Politisches Credo in Hosen mit Löwinnen | #femaleheritage

Emiie Lehmann © gemeinfrei

„Wenn wir jedoch verstehen wollen, warum Frauen, selbst wenn ihnen nicht der Mund verboten wird, noch immer einen sehr hohen Preis zahlen, um Gehör zu finden – und wenn wir daran etwas ändern möchten –, dann müssen wir einsehen, dass das Ganze komplizierter ist und eine lange Geschichte dahintersteht.“ – Mary Beard, mit Weitsicht

Sie hat recht. Es. Ist. Kompliziert. Und es ist mit einer langen Geschichte dahinter. Auch noch unbekannter Geschichte, die ich in diesem Blogtext mit einer neuen Theorie für die #femaleheritage-Blogparade der Monacensia München erstmals vorstellen möchte. Was es nicht weniger kompliziert macht. Das Bekannte sind einzelne Leuchtpunkte der Frauenbewegungsgeschichte, die aber offenbar ein ganzes Lichtermeer hinter sich gehabt haben in Form einer noch unbekannten Pariser Frauenbewegung, die über klare Erkennungsmerkmale verfügte, einen Namen hatte und die meinen Überlegungen nach wegweisend für die deutsche Frauenbewegung ab 1848/49 gewesen war.

Neue Wege

Seit Jahren beschäftige ich mich im Rahmen meiner musikwissenschaftlichen Dissertation mit mehreren historischen Augsburger Tageszeitungen, die ich für die Jahre 1746 bis 1878 hauptsächlich auf Musikkulturnachrichten in Gänze abgegrast habe. Das ergab ein unglaublich dichtes Netz an großteils unbekannten Informationen nicht nur zum Musik- und Kulturleben, das Hand in Hand ging, sondern auch zu allem, was die Menschen bewegt hat. Angefangen von seltsamen Wettererscheinungen und Naturkatastrophen (lückenlos dokumentiert) und neuen Erfindungen (und bekannte, die teils noch weiter zurückdatiert werden können), über unbekannte Episoden und Einzelschicksale aus der Französischen Revolution bis hin zu politischen Begebenheiten, die die Welt aus den Fugen gebracht haben.

Geschichte mit Lücken

Die allermeisten Publikationen zur deutschen Frauenbewegung ab 1848/49 beginnen zwar mit der Französischen Revolution über Napoleons Ende (bzw. dessen Code Civil, der Frauen noch mehr Rechte nahm). Aber zwischen diesem und den Jahren 1848/49 klafft eine ‚Lücke‘, als wäre die Frauenbewegung 1848/49 ganz plötzlich wie aus heiterem Himmel in die Welt gekommen. Diese Lücke kann ich mit meiner Theorie schließen.

Zur Beachtung vorneweg: Diese Forschungen tätigte ich ausschließlich privat in meiner Freizeit. Wegen Lohnerwerbs und anderer Forschungen konnte ich mich bislang nicht vertiefend ausführlich damit beschäftigen – dazu müsste ich auch in Paris forschen. Das Ganze stellt eine Zusammenstellung ausgewählter Highlights aus historischen Zeitungen/Veröffentlichungen dar, an denen ich mich mit all meiner geschichtlich-wissenschaftlichen Erfahrung entlanghangle und entsprechend Querverbindungen ziehen kann als Grundlagenforschung, die weiteren Erkenntnissen und Recherchen dienen kann. Und ja, der Blogtext ist lang, aber hier stehe ich und kann nicht kürzer.

Meinen Erkenntnissen aus dem intensiven Studium in historischen Zeitungen nach ergab sich für diese ‚Lücken‘-Jahre ein neues Bild – mit den Löwinnen von Paris![1]

Hosen-Crashkurs

Das Tragen von Hosen ist eine bis heute höchst politische Angelegenheit. Hosen waren – und sind in vielen Ländern und Religionen – den Männern zugedacht, einst auch als Beinkleid betitelt. Unter ‚Kleid‘ verstand man früher schlicht Bekleidung. Frauen hatten – weil sie keine Männer waren – Kleidung zu tragen, die sie von den Männern unterschied. Im 5. Buch Mose Vers 22 steht geschrieben: „Männerzeug darf nicht auf einer Frau sein, und ein Mann darf nicht das Gewand einer Frau anziehen. Denn jeder, der dieses tut, ist ein Gräuel für den HERRN, deinen Gott.“

Anne Lister, Gemälde von Joshua Horner, ca. 1830 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Anne Lister, Gemälde von Joshua Horner, ca. 1830 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Eine der berühmtesten Hosenträgerinnen war Jeanne d’Arc (~1214–1431). Sie wurde nicht auf dem Scheiterhaufen hingerichtet, weil sie es gewagt hatte, an der Spitze eines Heeres zu reiten und politische Geschicke zu lenken, sondern weil sie Männerkleidung trug. Im Gefängnis wurde ihr heimtückischer Weise aber ein Kleid verwehrt; ihr wurde nur Männerkleidung in die Zelle gelegt, sodass sie für die Prozessverhandlungen nur auf Hosen zurückgreifen konnte – und dann wurde behauptet, sie sei unbelehrbar, was dann neben anderen Vorwürfen die endgültige Verurteilung bestätigte. Einige prominente Frauen in Männerkleidung waren zum Beispiel die berühmten Ladies of Llangollen, die im 18. und frühen 19. Jahrhundert in Irland lebten. Oder Anne Lister (1791–1840) mit ihren – nun nicht mehr – geheimen erotisch-brachialen Tagebüchern.

Mesdames Sansjupons

Olympe de Gouges, Pastell von Alexander Kucharski © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Olympe de Gouges, Pastell von Alexander Kucharski © wikimedia.commons (gemeinfrei)

1791 erschien die aus der Wut heraus entstandene Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin von Olympe de Gouges (1748–1793), weil Frauen in den frisch geschaffenen Menschenrechten nicht vorkamen. In Olympes Todesjahr wird in den Augsburger Zeitungen erstmals aus Paris von einem „Klub der Weiber, die sich wie Megären betragen“[2] berichtet, die man Sansjupons – Ohnerock (= in Hosen) – nannte und die sich über die Wochen verteilt in vielen Aktionen in der Stadt bemerkbar machten: Vom Stören von Männerversammlungen und Ratssitzungen bis hin zum Überfallen von Gerichtsverhandlungen oder als „Terroristenweiber, welche über die Ruhe dieser Stadt [Marseille], und über ihre abnehmende Herrschaft ganz rasend sind, unter die Damen auf der Promenade gemischt, und mit Scheeren die grossen Halstücher, die Schals, die Kleider etc. vom Leibe weggeschnitten. Von Paris schreibet man ähnliche Vorfälle.“[3]

