körperlich tragischen Konsequenzen. Möglicherweise hat dieses Ereignis ihr eigenes unschönes Erleben unselig getriggert.

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Lesetipps
♣ Ines Rieder: Wer mit Wem? Hundert Jahre lesbische Liebe. Berühmte Frauen, ihre Freundinnen, Liebhaberinnen und Lebensgefährtinnen. Wien (Wiener Frauenverlag) 1994. ISBN 9783423360548 – old but gold!
♣ Angela Steidele: Als wenn Du mein Geliebter wärest. Liebe und Begehren zwischen Frauen in der deutschsprachigen Literatur 1750–1850 (= M-&-P-Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung. Literatur), Metzler, Stuttgart 2003, ISBN 3-476-45313-8, zugleich Dissertation, Universität Siegen 2002 (doi:10.25819/ubsi/10016).
♣ Dieselbe: „Als Mann und Frau etliche jähr mit einander gelebt“. Catharina Margaretha Linck (1687–1721) und Catharina Margaretha Mühlhahn (1697–1776). In: Joey Horsley, Luise F. Pusch (Hg.): Frauengeschichten. Berühmte Frauen und ihre Freundinnen. Göttingen (Wallstein) 2010. ISBN 978-3-8353-0634-9, S. 19–49.
♣ Dieselbe: Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens. Berlin (Suhrkamp/Insel) 2011. ISBN 3-458-35731-9 – hier besonders zu Ottilie von Goethe!
♣ Dieselbe: Anne Lister. Eine erotische Biographie. Berlin (Matthes & Seitz) 2017. ISBN 978-3-95757-445-9.
♣ Ahima Beerlage: Lesbisch. Eine Liebe mit Geschichte. Berlin (Krug & Schadenberg) 2021. ISBN: 9783959170154.
♣ Corinne Rufli: „Seit dieser Nacht war ich wie verzaubert“. Frauenliebende Frauen über 70 erzählen. Zürich (hier + jetzt) 2022. ISBN-13: 9783039193523.

Einzelnachweise
[1] Vgl. Ulrike Timm: „Liebe auf den ersten Blick“. Angela Steidele im Gespräch mit Ulrike Timm, in: Deutschlandfunkkultur, Sendung vom 13. April 2010 (Stand: 25. Juni 2023).
[2] Vgl. http://www.wortblume.de/dichterinnen/traum.htm (Stand: 25. Juni 2023).
[3] Vgl. Angela Steidele: Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens. Berlin (Suhrkamp/insel) 2011, Leseprobe (ohne Seitenangaben; Stand: 25. Juni 2023).
[4] In der Ausstellung bzw. im Begleitbuch zur Ausstellung wird erwähnt, dass ein Briefwechsel zwischen Ottilie von Goethe und Sibylle Mertens-Schaaffhausen im Jahr 1957 in der Newberry Library in Chicago aufgefunden wurde, in privaten Papieren aus dem Nachlass Ottilies. Mir stellt sich da sofort die Frage: Wie ist all das dorthin gekommen? Welche aufregende Geschichte liegt hier noch verborgen?
[5] Francesca Fabbri: Ottilie von Goethes Nachlass in Weimar – Schätze aus dem Goethe- und Schiller-Archiv, in: Francesca Fabbri/Waltraud Maierhofer/Yvonne Pietsch (Hg.): Ottilie von Goethe. Mut zum Chaos. Ein Ausstellungsbuch. Schätze aus dem Goethe- und Schiller-Archiv Bd. 6. Wiesbaden (Weimarer Verlagsgesellschaft) 2022, S. 60.
[6] Vgl. Susanne Wosnitzka: Vilma von Webenau – verwehte Spuren? Aktualisierter Blogartikel vom 1. November 2022 (Stand: 25. Juni 2023), sowie Andreas Brunner: Historische Sexualität: Muss man unbedingt „darüber“ sprechen?, in: DerStandard Online, Artikel vom 17. Mai 2018 (Stand: 25. Juni 2023).
[7] Vgl. Angela Steidele: Als wenn Du mein Geliebter wärest. Liebe und Begehren zwischen Frauen in der deutschsprachigen Literatur 1750–1850 (= M-&-P-Schriftenreihe für Wissenschaft und Forschung. Literatur), Stuttgart (Metzler) 2003, als Digitalisat (Stand: 25. Juni 2023).
[8] Aus dem Text eines Hinweisschildes in der Ausstellung zu Frauen im Wortgefecht mit Goethe.
[9] Vgl. Sabine Robrecht: Komplott entzweit die Liebenden. Bökerhof: Christina Seck erinnert an Jugendkatastrophe der Droste vor 200 Jahren, in: Westfalen-Blatt, Artikel vom 19. August 2020 (Stand: 25. Juni 2023).