Frauen undercover

Unzählige weitere Zeitungsfunde berichten über Frauen in Hosen in der Armee (ja selbst über eine ganze 400 Köpfe starke Frauenarmee aus Dänemark gegen Napoleon, angeführt von einer Pfarrerstochter!), die als Soldaten incognito/undercover dienten. Für einige Personen mag das nicht nur eine Chance auf ein eigenes, selbsterarbeitetes Einkommen gewesen sein, sondern die Chance auf ein neues Leben, ein Leben ‚als Mann‘ zu leben – zum Beispiel auch als Transgender und/oder Crossdresser und/oder lesbische Butch. Allerdings stets in der Angst, aufzufliegen. Einige dieser Aufgeflogenen wurden unehrenhaft aus der Armee entlassen, andere höchst ehrenhaft wie zum Beispiel der Fall der Dorothea Geiger geb. Pichelt (1790–1824), die als Theodor Pichelt für die von ihr angeschwärmte und hochverehrte Königin Luise von Preußen (1776–1810) gegen Napoleon in die Schlachten zog. Als Heldin von Magdeburg ging Pichelt in die Geschichte ein, deren lange vermisste Todesdaten und Todesumstände ich 2018 ermitteln konnte.[4]

Mächtiges Gesetz

Diese Frauen in Hosen waren so dermaßen lästig (und es mussten so viele davon gewesen sein), dass 1799 in Paris schließlich ein Gesetz erlassen wurde, das Frauen das Tragen von Männerkleidung und insbesondere Hosen verboten wurde. Wer dennoch entsprechende Kleidung tragen wollte, musste dies polizeilich anmelden und die Erlaubnis jedes halbe Jahr erneut dafür beantragen. Funfact: Dieses Gesetz galt (lange vergessen) offiziell bis ins Jahr 2013![5]

Louise Aston mit Zigarre, Gemälde von Johann Baptist Reiter © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Louise Aston mit Zigarre, Gemälde von Johann Baptist Reiter © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Eine sehr bekannte Frau in Hosen aus dieser Zeit war Louise Aston (1814–1871), die sich von Verbannung zu Verbannung hangelte und als hosentragendes ‚Mannweib‘ berüchtigt war. Anonyme Briefe veranlassten eine polizeiliche Unterredung, bei der Aston bekannte, dass sie, „nicht an Gott [glaube] und […] Zigarren [rauche]. Sie beabsichtige, die Frauen zu emanzipieren und sollte es ihr Herzblut kosten. Sie halte die Ehe für ein unsittliches Institut“.[6] Aston erfuhr aufgrund ihrer Emanzipationsideen eine Ausweisung aus Berlin, wo sie durch die Hauptstraßen in Männerkleidern, Sporen an den Stiefeln, die Reitpeitsche in der Hand, mit brennender Zigarre im Mund promenierte. Aufmüpfige Frauen (und Männer) schob man einfach ab. Louise Otto-Peters (1819–1895) war auf dermaßen radikale Aktionen überhaupt nicht gut zu sprechen. Hier findet sich eine klare Trennlinie, die sich später auch bei der Suffragettenbewegung in England beobachten lässt: Die Suffragettes waren die Radikal-Öffentlichen, die Suffragists die Gemäßigten, die die Bewegung im Hintergrund ‚leise‘ voranbrachten.

George Sand mittendrin

George Sand mit Begleiter, Zeichnung von Paul Gavarni ca. 1840 © gemeinfrei
George Sand mit Begleiter, Zeichnung von Paul Gavarni ca. 1840 © gemeinfrei

Eine weitere sehr bekannte Frau war Amantine Aurore Lucile Dupin de Francueil (1804–1876), die sich selbst George Sand nannte. In ihren Memoiren schrieb sie zwar, dass sie von Kindesbeinen an schon immer gerne Hosen trug; historische Zeitungsberichte lassen nun den Schluss zu, dass sie offenbar ein Teil/Mitglied der Löwinnen von Paris war! Ihr Männerkleidungtragen war keinesfalls ein Alleinstellungsmerkmal in dieser Zeit.

Und die Frauen verlangten nach gleichberechtigter Teilhabe. 1819 bemerkte man(n), „daß bey den Frauen unsrer Zeit die Tendenz zu öffentlicher politischer Bedeutung und Wirksamkeit immer merklicher an den Tag tritt. Man höre und schaue bey uns; man höre und schaue bey unsern Nachbarn und Mustern, den Engländern. Die letzte Volksversammlung in Birmingham, die 15,000 Köpfe stark war, bestand meist aus Weibern, und in den ansehnlichsten Städten Englands bilden sich Verbindungen von politischen Reformatorinnen, die, so viel wir aus englischen Blättern vernehmen, schon jetzt bedeutendes Aufsehen erregen, und deren ganzes Thun und Treiben auf nichts Geringeres als auf Stiftung einer völligen Amazonen=Republik hinausgeht. Welch verführendes Beyspiel für ihre Schwestern in Deutschland.“[7] Wohlgemerkt 100 Jahre VOR den Demos der Suffragetten! 1821 entwarf ein Spanier einen Entwurf einer politischen Konstitution für das weibliche Geschlecht![8] Und so geht es in einem Fort in den Zeitungen.

König der Französinnen! sic!

1837 machten sich einige Pariser Frauen Gedanken um die Verwendung der Sprache: In einer von vielen Tausend Frauen unterzeichneten Petition forderten sie schon damals geschlechtergerechte Sprache, in der sie ersuchten, dass nicht stets in geschichtsverfälschendem generischen Maskulinum vom König der Franzosen, sondern auch vom König der Französinnen geschrieben und gesprochen werden sollte![9] Und noch heute wird Marlies Krämer für ihre Versuche belächelt, als Frau und Kundin auch so genannt zu werden.[10]

Die Frauenbewegung war den vielen Zeitungsberichten (hier nur ein paar wenige Highlights gestreut) nach ständig vorhanden und mal weniger, mal stärker präsent – ein permanentes Pulsieren und Wogen, das in deutschen Zeitungen aufgegriffen und diskutiert wurde; Nachrichten, die die deutschen Frauenrechtskämpferinnen, die durch die Bank belesen waren, mitbekommen haben müssten.

Die Löwinnen von Paris

Wer waren nun die Löwinnen von Paris, und welche möglichen Verbindungen gibt es nach Deutschland?

Die Löwinnen von Paris schienen zunächst als eine Art modische Entwicklung wahrgenommen worden zu sein und wurden als modische Gecken betrachtet. Sie trugen Männerkleidung und rauchten in der Öffentlichkeit (was für Frauen generell verpönt war). Der Ausdruck Löwinnen rührte auch daher, dass sie ihre Haare offen trugen, und die Haarlocken deshalb als ‚wild‘ und ‚löwen(mähnen)haft‘ erschienen. Nur ‚wilde‘ Frauen – Prostituierte – trugen ihre Haare offen als Erkennungszeichen, um sie nicht mit ‚ehrbaren‘ Frauen (aus Versehen versteht sich) zu verwechseln. Ein weiteres Löwinnen-Merkmal war um 1840 ein Dolch, der im Ausschnitt der Brust getragen wurde und dessen Griff nach außen auch sichtbar war. Eine im Notfall effektive Selbstverteidigung – durch die Sichtbarkeit und somit Griffbereitheit wurde auch signalisiert, dass man den Dolch bei Bedarf einsetzen würde. Interessierte Männer hatten zwar Zutritt zu ihren Clubs und durften zuhören, hatten dort aber zu schweigen.
Maria de Las Mercedes Comtesse Merlin (1789–1852) schuf ihnen mit ihrem Roman Les lionnes de Paris (1845) auch ein literarisches Denkmal. George Sand nahm als Anhängerin dieser lionnes an deren radikalen Aktionen teil; so lässt sie sich zum Beispiel bei von den Löwinnen organisierten Krawallen in und um das Gerichtsgebäude bei den Verhandlungen um die Giftmörderin Marie Lafarge (1816–1852) nachweisen.[11]

Mit Informationen gehts besser

Marie d’Agoult, Gemälde von Henri Lehmann © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Marie d’Agoult, Gemälde von Henri Lehmann © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Wichtiges Informationsmittel waren nicht nur in Paris die Zusammenkünfte kluger Leute in sog. Salons, die auch von Frauen wie Marie d’Agoult (1805–1876, Schriftstellerin, Pseudonym Daniel Stern) geführt wurden und in denen auch politische Themen im Gespräch waren. In Lesezirkeln und über öffentliche Lesegesellschaften, die über internationale Presse verfügten, konnte man sich über die Vorgänge in der Welt informieren. Manche Tageszeitungen stellten täglich ein ‚best of‘ dieser Meldungen aus aller Welt zusammen, und so gelangten auch weitere Meldungen zu noch unbekannten Hosenträgerinnen auch mir zu Gesichte.

1846 machte sich Louise Aston in Berlin unangenehm bemerkbar und die Stadt unsicher:

„Ein Zeichen unserer faulen und verkrüppelten Zustände sind unsere emanzipirten Frauen. Es hat sich jetzt ein förmlicher Klubb derselben organisirt, welche, gewöhnlich in Herrenkleidern, Cigarren im Munde, in bestimmten Kneipen zu treffen sind. Hier wird getanzt, wobei die Damen den auffordernden Theil bilden, bejubelt und ein Getränk aus Porter, Madeira und Champagner genossen. Besondere Virtuosität in diesem Genre des Frauenthums entwickelt eine Miß [Louise] Asten [Aston], die Geliebte des jungen Dichters [Rudolf] Gottschall, dem sie jetzt nach Königsberg folgen will; ferner eine Madame Schmidt, die Gattin des als Schriftsteller bekannten Max Stirner.“[12]

Gespiegelte Emanzipation

Im selben Jahr haben aber auch bereits Männer versucht, es den Frauen gleichzutun: „Hier [in Berlin]  ist es in jüngster Zeit sehr oft vorgekommen, daß Männer an öffentlichen Orten in Frauenkleidung erschienen: eine eigene Emanzipationssucht, freilich charakteristisch für die hiesigen Sittenzustände.“[13] Solche (hier negativ dargestellten) Nachrichten über Männer, die versuchten, sich ebenfalls zu emanzipieren, kamen im Gegensatz zu den Meldungen zu hosentragenden Frauen allerdings sehr selten in der von mir untersuchten Presse vor. Rebecca und ihre Töchter sind hierzulande so gut wie nicht bekannt. Diese waren eine große Gruppe von Männern in Wales, die zwischen 1839 und 1844 in Frauenkleidung ihre riots durchzogen.[14]

Königsberger Kloppe

Königsberg? Königsberg! Beim Klang dieses Stadtnamens klingelte etwas bei mir, das mit einer ganz bestimmten Frau zu tun hatte, und schon konnte ich eine Querverbindung – wie man latentes Blut mit Luminol und UV-Licht sichtbar macht – aufploppen sehen:

Lola Montez, Gemälde von Joseph Karl Stieler © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Lola Montez, Gemälde von Joseph Karl Stieler © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Über solche Frauen, die sich ‚widernatürlich‘ verhielten, wurde in der Presse ausgiebig vom Leder gezogen. 1848 gab man die Schuld am politischen Umsturz und Umbruch einer Frau: Lola Montez (1821–1861), deren Geschichte Legende ist und eigentlich das Verhalten von König Ludwig I. von Bayern (1786–1868) das seit Jahren schwelende Pulverfass zum Explodieren brachte. Von Polen bis Frankreich kam es vor allem in den Städten zu brutalen Gewaltorgien, besonders in Warschau, Rastatt und Hamburg, als das Volk versuchte, die Ideen einer Demokratie umzusetzen[15] und die monarchistische Obrigkeit die Soldateska aussandte, um wieder für ‚Ruhe und Ordnung‘ zu sorgen. Die Pianistin und Komponistin Clara Schumann (1819–1896) zum Beispiel erlebte die Kämpfe in Leipzig am eigenen Leib, als sie – mit Kindern und hochschwanger – aus der Stadt floh. Sie verfasste in dieser Zeit ihr politischstes Lied, das Vorwärts! (Text: Emanuel von Geibel). In Warschau kämpften auch Frauen an vorderster Front mit; viele Teilnehmende mussten jedoch fliehen, fanden Aufnahme, aber auch Anfeindungen in anderen Ländern; sog. Polenlieder[16] erlebten einen Boom, in denen die Situation (meist auf bereits bekannte Melodien) besungen wurde. Das bekannteste und beliebteste, das Jeszcze Polska nie zginęła (Noch ist Polen nicht verloren) wurde zur polnischen Nationalhymne.

Polenlieder im Selbstverlag

Eine dieser Frauen, die in Polen in Männerkleidung mitkämpfte, Polenlieder und andere politische Lieder sowie ein erstaunliches politisches Glaubensbekenntnis in 22 (!) Punkten im Selbstverlag veröffentlichte, war Emilie Lehmann, über die zwar bereits minimal publizistisch berichtet wurde, zu der ich in historischen Zeitungen aber allerhand Neues entdecken konnte, besonders zu ihrem literarischen Wirken, ihrem Auftreten und Aussehen. Möglicherweise kannte sie Louise Aston, da beide nicht nur in Königsberg, sondern auch in Berlin agitierten. Ob sie sich gekannt hatten? In Lehmanns Credo finden sich Hinweise, die eine Nähe zu den Löwinnen von Paris andenken lassen.

Auch Louise Aston verfasste ein solches Credo[17], die in dieser Zeit offenbar beliebtes Ausdrucksmittel waren. Das Augsburger Tagblatt regte sich darüber auf: „Ueber politische Glaubensbekenntnisse: Es ist wahrhaft wunderlich, wie viele politische Glaubensbekenntnisse jetzt aller Orten auftauchen, und wie Ähnlich eines dem andern ist. Männer, die sich bisher notorisch nur um Weinflaschen kümmerten, die kein Wort für die Rechte des Volkes zu sagen wagten, als das Vaterland unter Pfaffen= und Weiberherrschaft seufzte, spiele jetzt plötzlich die liberalen Löwen des Tags! Nun natürlich! jetzt ist nichts zu riskiren, wenn man sich liberal zeigt; im Gegentheil, je radicaler, desto volksthümlicher!“[18]

Hochinteressant wäre es, die Glaubensbekenntnisse von Louise Aston und Emilie Lehmann zu vergleichen. Diese Arbeit sprengt hier allerdings den jetzt schon weiten Rahmen.

Wer war Emilie Lehmann?

Chełmno/Kulm um 1855 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Chełmno/Kulm um 1855 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Lassen wir zunächst ein altes Lexikon erzählen:

„Lehmann, Emilie, geborne Wuttge, zu Kulm [Chełmno/Polen], einem Städtchen an der Weichsel in Westpreußen geboren, zeigte schon in ihrer frühesten Jugend viel Eigenthümliches, sonderte sich von ihren übrigen Geschlechts= und Altersgenossinnen ab, las die Helden des Cornelius und Plutarch und übte sich, statt zu nähen und zu stricken, mit ihrem Bruder in Fechtübungen. So lebte sie bis zu ihrem 15. Jahre romantisch in die Welt hinein, als der Rittmeister Lehmann in ihr elterliches Haus kam, um Emiliens Mutter, seine ehemalige Geliebte, zu besuchen., Die Mutter war unterdessen mit dem Regimentsarzt Wuttge verheirathet und nun hielt L. um die 15jährige Tochter an. Sein großer Reichthum blendete; man willigte ein, obwohl die Tochter sich wenig um die ganze Heirath kümmerte. Dieser Schritt wurde für Emilie L. der Wendepunkt ihres ganzen Lebens. Sie, das 15jährige Mädchen, wurde einem 50jährigen Manne angetraut, dessen erste Frau – die jetzige Gemahlin des Kurfürsten von Hessen=Kassel – ihm von dem damaligen Kurprinzen um Geld abgekauft worden war. Ein solch‘ unnatürliches Verhältniß konnte unmöglich lange bestehen; Emilie ward, nach kurzer Ehe, durch Scheidung wieder frei. Nun reiste sie nach Danzig, übergab ihr Herz und den größten Theil ihres Vermögens einem dortigen jungen Kaufmann, wurde aber von demselben verlassen. Voll Kummer kehrte sie wieder nach Kulm zurück, lebte einige Jahre in dem Hause ihrer Eltern in strenger Abgeschiedenheit, bis der, von den Polen 1846 abermals wieder versuchte, Freiheitskampf sie aus ihren Träumen herausriß und dem Leben wiedergab. L. nahm den lebhaftesten Antheil an diesem Aufstande und half mit, so weit es in ihren Kräften stand. Als sie nach dem baldigen Ende desselben sich nach Königsberg begab, wurde sie dort in die Untersuchungen über dieses Unternehmen verwickelt; sie mußte vier Monate lange in der Untersuchungshaft sitzen, in die sie – merkwürdig genug – durch einen frühern Anbeter, den jetzt seines Amtes entlassenen Polizeipräsidenten von Königsberg, Julius Lauterbach, gebracht worden war, wurde indessen vorläufig wieder freigesprochen. Während ihrer Gefangenschaft machte sie sich allerlei träumerische Gedanken über die „Knechtschaft des Weibes“ und, als sie nun ihre Freiheit wieder erhalten, suchte sie dieselben zu verwirklichen. Dabei aber trug sie, bei ihrer Losreißung von der weiblichen Sitte, auch dem Aeussern allzuviele Rechnung; sie vertauschte die Frauenkleider mit den Beinkleidern, erregte dadurch ungeheures Aufsehen und zog sich eine Menge Feinde zu. Während aber die Presse gegen dieses „sittenlose Mannweib“ losdonnerte, schrieb L. ihr Glaubensbekenntniß nieder und gab die „Briefe an eine emanciprte Frau“ u. die „censurfreien Lieder“ heraus. – Unsere Zeit hat des Großen und Interessanten zu viel, als daß sie sich noch mit solchen persönlichen Erscheinungen beschäftigen könnte, die nur durch das Ungewöhnliche die Augen auf sich ziehen wollen; hoffen wir indessen, daß keine Zeit das Wort des Dichters Lügen strafen werde: Durch Thaten herrscht der Mann, das Weib durch Sitte.“[19]

Weitere Stimmen

Das Augsburger Tagblatt berichtet Ähnliches: „Der emanzipirten Dame Frau Lehmann in Königsberg ist durch ein Ministerialscript befohlen worden, die angenommene Männertracht abzulegen. Was aber in dem Ministerialreskript nicht gesagt ist, das ist: wie dieser Befehl im Falle der Renitenz von Seiten der hosentragenden Dame in Ausführung zu bringen sei. Die Königsberger Polizei soll sich deßhalb in großer Verlegenheit befinden. – In der städtischen Ressource zu Königsberg wurde kürzlich die scherzhafte Frage aufgeworfen: „ob eine emanzipirte Dame in die Gesellschaft aufgenommen werden könne? Die Antwort, eines Ulpianus und Paullus würdig, lautete verneinend, „weil eine emanzipirte Dame zwar aufgehört habe, eine Dame zu sein, aber noch lange kein Mann sei.“[20]

Emilie Lehmann © gemeinfrei
Emilie Lehmann © gemeinfrei

In der Illustrirten Zeitung[21] findet sich auch ein Bild Emilie Lehmanns, das sie als Brustbild in einer Art Uniform zeigt (die das polnische Armeemuseum nicht identifizieren konnte) mit einem der Zeit typisch polnischen Tschako. Man beachte auch den unter die linke Achsel geklemmten gekrümmten Säbel, die i.d.R. polnische Kavallerieoffiziere mit sich führten!

Laut Zeitung für die elegante Welt prozessierte sich Emilie Lehmann tapfer durch alle Instanzen bis hinauf zum König, der allerdings mit ihrem Wunsch nicht viel anfangen konnte und ihr Gesuch an sein Ministerium weitergab.[22] Es wurde behauptet, sie habe durch ihr Auftreten Straßenaufstände angezettelt, was sie aber widerrief, denn „das neugierige Anstarren müßiger Leute [sei] nicht so zu nennen“ und berief sich auf Frauen wie Katharina die Große als legitime Vorbilder. Der Minister des Inneren „erklärt das Recht der Frauen, männliche Kleider zu tragen, in Preußen für unzweifelhaft [!], nur verpönt er es, wenn es aus unsittlichen Ideen hervorginge. Frau Lehmann“ ließ nicht locker und „wendete sich nochmals an den Minister, da er, statt sie zu bescheiden, sie beleidigt habe.“[23] Das war offenbar too much.

Gewitzt mit der Feder

Ihr Gesuch wurde nicht gewährt, und so zog sie sich zähneknirschend, aber dennoch gewitzt aus der Öffentlichkeit zurück: „Die Frau Rittmeister Lehmann, welche wegen ihrer Emancipations=Ideen längere Zeit großes Aufsehen machte, lebt in Königsberg gegenwärtig mehr zurückgezogen als sonst. Da ihr das Tragen männlicher Kleidung nicht gestattet worden ist, so trägt sie Beinkleider unter dem weiblichen Anzug, der dann kürzer ist, als bei anderen Frauenzimmern, und abgeschnittenes Haar, das sie nach hinten toupirt. Im Theater hat sie gewöhnlich eine Loge.“[24]

Die Erheiterungen in Aschaffenburg beschreiben Emilie Lehmanns Aussehen noch etwas detaillierter: „Die Farbe ihres Anzuges ist schwarz [wie der immerwährende Aufzug von Anne Lister!], ihr Haar ist kurz geschnitten, schief gescheitelt und rückwärts toupirt. Der Stock ihres Sonnenschirmes hat die Façon einer Reitgerte [wie Lola Montez stets eine bei sich führte!], die Gamaschenstiefelchen sind mit hohen Absätzen versehen. Um den Keim ihres Schnurrbartes zur vollen Blüte zu entfalten, läßt sie sich täglich rasiren.“[25]

Richard von Kralik schrieb ehrenvoll von ihr als ‚Bahnbrecherin‘: „Die Emanzipationsgelüste erstreckten sich auch auf die Frauen. Die Schriftstellerin Luise Aston in Berlin nahm als Krankenwärterin am schleswig-holsteinischen Kriege teil. Emilie Lehmann, geborne Wuttge, die am polnischen Aufstand 1846 teilgenommen hatte, hatte während ihrer Gefangenschaft in Königsberg auch über die Knechtschaft des Weibes nachzudenken Gelegenheit gehabt. Nach ihrer Freilassung zog sie Männerkleidung an, schrieb ihr Glaubensbekenntniß, gab die „Interessanten Briefe an eine emancipirte Frau“ und die „Zensurfreien Lieder“ heraus. Als Bahnbrecherin der Emancipation machte sie sich in der ganzen Welt berühmt.“[26]

Censurfreie Lieder

Deckblatt der Censurfreien Lieder
Deckblatt der Censurfreien Lieder

Bei Wilhelm Heinsius[27] fand ich die Titel ihrer Veröffentlichungen dann auch bestätigt. Von den Censurfreien Liedern fand sich kein Original mehr, allerdings die (schlechte) Kopie eines Originals im ehemaligen Arbeiterliedarchiv, das heute nicht mehr existiert, sich aber – nach einigem Suchen und Herumschreiben – eingegliedert in die Akademie der Künste in Berlin fand, die mir freundlicherweise eine Kopie der Kopie überließ.[28]

Zwei ihrer sieben Lieder – nämlich An die Frauen und Aufruf zur Emancipation[29] –, zu denen sie teils zu singende bekannte Melodien nennt (Noten sind nicht vorhanden, sodass sie vermutlich keine Komponistin war), möchte ich hier erstmals der Öffentlichkeit vorstellen, bevor ich zu Emilie Lehmanns politischem Glaubensbekenntnis komme:

An die Frauen

Sagt Frauen, wollt ihr Eu’ren Zopf
Denn tragen tausend Jahre? –
Glaubt mir, das Haar macht nicht den Kopf
Doch macht der Kopf die Haare.
Darum befreiet Euren Kopf
Von jedem Spreu, von jedem Zopf,
Wir brauchen nicht die Brocken
Viel schöner sind ja Locken.

Die Röcke aus, die Hosen an,
Das Schnürleib weg vom Busen! –
Wer frei sich fühlt ist jetzt ein Mann,
Wer Mann ist trage Blousen.
Was soll das Gitter um die Brust,
Zerbrecht es, Eurer selbst bewußt
Und laßt die jungen Gekken
Sich jetzt in’s Schnürleib stecken.

Die Ringe ab, weg alles Gold,
Was sollen jetzt die Ketten? –
Vermünzet sie zum Freiheitssold,
Das Vaterland zu retten.
Und, wenn der Mann in’s Blachfeld[30] fährt,
So schirmen wir fortan den Heerd,
Dann wollen wir, die Frauen,
An Barrikaden bauen! –

Nur immer frei und ungenirt
Und gar nicht lang‘ besinnen
Erst äußerlich emancipirt,
Dann kommts von selbst nach innen.

So wie das Sein, frei auch der Schein
Und wie der Schein fortan das Sein,
Dann zeigt ihr allen Landen,
Daß Ihr die Zeit verstanden.

Die „Locken“ können an dieser Stelle auf die Locken bzw. offen getragenen Haare der Löwinnen von Paris verweisen. Interessant ist, dass sie die Frauen nicht dazu aufruft, den Männern in die Schlacht zu folgen, sondern den Herd, das Zuhause zu schützen, die ebenso wichtige Nachhut zu bilden. Nicht am Herd zu stehen (und zu kochen und fürsorgen), sondern ebenfalls der Wehr zu dienen.

Aufruf zur Emancipation

Emancipirt, emancipirt euch Alle! –
Das ist der Weg der Euch zum Himmel führt! –
Wißt Ihr es nicht daß vor dem Sündenfalle
Die ganze Schöpfung war emancipirt? –

Sogar die Thiere freuten sich der Erde,
In nackter Unschuld gingen Frau und Mann,
Man lebte ohne Sorge und Beschwerde,
Denn Keiner war des Anderen Tyrann.

Doch als nun der Freiheit ew’ge Rechte
Bracht der ersten Menschen blinder Wahn,
[Da][31] wurden alle Menschen Gottes Knechte
[Und] einer ward dem Andern unterthan.

[So/es] ward vom Feigenblatt ein Kleid gewunden,
[Es] zeigte sich der eitle Modenkram
[Und] endlich ward der Purpur[32] gar erfunden,
[Um] zu verdecken alle Schand‘ und Scham.

So laßt denn endlich fahren Eure Feigheit,
Denn ohne Muth erringt man sich kein Glück,
Emancipirt Euch zur wahren Gleichheit,
Denn Gleichheit bringt auch Unschuld uns zurück.

Dann brauchen wir kein Fasten und kein Beten,
Dann wird das Menschenleben schön und süß,
Dann werden die Worte des Propheten,
Dann wird die Erde wieder Paradies!

Vertrieben aus emanzipiertem Paradies

Die emanzipierte Welt zu Beginn, die entemanzipiert wurde – Emilie Lehmann sagt in ihrem Glaubensbekenntnis[33], dass sie sich nicht zu emanzipieren brauche, da sie durch die Tatsache, ein Leben bekommen zu haben, bereits auch als Frau emanzipiert, ‚gottgewollt‘/‚von Natur aus‘ und somit selbstverständlich gleichgestellt sei.

Wir wissen allerdings noch viel zu wenig zu Emilie Lehmann, um ihr Glaubensbekenntnis vollständig deuten zu können. In ihrem 23 Seiten umfassenden Büchlein schrieb sie in einem Vorwort, dass sie nichts zu verbergen habe, und ein paar der an sie gerichteten Schreiben von Verehrern mitveröffentlicht. Da sie Taktlosigkeit überhaupt nicht schätze, habe sie die Namen der Briefautoren anonymisiert. Es finden sich darin Briefe, die ihr ihre Weiblichkeit absprechen bzw. auf die ‚richtige‘ Weiblichkeit einer Frau im Allgemeinen verweisen und aus denen hervorgeht, dass der Begriff der persönlichen Freiheit auch für Frauen als Menschen überhaupt nicht verstanden wurde.
Höhepunkt sind drei Briefe, in denen ihr ein Mann dessen eigenes Glaubensbekenntnis schickte (dieses ist nicht mitgeliefert), um ihr vorzuführen, worum es wirklich gehe mit der Bitte, dieses zu analysieren. Was Emilie Lehmann nicht tat, um ihn mit ihrer Publikation raffiniert öffentlich zu versenken. Auch sie wusste klar, wie sich Mansplaining anfühlt:

Mein Glaubensbekenntniß

Ausschnitt aus Emilie Lehmanns Glaubensbekenntnis
Ausschnitt aus Emilie Lehmanns Glaubensbekenntnis

1.
Ich glaube, daß die Bestimmung der Menschen auf dieser Erde ist: – Gutes zu thun: sich gegenseitig zu lieben; gegenseitig Geduld mit ihren Schwächen zu haben; und – recht viel zu arbeiten. –
2.
Ich glaube, daß, wenn die Menschen es verständen, durch hohe Tugend und heiße Liebe sich auf dieser Erde ein Paradies zu schaffen, sie kein Bedürfniß fühlen würden, – – – *)
zu sehnen. –
*) Dieses sind Gedankenstriche.
3.
Ich glaube, daß Alles, was auf dieser Erde besteht, seit Ewigkeit bestanden hat, und bis in die Ewigkeit bestehen wird –; so lehrt es die Mathematik, die Physik, die Chemie; – – aber ich weiß nicht, was Ewigkeit ist. – –
4.
Ich glaube, daß es eine große Frechheit ist, seine Meinung einem Andern aufzudringen; – daß es große Dummheit verräth, Dinge zu behaupten, die nicht durch die Philosophie – hierunter verstehe ich das Ergebniß aus Geschichte, Mathematik, Physik, Chemie und – gesundem Menschenverstande bestätigt sind. –
5.
Ich glaube, daß die Natur will: – daß die mit Verstand Begabten und Kenntnißreichen lehren sollen, und die Beschränkten und Unwissenden zuhören sollen; – und nicht umgekehrt.
6.
Ich glaube, daß es nicht nöthig ist, Bündnisse zu schließen, Secten zu stiften, Klubbs zu bilden; diese Krücken sind nur für Schwache. – Der Gesunde geht ohne sie, bedarf ihrer nicht. –
7.
Ich glaube, daß die meisten Secten bei ihrem Entstehen gut waren; daß sie aber alle veralteten, vermoderten, schlecht wurden; weil sie eben Secten waren. – So lehrt es die Geschichte. –
8.
Ich glaube, daß die Menschheit noch nicht weit vom Anfangspunkte ihres Entwicklungsprocesses ist, und daß es noch einer Ewigkeit bedarf, um an das Ziel zu gelangen, wenn anders ein Ziel denkbar ist. –
9.
Ich glaube, daß eine dieser Entwicklungsstufen die sein wird, wo man keinen Menschen mehr fragen wird: – „Welche Religion haben Sie?“ – „Was war Ihr Vater? –“ Sondern wo man fragen wird: – „Welche Kenntnisse haben Sie sich erworben? –“ „Welche Fähigkeiten besitzen Sie? –“
10.
Ich glaube, daß der Dumme und Unwissende das Recht hat, dumm und unwissend zu bleiben; – aber ich räume ihm nimmermehr das Recht ein, seine Dummheit und Unwissenheit Andern aufdringen zu dürfen. –
11.
Ich glaube, daß die Natur unendlich groß, unendlich weise ist; – daß es nicht bloßer Zufall ist, daß die Erdaxe unter 66 ½ Grad geneigt, daß der Winkel, den Erd= und Mondbahn bilden, 5 ¼ Grad ist, daß ein Platonisches Jahr entsteht, daß der Uranus 8 Trabanten hat, und daß der Neptun eine größere Bahn durchläuft, als der Merkur. –
12.
Ich glaube, daß Saladin ein weit besserer Mensch war, als Pabst Alexander VI.[34]
13.
Ich glaube, daß wenn es mir im jenseitigen Paradiese erlaubt ist, Freunde aufzusuchen, ich zu Socrates und Plato, zu Rousseau und Seume eilen, – aber niemals mich nach Luther und Czersky sehnen werde. –
14.
Ich glaube, daß Juden, Heiden, Christen, selbst Paqua’s [?] und Pescheräh’s[35] gleiche Rechte auf unserem Planeten haben.
15.
Ich glaube, daß es unklug ist, einem Narren Etwas zu widerlegen, einem Beschränkten hohe Wahrheiten zu sagen; – denn nimmer kann der Blinde die Farben unterscheiden, und niemals wächst auf Spitzbergen Zuckerrohr. –
16.
Ich glaube, daß die Kaste, welche die grobe Frechheit besitzt, die Erzeugnisse ihres dummen Kopfes uns als heilige Wahrheiten aufdringen zu wollen, niemals Widerlegung, wohl aber tiefe Verachtung verdient. –
17.
Ich glaube, daß auf unserem Planeten Mann und Frau gleiche Rechte haben: – aber die Natur hat beide doch nicht gleich ausgestattet; – daraus schließe ich, daß sie ihnen auch verschiedene Wirkungskreise angewiesen hat. –
18.
Ich glaube, daß ein Emancipiren der Frauen nicht nöthig ist; – denn jede Frau, die dem Manne geistig überlegen ist, ist schon von der Natur emancipirt; aber nimmermehr wird dies möglich, im umgekehrten Falle. –
19.
Ich glaube, daß eine – nach meiner Erklärung – emancipirte Frau sich noch lange nicht glücklich fühlen wird, und daß ihr dies im umgekehrten Falle weit eher möglich sein wird.
20.
Ich glaube, daß man mit den Vorurtheilen der Menge Geduld haben muß; – nicht durch Verdammen, sondern durch Erleuchten ist diese Finsterniß zu vertilgen.
21.
Ich glaube, daß man den Gesetzen unterthan sein muß, selbst dann, wenn sie schlecht sind; – denn Gesetzlosigkeit ist eins der größten Übel. –
22.
Ich glaube, daß man wohl thut, bei der allgemeinen Entwickelung des Menschengeschlechts, sich mehr mit sich selbst als mit Andern zu beschäftigen; – denn es ist leichter tausend Andere als sich selbst kennen zu lernen. –

Politische Nachwehen

Mit Ende 1851 waren die akuten ‚Nachwehen‘ der 1848/49er Revolution größtenteils aus den Zeitungen verschwunden. Vereinzelt wurde noch über Schicksale von ausgewiesenen oder ehemals politisch verfolgten Personen berichtet, die in die USA ausgewandert sind und dort ihr politisches Glück versuchten. Hier wäre es ebenfalls hochinteressant, wie deren Ideen in den USA weiterverbreitet wurden (oder ob überhaupt) und die dortige Politik beeinflusst haben. Mit diesem Bereich habe ich mich aber noch nicht beschäftigen können.

Spuren der Löwinnen von Paris in Bayern?

Münchner Feldherrnhalle vor 1891 © wikimedia.commons (gemeinfrei)
Münchner Feldherrnhalle vor 1891 © wikimedia.commons (gemeinfrei)

Die Zeit der hosentragenden Frauen war aber noch längst nicht vorüber, denn diese (Frauen)Art hatte sich auch bis München ausgebreitet: „Kürzlich [Sommer 1851] war bei der Mittags=Parade vor der Feldherrnhalle eine „emanzipirte“ Dame als eleganter Stutzer gekleidet unter den Männern und schwang die Reitgerte à la Gräfin Landsfeld [= Lola Montez] seligen Andenkens; schwarze Beinkleider und ein gleiches Röckchen, eine Sammtmütze, Glace=Handschuhe und ein seidenes Taschentuch paßten vortrefflich zu dem geschniegelten, langen schwarzen Haare und der spinnenartigen Taille des Frauenzimmers.“[36]

Leider wurde hier kein Name genannt, sodass ich nicht klären konnte, um wen es sich gehandelt hat. War diese Frau eine Anhängerin der Löwinnen von Paris? War sie die einzige so gekleidete Frau in München?[37] Wäre es Louise Aston gewesen, wäre ihr Name aller Wahrscheinlichkeit nach aber genannt worden, da diese in dieser Zeit viel zu berühmt-berüchtigt war. Ihre Nachfahrinnen, die Burschenschaft Molestia, rief an dieser Stelle vor der Feldherrnhalle 2019 in Männerkleidung mit „Vivat Klitoria!“ das  Goldene Matriarchat aus. Louise Aston hätte vermutlich ihre helle Freude daran gehabt!

Ob die damals bekannten Glaubensbekenntnisse dieser Frauen als Vorlage dienten, als die weiteren Frauenrechtlerinnen ihre Forderungen und Wünsche für Gesetzesänderungen niederschrieben? Eine weitere hochspannende Frage. Mit dem Wiederauffinden der lionnes de Paris könnte sich meinen Forschungen und Überlegungen nach eine große Lücke in der Geschichte der Frauenbewegung insgesamt schließen lassen, die es wert ist, noch wesentlich genauer auch auf Verbindungen nach Deutschland untersucht zu werden.

Bonus

Eines der Polenlieder von Emilie Lehmann, Der polnische Landmann an seinen Sohn (1831), wurde in unserer Zeit von den Liedarchäologen vertont: „Der Text von Emilie Lehmann spannt den Bogen von der Zeit der Teilungen bis hin zum Novemberaufstand von 1830: zuerst ist vom Kosciuszko-Aufstand 1794 die Rede, die Schlacht von Raclawice war einer der Siege der Polen. Später werden die Hoffnungen der Polen angesprochen, an der Seite der Franzosen durch Napoleon wieder zu einem eigenen Staat zu kommen und schließlich wird der Novemberaufstand als gegenwärtige Fortführung des Freiheitskampfes verstanden.“


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Weitere für die Monacensia und #femaleheritage entstandene Blogbeiträge sind:

Clara Schumann hat null Bock. Sidekick: Unbekanntes zu Franz Liszt in Augsburg. Neues zur Konzertorganisation im 19. Jahrhundert in Augsburg und München (veröffentlicht am 9. November 2020)
Anna Billmaier, die Schlächterin von Haidhausen. Haarsträubendster Mordfall, den ich für 1850 herum in München finden konnte: Frau tötet Frau, aber auf so dermaßen brutale Weise… Oder auch etwas zum geheimnisvollen Zopfabschneider, der in Augsburg und München Frauen belästigte, ähnlich dem sog. Mädchenschneider von Augsburg
Ethel Smyth in ihrer Münchner Zeit. Wie sich eine britische Suffragette nicht nur in die Stadt verliebte, sondern im Theater auch in eine Frau

+++Update 29. November 2021+++
Im Herbst 2021 erschien ein Buch, in das meine Forschung miteinfloss: Olaf Briese/Alexander Valerius: Findbuch archivalischer Quellen zum frühen Anarchismus. Beiträge zur Erschließung von Akten aus Berliner Archiven über die „Freien“ (1837–1853), in: Wolfgang Eckhardt (Hg.): Findmittel und Bibliographien der Bibliothek der Freien. Bd. 3. Bodenburg (Edition AV) 2021, 372 S.
Priv.-Doz. Dr. Olaf Briese bedankte sich für meinen „informationsreichen und wegweisenden“ Blogartikel.

+++Update 22. April 2022+++
Diesen Aufsatz gibt es jetzt auch in gedruckter Form!
Susanne Wosnitzka: Die Löwinnen von Paris – Frauen in Hosen an vorderster Front, in: Barbara Guth/Susanne Bischoff (Hg.): OutSisters. InSisters. Lesben. Lesbisch-feministisches Begehren um Autonomie. Hamburg–Bremen 2022, S. 159–175, ISBN 978-3-347-54788-9.

+++Update 21. Mai 2022+++
Gestern entdeckte ich in den Augsburger Neuesten Nachrichten einen kurzen Artikel[38], der deutliche Bezüge zu den Löwinnen von Paris aufweist. Dieselbe Meldung findet sich im selben Wortlaut auch im Halleschen Tageblatt[39] unter etwas provokanterem Titel Damen-Bewaffnung:
„(Der „Kaiken.“) Eine Berliner Zeitung schreibt: „In Folge der vielen Gewaltthätigkeiten gegen Frauen auf offener Straße soll sich, wie mitgetheilt wird, ein Damenklub, unter der Bezeichnung „Aegide“, gebildet haben, dessen Mitglieder sich verpflichten, nie fürderhin ohne Waffen auszugehen. Als Muster für das zu führende Schutzinstrument hat man einen kleinen Dolch, wie ihn die Japanerinnen am Gürtel hängend, tragen und der einem Fächer gleichsieht, gewählt. Der Kaiken – so heißt nämlich dieser kleine Dolch – wie er gegenwärtig in der japanischen Ausstellung zu sehen ist, wird nunmehr der stete Begleiter der Berlinerinnen, die zum Verein „Aegide“ gehören, sein. Also, statt daß früher die Damen Fächer in Dolchform trugen, werden sie jetzt Dolche in Fächerform führen. Auch ein Zeichen der Zeit und ein Beleg für die Unritterlichkeit der Männer, welche schutzlose Frauen auf offener Straße mit brutalen Angriffen bedrohen.“ Diese Meldung ist vielleicht nur ein Scherz, kennzeichnet aber die Zustände der Haupt= und Weltstadt Berlin.“

Weitere Indizien einer Zusammenarbeit?

Eine Ägide ist ein Schutz- und Obhutsverhältnis, eine Art Schirmherrschaft. Hier eine Schirmherrinnenschaft mit dem Ziel, sich gegenseitig zu schützen. Der Dolch der Löwinnen von Paris war ebenfalls sichtbar getragen worden. Ist die Übernahme gerade dieser Waffe Zufall oder waren den „Ägidinnen“ die Löwinnen von Paris (noch) bekannt? Sollte diese Meldung auf wahren Tatsachen beruhen, könnte dies ein weiterer Hinweis auf konkret bestehende Kontakte zwischen emanzipierten Frauen Frankreichs und Deutschlands darstellen.

 

Einzelnachweise
[1] Siehe auch mein Vortrag Die Löwinnen von Paris – Frauen in Hosen an vorderster Front (erstmals 2016 im Rahmen der Münchner Lesbenkulturtage vorgestellt) mit bislang unveröffentlichten Originalen samt These.
[2] Vgl. Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nro. 258. Donnerstag, den 31. Octobr. Anno 1793, S. 4.
[3] Vgl. ebda., Nro. 205. [Nro. 206.] Montag, den 28. August. Anno 1797, S. 1.
[4] Vgl. Susanne Wosnitzka: Art. Geiger, Johanna Dorothea geb. Pichelt. Soldat, Freiheitskämpferin, Heldin von Magdeburg, in: Eva Labouvie (Hg.): Frauen in Sachsen-Anhalt 2. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom 19. Jahrhundert bis 1945. Wien–Köln–Weimar (Böhlau) 2019, S. 168–171.
[5] Vgl. https://www.spiegel.de/panorama/in-paris-ist-es-nach-214-jahren-fuer-frauen-legal-hosen-zu-tragen-a-881300.html (Stand: 24.11.2020).
[6] Vgl. https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/louise-aston/ (Stand: 24.11.2020).
[7] Vgl. Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nro. 225. Montag, den 20. Sept. Anno 1819, S. 3f.
[8] Vgl. ebda., Nro. 25. Montag, den 29. Jan. Anno 1821, S. 3.
[9] Ich verbürge mich für die Richtigkeit dieser Angabe, allerdings bestehe ich hier auf Quellenschutz für weitere eigene Forschungen.
[10] Vgl. Helmut Schümann: Eine Frau kämpft für ein Wort. Marlies Krämer gegen die Sparkasse, in: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/marlies-kraemer-gegen-die-sparkasse-eine-frau-kaempft-fuer-ein-wort/22646114.html (Stand: 26.11.2020).
[11] Vgl. Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nr. 203. Dienstag, 21. Juli 1840, S. 2.
[12] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 83. Dienstag 24. März 1846, S. 350.
[13] Vgl. ebda., No. 239. Dienstag 1. September 1846, S. 1051.
[14] Vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Rebecca_Riots (Stand: 26.11.2020).
[15] Lesetipp! Hedwig Richter: Demokratie. Eine deutsche Affäre. Vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München (C.H.Beck) 2020.
[16] Vgl. Bettina Hitzer: Schlüssel zweier Welten. Politisches Lied und Gedicht von Arbeitern und Bürgern [sic] 1848–1875. Gesprächskreis Geschichte, Bd. 43. Bonn (Historisches Forschungszentrum) 2001. Als ‚Polenlieder‘ bezeichnet man in der Literaturgeschichte primär Gedichte, die als Reaktion auf den missglückten polnischen Novemberaufstand verfasst wurden. Außerdem wird der Begriff u. a. in Bezug auf Texte verwendet, die als Antwort auf die polnischen Aufstände von 1846 und 1863 sowie auf die Märzrevolution von 1848 entstanden sind. Zu den Autoren dieser Gedichte gehören sowohl namhafte Lyriker wie Adelbert von Chamisso, Georg Herwegh, Justinus Kerner, Nikolaus Lenau, August von Platen, Gustav Schwab oder Ludwig Uhland, als auch anonyme bzw. weniger bekannte Schriftsteller, die meistens aus „dem Bürgertum oder dem liberal gesinnten Adel“ stammten. Vgl. Ewa Wojno-Owczarska: ‚Polenlieder‘ aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, in: Anna Wołkowicz (Hg.): Der Erste Weltkrieg in der Literatur. Zwischen Autobiografie und Geschichtsphilosophie. Warschauer Studien zur Kultur- und Literaturwissenschaft. Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. Ausschnitt aus einer Leseprobe, https://www.peterlang.com/view/9783631762738/html/ch12.xhtml (Stand: 25.11.2020). Das gen. Maskulinum wirkt auch hier wieder geschichtsverfälschend, denn auch Emilie Lehmann, Karoline Leonhard (Pierson) und Henriette Oppenheimer dichteten sog. Polenlieder!
[17] Vgl. Arno Widmann: Louise Aston: Baut sich im Busen die eigene Welt, in: https://www.fr.de/kultur/literatur/louise-aston-baut-sich-busen-eigene-welt-13276584.html (Stand: 26.11.2020).
[18] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 123. Donnerstag 4. Mai 1848, S. 568.
[19] Vgl. Wilhelm Binder (Hg.): Allgemeine Realencyclopädie oder Conversationslexicon für das katholische Deutschland. Bd. 11. Regensburg (Georg Joseph Manz) 1849. S. 894.
[20] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 325. Donnerstag 26. November 1846, S. 1436.
[21] Vgl. Illustrirte Zeitung, No. 281. 18. November 1848, S. 340.
[22] Vgl. Zeitung für die elegante Welt. Nr. 13. 1847. Ausgaben 1–26. Verlag L. Voss 1847, Harvard University (2009), S. 222.
[23] Vgl. Nürnberger Morgenblatt. Für Leser aller Stände. Nr. 1. Sonnabend, 2. Januar 1847. Nürnberg (Stich) 1847, S. 183.
[24] Vgl. Sundine. Neu=Vorpommersches Unterhaltungsblatt nebst einem Beiblatte. No. 28. Mittwoch, den 14. Juli 1847 (Beiblatt). Stralsund (kgl. Regierungsdruckerei) 1847, S. 110.
[25]  Vgl. Erheiterungen. Ein Unterhaltungsblatt. No. 158. Sonntag, 3. Oktober 1847. Aschaffenburg (Wailandt’s Wittwe) 1847, S. 632.
[26] Vgl. Richard von Kralik: Allgemeine Geschichte der Neuesten Zeit von 1815 bis zur Gegenwart. Bd. 2, 1836–1856. o. O. 1916. Neuausgabe Books on Demand 2016, S. 530.
[27] Vgl. Wilhelm Heinsius: Allgemeines Bücher=Lexikon oder vollständiges Alphabetisches Verzeichniß aller von 1700 bis zu Ende 1846 erschienenen Bücher, welche in Deutschland und in den durch Sprache und Literatur damit verwandten Ländern gedruckt worden sind. Bd. 10. Bearb. u. hgg. v. Ludwig Franz Albert Schiller. Leipzig (F. A. Brockhaus) 1848, S. 488.
[28] Mit großem Dank an Herrn Konopatsch an dieser Stelle für die Hilfestellung.
[29] Emilie Lehmann geb. Wuttge: Censurfreie Lieder einer emancipirten Frau (Selbstverlag). (Der Ertrag ist zur schleunigen Anschaffung einer deutschen Flotte bestimmt.) Königsberg (Samter & Rathke), 1848. In dieser Zeit wurde die Aufstellung einer deutschen Flotte bestimmt und durchgeführt, die sich allerdings nicht lange hielt und erst wieder in der Kaiserzeit Maximalbedeutung errang.
[30] Flaches, ebenes Feld, besonders, wenn es mit Bäumen besetzt ist, ggf. hier Synonym für Schlachtfeld.
[31] Die Kopie des Originals kopierte einen an dieser Stelle leicht abgerissenen Teil mit, sodass ich die Satzanfänge in eckigen Klammern versucht habe, zu rekonstruieren.
[32] Purpur als Synonym für die Farbe der Kardinäle, als Seitenhieb auf die Moral der Kirche, die Frauen als gleichwertige Lebewesen ausschloss und Sitten und Sittlichkeit kontrollierte.
[33] In: Interessante Briefe an eine emancipirte Dame. Herausgegeben von Emilie Lehmann, geb. Wuttge. (Selbst=Verlag.) Königsberg, 1848. Druck von Samter & Rathke, S. 16ff.
[34] Es kann darauf geschlossen werden, dass Emilie Lehmann Lessings Nathan, der Weise mit der Ringparabel gekannt hat.
[35] Pescheräh = früherer Name der Native des Feuerlands.
[36] Vgl. Augsburger Tagblatt, No. 210. Samstag 2. August 1851, S. 1173.
[37] Zumindest bestand in den Jahren 1848/49 eine aufmüpfige Frauen‚zelle‘ in Augsburg, die sich dem Kampf für die Freiheit und Gleichberechtigung verpflichtet fühlte, die von brav-bieder-monarchistisch eingestellten Frauen in den Augsburger Zeitungen verbal duelliert wurde.
[38] Vgl. Augsburger Neueste Nachrichten, No. 26, Mittwoch den 31. Januar 1877, S. 198.
[39] Vgl. Hallesches Tageblatt, Dienstag 23. Januar 1877, S. 3.

14 Gedanken zu „Politisches Credo in Hosen mit Löwinnen | #femaleheritage“

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